An Schlaf denkt im Schwarzwald wohl niemand. Schlamm und Geröll bahnen sich in der Nacht zum Freitag den Weg durch St. Blasien. Am Ende atmen die Retter vorsichtig auf.
Die beschauliche Schwarzwaldstadt St. Blasien in Baden-Württemberg ist in der Nacht zum Freitag nur knapp an einer Katastrophe vorbeigeschrammt.
Seit Tagen regnet es im Schwarzwald. Die milden Temperaturen, die das Tief "Christine" mitgebracht hat, sorgen dafür, dass die Schneemassen rasant schmelzen. Hänge drohten abzurutschen. Feuerwehrleute sind seit Donnerstag pausenlos im Einsatz.
Am Donnerstagabend spitzt sich die Lage dramatisch zu
Bürgermeister Adrian Probst spricht zunächst von etwa 25 Kellern, die voll Wasser gelaufen sind. Am frühen Donnerstagabend spitzt sich die Lage dramatisch zu.
In der Innenstadt staut sich das Wasser. Es steht über 30 Zentimeter hoch. Wasser dringt über die Fenster in die Keller der Häuser ein. Die Bewohner eines ganzen Straßenzuges werden in Sicherheit gebracht. Die Feuerwehr löst Großalarm aus. Aus dem ganzen Landkreis Waldshut werden Kräfte von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Deutschem Rotem Kreuz, Bergwacht und von der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) alarmiert. Strömungsretter in Tauchanzügen rücken an. Normalerweise sind sie für den Rhein zuständig.
Auch im Ortsteil Menzenschwand wird die Lage immer ernster. In dem idyllisch gelegenen Dorf leben rund 500 Einwohner.
Der Ort ist umgeben von steilen Berghängen. Riesige Wassermassen laufen nach Angaben von Bürgermeister Adrian Probst an Häusern vorbei. Geröll und Schlamm bahnen sich ihren Weg. Feuerwehrmänner und die Helfer der DLRG begleiten die Menschen durch die Wassermassen und bringen sie in Sicherheit. Kinder werden auf Armen getragen, wichtige Utensilien, eilig zusammengepackt und in Säcken verstaut.
Rund 150 Menschen im Behelfsquartier
Kurzfristig ist die Pater-Alfred-Delp-Halle in St. Blasien zum Nachtquartier umfunktioniert worden. Nach Angaben des Roten Kreuzes kommen rund 150 Menschen in dem Behelfsquartier unter. Sie werden mit Decken und heißen Getränken versorgt. Parallel dazu laufen die ersten Aufräumarbeiten in den Orten an.
Der Wasserstand der Alb ist schnell gestiegen. Normalerweise hat der Fluss im Ortskerne eine Höhe von einem Meter. "Das ging so rasant, und alle Menschen hatten das Jahrhunderthochwasser vom 15. Februar 1990 im Kopf", sagt Bürgermeister Adrian Probst. Das Wasser stand damals bei drei Metern. Katastrophenalarm wurde ausgelöst. Auch in der vergangenen Nacht werden die drei Meter erreicht. Die Retter überlegen, ob sie erneut den Katastrophenalarm ausrufen.
1990 hatte es einen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe gegeben. Wie es 2018 aussieht, kann noch keiner sagen. Für den Freitag ist ein Hubschrauberflug mit einem Geologen geplant. "Wir müssen wissen, wie die Beschaffenheit der Berghänge aussieht", begründet Probst.
Erleichterung am frühen Morgen
Am frühen Morgen atmen die Rettungskräfte auf. Gegen 2.00 Uhr hört der Regen auf. So schnell das Wasser der Alb gestiegen war, sinkt es auch wieder. Erleichterung bei den rund 250 Einsatzkräften. Die Aufräumarbeiten werden aber Tage, wenn nicht Wochen andauern.
Ähnlich sieht es in anderen Schwarzwaldgemeinden wie Lenzkirch oder Titisee-Neustadt aus. Auch dort ist die Feuerwehr zusammen mit Baggern in der Nacht unterwegs gewesen, um Abflüsse zu schaffen, künstliche Dämme zu bauen und Keller auszupumpen. Für das Wochenende haben die Meteorologen eine Wetterentspannung vorhergesagt. Am Samstag soll es trocken und mild bleiben. © dpa
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