Am Bodensee zeigt sich eindrücklich, was die aktuelle Trockenperiode bedeutet: Der Wasserpegel erreicht nahezu einen historischen Tiefstand. Droht nun ein Dürresommer? Ein Überblick zur aktuellen Lage.

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Der März 2025 war der wärmste in Europa seit Beginn der Aufzeichnungen. Zudem war er einer der trockensten in Deutschland seit Aufzeichnungsbeginn – und die ersten Apriltage brachten ebenfalls keinen Regen. In den kommenden Tagen falle Regen "allenfalls in homöopathischen Mengen", sagt Marcel Schmid vom Deutschen Wetterdienst (DWD). Die aktuelle Trockenperiode hat Auswirkungen auf die Gewässer, Tiere und die Landwirtschaft.

Bodensee-Pegel erreicht nahezu historischen Tiefstand

Der Wasserstand ist aktuell etwa am Bodensee sehr niedrig. Weil es auch in den kommenden Tagen nicht regnen soll, könnte er noch weiter sinken. Am Untersee, dem westlichen Teil, ist bereits ein Hafen ausgetrocknet, mehrere weitere können nicht angefahren werden.

Der Seegrund ist auch in weiteren Teilen des Bodensees sichtbar. In Lindau ist zum Beispiel die Hoy, die kleinste Bodenseeinsel und 100 Meter vom bayerischen Ufer entfernt, zu Fuß erreichbar. In Konstanz und vielen anderen Teilen des Sees steht der Pegelstand bei etwas mehr als 2,70 Metern.

Wasserstand des Bodensees
Der Wasserstand des Bodensees ist auf einem niedrigen Stand - rund um die Insel Reichenau wird das deutlich, hier beim Wollmatinger Ried (Aufnahme mit Drohne vom 7.4.). © dpa / Felix Kästle/dpa

"Der aktuelle Seewasserstand liegt 35 Zentimeter niedriger als der saisonal mittlere Wert für diesen Kalendertag", erklärte ein Sprecher der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg. Ein Rekordwert sei das jedoch nicht. Seinen niedrigsten Wasserstand erreiche der Bodensee üblicherweise in den Wintermonaten. Der letzte Tiefstand sei am 15. Februar 2006 gemessen worden, mit 2,29 Metern: "Also 43 cm niedriger als derzeit."

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) nannte die aktuelle Lage besorgniserregend. "Bereits jetzt im Frühling ist es in diesem Jahr in vielen Teilen Deutschlands viel zu trocken", teilte die Ministerin mit. Um Umwelt, Wohlstand und Sicherheit zu schützen, müsse das Wasser besser in der Landschaft gehalten werden. "Wir müssen die Ökosysteme wiederherstellen und brauchen ein besseres Wassermanagement", sagte Lemke. "Gesunde Flüsse, Auen, Moore, Böden und Wälder speichern Kohlenstoff und Wasser und machen unser Land so widerstandsfähiger gegen die Klimakrise."

Schiffe mit weniger Ladung: Folgen für die Wirtschaft

Ursache für den niedrigen Wasserstand sind geringe Regenfälle und wenig Schmelzwasser aus den Alpen. Das liegt daran, dass auf den Bergen im Einzugsgebiet des Rheins, der in den Bodensee fließt, weniger Schnee liegt als im langjährigen Mittel. Auf dem Rhein können größere Schiffe angesichts der ungewöhnlich tiefen Pegelstände nur mit deutlich weniger Ladung fahren – mit Folgen für die Wirtschaft.

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"Bei einer langanhaltenden Dürre kann es regional zu Herausforderungen kommen, beispielsweise wenn Trinkwasser aus Flüssen oder Seen gewonnen wird und diese deutlich weniger Wasser führen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Aktuell gibt es aber keinen Grund zur Sorge. Die Trinkwasserversorgung für die Menschen ist sicher." Dennoch: "Auch für die Bürgerinnen und Bürger gilt: Wir müssen sparsam mit der wertvollen Ressource Wasser umgehen."

Droht ein Dürresommer?

Die Bodenfeuchte lag nach DWD-Daten im März in den oberen Schichten besonders im Norden gebietsweise bis zu 20 Prozent unter den langjährigen Minimalwerten – auch weil schon der Winter und insbesondere der Februar zu trocken waren.

