- 16:54 Uhr: ➤ Verteidigungsministerium sieht Bundeswehr vor schwierigster Phase
- 15:16 Uhr: Noch mehr als 200 Deutsche befinden sich in Kabul
- 12:51 Uhr: Bericht: KSK rettet mehr als ein Dutzend Deutsche in Kabul mit Hubschraubern
- 11:40 Uhr: Taliban-Vizechef: Afghanen können auch später noch legal ausreisen
- 08:52 Uhr: Luftbrücke aus Kabul könnte schon am Freitag enden
- 04:30 Uhr: Afghanische Sicherheitskräfte bekamen 10.000 Bundeswehr-Pistolen
➤ Ministerium: Bundeswehr vor schwierigster Phase in Afghanistan
Für die Bundeswehr beginnt in Afghanistan nach Einschätzung des Verteidigungsministeriums nun die schwierigste Phase. "Die internationale Präsenz in Afghanistan endet absehbar am 31.08. - das bedeutet auch für die Bundeswehr, sich darauf einzustellen", teilte das Ministerium am Mittwoch auf Twitter mit.
Die Sicherheitslage in Kabul habe sich enorm verschärft. "Für uns beginnt jetzt die schwerste Phase. Vielen konnten wir helfen - allein gestern 983."
Die USA hatten am Dienstag erklärt, dass sie an dem Plan festhielten, die amerikanischen Truppen bis zum 31. August aus Kabul abzuziehen. Ohne die Unterstützung der USA gilt auch eine Fortsetzung der Evakuierungsflüge anderer westlicher Staaten als undenkbar.
Am Mittwochmittag landete ein weiteres Flugzeug des Typs A400 M der Bundeswehr in Kabul. Wie die Bundeswehr auf Twitter mitteilte, startete die Maschine kurze Zeit später mit 153 schutzbedürftigen Personen in Richtung Taschkent in Usbekistan.
Das Auswärtige Amt geht davon aus, dass sich in Kabul insgesamt noch eine "hohe vierstellige oder niedrige fünfstellige Zahl" schutzbedürftiger Menschen befindet, die grundsätzlich für eine Evakuierung in Frage kämen.
Die weiteren Afghanistan-News des Tages:
Internationale Journalisten: US-Soldaten verwehren Zugang nach Kabul
17:30 Uhr: Journalisten am Kabuler Flughafen soll nach eigenen Angaben am Mittwoch durch US-Soldaten der Zugang in die Stadt verwehrt worden sein.
Der stellvertretende Chefredakteur der Boulevardzeitung "Bild",
Ähnlich berichtete auf Twitter am Mittwoch eine freischaffende Journalistin, die unter anderem regelmäßig für den "Guardian" arbeitete: Sie sei Teil einer Gruppe von Journalisten, die von US-Kräften gezwungen würden, in ein Flugzeug zu steigen. Alles, was man wolle, sei in Kabul zu bleiben. Sie schrieb auch: "Wer kann helfen?"
Taliban sagen Ausreisemöglichkeit nach US-Truppenabzug zu
16:54 Uhr: Die militant-islamistischen Taliban haben in den Verhandlungen mit der Bundesregierung zugesagt, dass Afghanen auch nach dem für den 31. August geplanten US-Truppenabzug das Land verlassen dürfen. Das twitterte der deutsche Verhandlungsführer Markus Potzel am Mittwoch nach Gesprächen mit dem Vizechef des politischen Büros der Taliban in Katar, Schir Mohammed Abbas Staneksai. Dieser habe ihm versichert, dass Afghanen mit gültigen Ausweisdokumenten nach dem 31. August weiterhin die Möglichkeit haben werden, mit kommerziellen Flügen auszureisen.
Der Truppenabzug der USA bedeutet ein Ende der Evakuierungsflüge der Bundeswehr schon in den nächsten Tagen. Potzel verhandelt mit den Taliban darüber, wie es danach weitergehen kann. Die Bundesregierung will weiterhin deutsche Staatsbürger und schutzbedürftige Afghanen mit zivilen Flügen von Kabul aus außer Landes bringen. Es geht um mehrere tausend Menschen.
