Das Landgericht Rottweil hat eine Klage wegen eines mutmaßlichen Schadens durch eine Corona-Schutzimpfung abgewiesen. Geklagt hat ein 58 Jahre alter Mann.
Er wirft dem Impfstoff-Hersteller Biontech vor, infolge einer Corona-Impfung auf dem rechten Auge fast vollständig erblindet zu sein. Der Mann verlangt vom Mainzer Unternehmen 150 000 Euro Schmerzensgeld und die Feststellung, dass ihm sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen sind. Der Kläger kann gegen das Urteil vom Mittwoch innerhalb eines Monats Berufung einlegen, wie das Landgericht mitteilte.
Es handelt sich nicht um den ersten Prozess dieser Art in Deutschland. In einigen Fällen wurden Klagen in erster Instanz bereits abgewiesen. Einige Verfahren sind noch nicht abgeschlossen.
Ein Impfstoffhersteller haftet laut Gericht für schädliche Nebenwirkungen nur dann, wenn diese insgesamt den Nutzen des Medikaments übersteigen. Die zweite Voraussetzung für eine Haftung wäre, wenn beispielsweise in der Packungsbeilage des Medikaments nicht ausreichend auf die schädlichen Folgen hingewiesen wurde. Die Zweite Zivilkammer sah beide Voraussetzungen als nicht gegeben an.
Zuletzt hatte das Landgericht Düsseldorf Schadenersatz- und Schmerzensgeldklagen gegen zwei Impfstoff-Hersteller wegen mutmaßlicher Schäden durch Corona-Impfungen als unbegründet abgewiesen. Gegen den Mainzer Impfstoffproduzenten Biontech hatten zwei Frauen und ein Mann geklagt. Auch das Landgericht Mainz hatte die Klage einer Frau gegen Astrazeneca wegen eines möglichen Corona-Impfschadens auf Schmerzensgeld abgewiesen.
Für Covid-19-Impfstoffe gelten im Prinzip dieselben Haftungsregeln wie für andere Arzneimittel, etwa nach dem Arzneimittelrecht oder dem Produkthaftungsgesetz. Der Hersteller kann zur Verantwortung gezogen werden, wenn etwa ein Produktionsfehler vorliegt.
Wichtig ist: Ist der Schaden ursächlich auf die Impfung zurückzuführen? Bei der Corona-Impfstoffbeschaffung über die EU war mit den Herstellern vereinbart worden, dass bei erfolgreichen Klagen - außer in besonderen Fällen - die jeweiligen Mitgliedstaaten die Entschädigungen sowie die Prozesskosten des Herstellers übernehmen.
Und es gibt anerkannte Impfschäden. Als seltene und sehr seltene werden etwa die Herzkrankheit Myo-/Perikarditis, die im Gehirn auftretende Sinusvenenthrombose und weitere Blutgerinnsel, eine Gesichtslähmung, eine Muskelschwäche namens Guillain-Barré-Syndrom und der Hörschaden Tinnitus anerkannt.
"Schwerwiegende Nebenwirkungen" sind laut dem Arzneimittelgesetz Impffolgen, "die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität, kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen".
Das Paul-Ehrlich-Institut erhielt bis Ende März 340 282 Meldungen zu Verdachtsfällen von Nebenwirkungen beziehungsweise Impfkomplikationen nach Covid-19-Impfstoffen. Davon waren 1949 Fälle ohne Angabe, welcher Impfstoff verwendet wurde. In 56 432 Fällen wurde der Verdacht einer schwerwiegenden Impfnebenwirkung gemeldet, davon 946 ohne Angabe zum Impfstoff.
Ob sich der Verdacht später erhärtet, geht aus dieser Statistik nicht hervor. Gleichzeitig wurden nach Angaben des Robert Koch-Instituts in Deutschland 192 208 062 Covid-19-Impfungen verabreicht. Die Melderate für alle in Deutschland zugelassenen Impfstoffe betrug 1,77 Meldungen auf 1000 Impfdosen.
Neben Zivilverfahren vor Gerichten gibt es für Betroffene auch einen anderen Weg, auf Entschädigung zu hoffen. So der über das Versorgungsamt des jeweiligen Bundeslandes. Ob ein Anspruch auf eine staatliche Versorgung bei einem Impfschaden besteht, entscheidet das Amt. Dabei geht es um Versorgungsleistungen, nicht um Schmerzensgeld oder Schadenersatz.
Zur Versorgung zählen etwa Rentenzahlungen je nach Schwere des Gesundheitsschadens, Heilbehandlungen oder Hinterbliebenenversorgung. Tausende Meldungen auf Versorgungsleistungen wegen Corona-Impfschäden gingen bisher bundesweit ein. Bei einigen Hundert Menschen wurden Versorgungsansprüche bewilligt. © dpa
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