Wie hoch ist die Zahl der Todesopfer durch rechte Gewalt tatsächlich? Die Bundesregierung spricht offiziell von 83 Opfern seit 1990. Doch Recherchen zweier Zeitungen habe eine deutlich höhere Zahl ergeben.

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Linken-Politikerin Petra Pau hatte bereits im Juni eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Die Bundestagsvizepräsidentin wollte in Erfahrung bringen, wie hoch die Zahl der Todesopfer rechter Gewalt seit 1990, also seit der Wiedervereinigung, ist. In der offiziellen Statistik der Bundesregierung werden 83 Opfer gezählt.

Doch Recherchen von "Zeit Online" und dem "Tagespiegel" haben ergeben, dass die tatsächliche Zahl deutlich höher ist. Teams der Zeitungen konnten insgesamt 86 weitere Todesopfer eindeutig rechten Extremisten oder Neonazis zuordnen. Bei 61 weiteren Opfern soll es zumindest Indizien für rechtsgerichtete Motive geben.

Somit wäre die tatsächliche Opferzahl also mindestens doppelt so hoch. Doch wie kommt diese deutliche Diskrepanz zustande? Laut "Zeit Online" ist dabei vor allem die Erfassung und Einordnung von Gewalttaten das Problem.

Unterschiedliche Einordnung der Straftaten

Ein bekanntes Beispiel ist der Amoklauf von David Ali S. am Olympia-Einkaufszentrum in München im Jahr 2016, bei dem neun Menschen ums Leben kamen. Die Tat wird nicht als rechte Gewalt erfasst, obwohl S. sich selbst als "Arier" sah und alle seine Opfer Menschen mit Migrationshintergrund waren.

Im Gegensatz zu einem Gutachten des Extremismusexperten Florian Hartleb, das S. als "rechtsextremistischen einsamen Wolf" einstuft, sieht Bayerns Innenminister Joachim Hermann keine politischen Motive gegeben. Offiziell werden nach wie vor psychische Problemen und Mobbing in der Schule als Auslöser für die Tat gesehen.

Zumindest im Fall S. will das Landeskriminalamt laut "Zeit Online" eine Neubewertung unter "unter Einbeziehung der neuen Erkenntnisse" vornehmen. Ob das auch für weitere Fälle gilt, bleibt abzuwarten.

Verwendete Quellen:

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