Die Armut in Deutschland bleibt einer aktuellen Untersuchung zufolge auf hohem Niveau. Nach dem am Dienstag veröffentlichtem Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbands waren im Jahr 2022 rund 14,2 Millionen Menschen von Armut betroffen. Das waren 100.000 mehr als im Vorjahr und fast eine Million mehr als 2019, also vor Pandemie, Energiekrise und hoher Inflation. Fast zwei Drittel der erwachsenen Armen gingen entweder einer Arbeit nach oder waren in Rente oder Pension.
Dem Armutsbericht liegen Daten des Statistischen Bundesamts zugrunde. Zwar sei "der Trend stetig wachsender Armut auf Bundesebene auf den ersten Blick gestoppt, aber noch lange nicht gedreht", erklärte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. 2022 gab es dem Bericht zufolge 2,7 Millionen mehr arme Menschen als 2006, ein Fünftel davon Kinder. Die Befunde seien "durchwachsen", Grund zur Entwarnung gebe es aber nicht, so Schneider
Insbesondere Alleinerziehende, kinderreiche Familien und Menschen mit schlechten Bildungsabschlüssen oder mit ausländischen Staatsbürgerschaften sind von Armut betroffen. Die Kinderarmut stieg dem Bericht zufolge auf einen Rekordwert: Mit knapp 22 Prozent war mehr als jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Unter Alleinerziehenden lag die Armutsquote bei 43,2 Prozent.
Im regionalen Vergleich zeigen sich große Unterschiede. Während in Bayern dem Bericht zufolge jeder achte Mensch von Armut betroffen war, war es in Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Hamburg jede fünfte, in Bremen sogar fast jeder dritte. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Armut in Berlin demnach von 20,1 auf 17,4 Prozent, während sie in Hamburg, Schleswig-Holstein und im Saarland stieg. Mit 22,1 Prozent hatte das Ruhrgebiet eine exorbitant hohe Armutsquote: Mehr als eine Million Menschen lebten hier im Jahr 2022 in Armut.
Für den Bericht legte der Paritätische Gesamtverband eine relative Armutsdefinition zugrunde. Demnach gelten alle als einkommensarm, die mit ihren Einkommen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens liegen.
Der Verband forderte die Bundesregierung zu entschlossenen Maßnahmen gegen Armut auf. Dazu gehöre unter anderem die Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro, der Ausbau der Kinderbetreuung, eine wirksame Kindergrundsicherung und eine solidarische Pflegeversicherung als Vollversicherung.
© AFP
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