Jörg L., Schlüsselfigur im Prozess um den Fall Bergisch Gladbach, ist zu einer Haftstrafe von zwölf Jahren mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt worden. Die Strafkammer des Landgerichts Köln sah es als erwiesen an, dass der 43-Jährige seine heute dreijährige Tochter regelmäßig sexuell missbraucht hat.
Das Kölner Landgericht hat den zentralen Beschuldigten im Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Das Gericht ordnete für Jörg L. zudem die anschließende Sicherungsverwahrung an.
L. musste sich in dutzenden Fällen wegen sexuellen Kindesmissbrauchs, Vergewaltigung und Verbreitung von Kinderpornografie verantworten. Die meisten Taten betrafen seine eigene 2017 geborene Tochter, die er ab ihrem dritten Lebensmonat regelmäßig in Abwesenheit der Mutter missbraucht haben soll. Den Großteil habe er mit seinem Smartphone dokumentiert und Aufnahmen an gleichgesinnte Chat-Partner weitergeleitet.
Seine Taten führte die Ermittler zu einem weit verzweigten Netzwerk von Pädokriminellen, die Kinder missbrauchten beziehungsweise untereinander kinderpornografisches Material tauschten.
Staatsanwaltschaft forderte 13,5 Jahre Haft
Die Staatsanwaltschaft hatte für den gelernten Koch und Hotelfachmann eine Freiheitsstrafe von 13,5 Jahren gefordert. Zudem beantragte sie die anschließende Unterbringung in der Sicherungsverwahrung. Sein Anwalt hatte keinen konkreten Antrag zum Strafmaß gestellt, sprach sich aber gegen eine Sicherungsverwahrung aus. Der aus Bergisch Gladbach stammende L. sitzt seit Oktober 2019 in Untersuchungshaft.
Teile des Prozesses waren unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt worden, darunter auch die Aussage des 43-Jährigen. Den Antrag dazu hatte die Nebenklage-Anwältin gestellt, welche die Tochter vertritt. Sie wollte das Mädchen schützen. Allein die mehr als einstündige Verlesung der Anklage mit insgesamt 79 Taten war für nicht wenige Beobachter im Saal nur schwer zu ertragen gewesen.
Komplex Bergisch Gladbach: 201 Verdächtige allein in Nordrhein-Westfalen
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Köln gab es allein in Nordrhein-Westfalen zuletzt 201 Tatverdächtige im Komplex Bergisch Gladbach. Zwei Täter verbüßen Haftstrafen, sieben Verdächtige befinden sich in Untersuchungshaft.
Seit ihrer Gründung im November gab die zuständige Ermittlungsgruppe "Berg" 105 Hinweise an Behörden in allen 16 Bundesländern weiter. Der Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach ist dabei eine von drei großen Missbrauchsserien, denen Ermittler in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen eineinhalb Jahren auf die Spur kamen.
Ein über Jahre unentdeckt gebliebener Kindesmissbrauchskomplex auf einem Campingplatz in Lügde erschüttert seit Januar 2019 die Öffentlichkeit. Der Fall mit rund 40 betroffenen Kindern gilt als einer der größten Missbrauchsskandale der vergangenen Jahrzehnte. Im Juni dieses Jahres deckten Ermittler außerdem ein Netzwerk von Pädokriminellen in Münster auf. Darin sollen Männer Kinder zum Teil über mehrere Tage hinweg schwer sexuell missbraucht haben. (ank/afp/dpa)
Wenn Sie selbst von sexueller Gewalt betroffen sind, wenden Sie sich bitte an das Hilfetelefon Sexueller Missbrauch 0800 22 55 530 (Deutschland), die Beratungsstelle für misshandelte und sexuell missbrauchte Frauen, Mädchen und Kinder (Tamar) 01 334 0437 (Österreich) beziehungsweise die Opferhilfe bei sexueller Gewalt (Lantana) 031 313 14 00 (Schweiz).
Wenn Sie einen Verdacht oder gar Kenntnis von sexueller Gewalt gegen Dritte haben, wenden Sie sich bitte direkt an jede Polizeidienststelle.
Falls Sie bei sich oder anderen pädophile Neigungen festgestellt haben, wenden Sie sich bitte an das Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden".
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