DWD-Experte Andreas Brömser spricht zwar von einer "ungewöhnlich niedrigen Bodenfeuchte für diese Jahreszeit", hält die Lage aber nicht für dramatisch. In der Tiefe seien die Böden durch das niederschlagsreiche Vorjahr noch gut mit Wasser gesättigt. Einige niederschlagsreiche Wochen könnten die aktuelle Trockenperiode wieder ausgleichen. "Daher müssen wir im Moment nicht davon ausgehen, dass wir eine ausgeprägte Dürre im Sommer erleben werden", betont Brömser. Auch die Grundwasserspeicher seien noch gut gefüllt.

Die Waldbrandgefahr ist laut DWD aber bereits früh im Jahr deutlich gestiegen. Das rheinland-pfälzische Klimaschutzministerium warnt davor, die derzeitige Trockenheit sei ein "reales Waldschutzproblem".

Tatsächlich gibt es anhaltende Dürren im Zuge des Klimawandels in Deutschland nicht nur im Sommer häufiger. "Infolge des Klimawandels besteht mit steigenden Temperaturen und damit steigender Verdunstung ein Trend zu zunehmender Frühjahrstrockenheit", erklärt Brömser. "Die mittlere Entwicklung der Natur verfrüht sich durch die höheren Temperaturen, womit die Pflanzen auch früher im Jahr dem Boden Wasser entziehen", sagt der DWD-Meteorologe. "Damit nimmt die Häufigkeit von Trockenstress bei den Pflanzen zu."

Was die Trockenperiode für die Landwirtschaft bedeutet

"Wir schauen mit gewisser Sorge auf die aktuelle Wettersituation", sagt Bauernpräsident Joachim Rukwied. "Die Bedingungen für die Frühjahrsbestellung waren weitestgehend gut, jetzt warten wir dringend auf Niederschläge."

Trockenheit in der Landwirtschaft
Trockenheit macht Landwirten, Obst- und Weinbauern in Teilen Bayerns in diesem Jahr bereits früh zu schaffen. © dpa / Pia Bayer

Rukwied erläutert: "Generell ist jedoch ein trockeneres Frühjahr mit einem feuchten Frühsommer vorteilhafter als umgekehrt." Ackerpflanzen bräuchten in der Wachstumsphase, aber vor allem später in der Phase der Kornausbildung im Frühsommer ausreichend Wasser.

Aus der aktuellen Situation ließen sich noch keine Rückschlüsse auf die Ernte ziehen, sagt der Bauernpräsident. "Bis zur Erntezeit können noch zahlreiche Witterungsereignisse eintreten, die die Erträge sowohl positiv als auch negativ beeinflussen können. Die Gefahr einer Verknappung von Lebensmitteln aufgrund von Trockenheit sehen wir derzeit noch nicht."

Besorgter zeigt sich der Sprecher der Landwirtschaftskammer im niedersächsischen Oldenburg, Wolfgang Ehrecke: "Wenn es nicht bald und ergiebig regnet, sind regional durchaus erhebliche Ertragsverluste möglich." Feuchte in der oberen Bodenschicht ist vor allem für flach wurzelnde oder neu keimende Pflanzen wichtig – in der Natur ebenso wie in der Landwirtschaft, wo in den vergangenen Wochen zum Beispiel Sommergetreide und Zuckerrüben gesät wurden.

Welche Folgen hat die Trockenheit für Tiere?

Vielen Tieren macht eine Frühjahrsdürre schwer – und vor allem nachhaltig – zu schaffen. Mangelnder Niederschlag im Frühjahr ist insbesondere für Insekten ein Problem, wie Markus Pfenninger von der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz erklärt. Stark betroffen seien auch davon abhängige Arten wie viele Singvögel mit ihren Bruten.

"Je weniger Individuen in den ersten Generationen des Jahres überleben, desto kleiner bleibt die Gesamtpopulation übers Jahr gesehen - einfach weil es die Individuen nicht gibt, die sich fortpflanzen könnten, selbst wenn sich die Bedingungen später im Jahr wieder verbessern." (dpa/bearbeitet von ali)