Der AfD-Bundesvorstand hat am Montagabend in Berlin beschlossen, an den Kandidaten für die Europawahl festzuhalten – trotz Zweifeln an ihren Angaben zum Lebenslauf.
Die AfD-Spitze will trotz des Verdachts biografischer Falschangaben an den Kandidaten für die Europawahl im kommenden Jahr festhalten. Einen entsprechenden Beschluss fasste der AfD-Bundesvorstand am Montagabend nach mehrstündigen Beratungen in Berlin, wie aus Vorstandskreisen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP verlautete. Zwei der kürzlich beim Parteitag in Magdeburg nominierten Kandidaten seien nicht in der Lage gewesen, ihre Angaben zu Berufs- und Studienabschlüssen durch Dokumente zu belegen, hieß es weiter. Dies werde aber keine Konsequenzen haben.
Dabei handelt es sich nach Angaben aus dem AfD-Vorstand um die Kandidatin Mary Khan-Hohloch, die auf Platz 14 der Kandidatenliste für die Europawahl steht, und um den Kandidaten Arno Bausemer, der auf Platz zehn steht.
Kandidaten konnten Behauptungen nicht belegen
Khan-Hohloch konnte in ihren eingereichten Unterlagen nicht ihre Behauptung belegen, ein Studium der Religionswissenschaft und des öffentlichen Rechts absolviert zu haben, wie am Abend gegenüber AFP verlautete. Die AfD-Politikerin habe zwar Bescheinigungen über einzelne absolvierte Hochschulveranstaltungen vorlegen können – aber keine Urkunde, die ein abgeschlossenes Studium dokumentiert hätte.
Der Kandidat Bausemer habe keine Belege für seine Behauptung vorlegen können, eine Berufsausbildung und ein Volontariat absolviert zu haben, hieß es weiter aus dem Vorstand. Auch einen Studienabschluss konnte er demnach nicht nachweisen.
Bausemer hatte bei seiner Bewerbung um einen Platz auf der Europa-Kandidatenliste unter anderem angegeben, ein journalistisches Volontariat absolviert zu haben und Geschäftsführer eines mittelständischen Betriebs gewesen zu sein. Dies konnte er nach Angaben aus Vorstandskreisen nicht durch Dokumente belegen.
AfD-Bundesvorstand setzte Kandidaten eine Frist
Nach Medienberichten über Zweifel an den Angaben der Kandidaten über ihren Lebenslauf hatte der AfD-Bundesvorstand Ende August allen 35 nominierten Europa-Kandidaten eine Frist gesetzt, bis zum 11. September überprüfbare Nachweise zu ihren Angaben zu Berufsausbildung und Studienabschlüssen vorlegen. Die eingereichten Unterlagen wurden von Vertrauensleuten ausgewertet, die ihre Befunde am Montag dem Vorstand präsentierten.
In einer mehr als vierstündigen Sitzung beschloss der AfD-Bundesvorstand dann am Abend, an den Kandidaten trotz des nicht ausgeräumten Hochstapelei-Verdachts festzuhalten. Andernfalls hätte die gesamte Aufstellung der Kandidaten für die Europawahl im kommenden Jahr wiederholt werden müssen. Diesen aufwändigen und kostspieligen Prozess, der einen neuerlichen Nominierungsparteitag erfordert hätte, habe der Vorstand vermeiden wollen, hieß es in den Kreisen.
In der Vorstandssitzung wurde nach AFP-Informationen zwar darüber geredet, ob die offenkundigen Falschangaben Konsequenzen für die Bewerber haben müssten. Es sei dann aber vereinbart worden, zu einem nicht näher bestimmten späteren Zeitpunkt über mögliche Konsequenzen zu reden. Im Vorstand wurde demnach auch die Sorge laut, dass durch das jetzige Vorgehen ein Präzedenzfall geschaffen wird, der künftige Kandidaten dazu verleiten könnte, ihre Biografien aufzubauschen.
Weidel bei abendlicher Sitzung nicht anwesend
Für die AfD ist die Angelegenheit unangenehm: Sie hatte bei dem Nominierungsparteitag Ende Juli und Anfang August in Magdeburg großen Wert darauf gelegt, Kandidaten mit praktischer Berufserfahrung von außerhalb der Politik aufzustellen. Die AfD wollte sich dadurch erklärtermaßen von Berufspolitikern der etablierteren Parteien absetzen.
Für Befremden in Teilen des Vorstands sorgte am Montag nach AFP-Informationen, dass Ko-Parteichefin Alice Weidel ihre Teilnahme an der abendlichen Sitzung absagen ließ. Dies sei von Kritikern als Versuch gewertet worden, auf größtmögliche Distanz zu der Affäre zu gehen. Ihr Ko-Parteichef Tino Chrupalla nahm demnach an der Sitzung teil. (AFP/tas)
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