Der Sprecher des politischen Büros der Taliban in Doha, Suhail Schahin, schrieb am Mittwoch unter Bezug auf das Treffen mit Potzel auf Twitter, der fristgerechte Abzug der ausländischen Truppen aus Afghanistan ebne die Wiederaufnahme ziviler Flüge. Menschen mit rechtmäßigen Dokumenten könnten nach dem 31. August mit kommerziellen Flügen reisen.
Grünen-Fraktion will Lösch-Stopp für Daten zu Afghanistan
15:43 Uhr: Die Grünen im Bundestag fordern von der Bundesregierung einen Lösch-Stopp für Daten zu Afghanistan. "Es bedarf dringend der transparenten und zügigen Aufklärung darüber, wie es zu den offenkundigen Fehleinschätzungen rund um den Abzug kommen konnte", schrieb Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt zur Begründung in einem Brief an Kanzleramtschef Helge Braun (CDU), der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt und der auch von einigen weiteren Grünen-Abgeordneten unterzeichnet wurde.
Die Grünen machen sich für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses stark, der nach der Bundestagswahl eingesetzt werden könnte.
Im Vordergrund stehe derzeit zwar die Rettung von Menschen aus Afghanistan, schrieb
Zuvor war ein Antrag des außenpolitischen Sprechers der Fraktion,
"Die Aufklärung darf nicht durch die Löschung von Material in Bezug zu den oben genannten Vorgängen erschwert werden", schrieb Göring-Eckardt. "Das gilt insbesondere für Informationsträger, die das Verfahren zur Aufnahme von afghanischen Ortskräften und anderen Schutzbedürftigen, die Erstellung von Lagebildern und Information der Bundesregierung durch die Nachrichtendienste des Bundes sowie der Durchführung von Abschiebungen betreffen."
Sie warnte vor einer weiteren "Behinderung und Verschleierung umfassender Aufklärung" und forderte Kanzleramtschef
Auswärtiges Amt: Noch mehr als 200 Deutsche in Kabul
In der afghanischen Hauptstadt Kabul halten sich nach Angaben des Auswärtigen Amts noch mehr als 200 deutsche Staatsbürger auf. Die Zahl liege höher als noch am Vortag, "weil sich weiterhin Menschen bei uns melden", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Mittwoch in Berlin.
540 Deutsche seien bereits ausgeflogen worden. Am Dienstag hatte Außenminister
Es gebe eine "gewisse Unschärfe" bei den Zahlen, weil teils auch Angehörige deutsche Staatsbürger seien, sagte der Sprecher. Wie viele der Betroffenen neben der deutschen auch die afghanische Staatsbürgerschaft haben, werde nicht erfasst, weil es für die Frage, ob jemand berechtigt sei zur Teilnahme an der Evakuierungsmission, keinen Unterschied mache.
Er räumte aber ein, dass es für die Bewegungsfreiheit der Betroffenen im von den Taliban kontrollierten Kabul relevant sein könne. "Das ist ein Faktor, den man berücksichtigen muss."
Das Auswärtige Amt geht davon aus, dass sich in Kabul insgesamt noch eine "hohe vierstellige oder niedrige fünfstellige Zahl" schutzbedürftiger Menschen befindet, die grundsätzlich für eine Evakuierung in Frage kämen.
Erste Schutzsuchende aus Afghanistan in US-Anlage in Kaiserslautern
15:16 Uhr: Erste Schutzsuchende aus Afghanistan sind in einer US-Militäranlage in Kaiserslautern eingetroffen. In den Rhine Ordnance Barracks könnten vorübergehend etwa 2000 Menschen bleiben, teilte die US-Army in ihrem europäischen Hauptquartier in Wiesbaden mit.
Der Landrat von Kaiserslautern, Ralf Leßmeister, verwies am Mittwoch auf den humanitären Charakter. "Wenn man die Bilder in Kabul auf dem Flughafen und die Medienberichterstattung in Afghanistan aktuell verfolgt, ist es ein Gebot der Mitmenschlichkeit, diesen traumatisierten Menschen Hilfe anzubieten", sagte der CDU-Politiker.
Nach US-Informationen seien bis jetzt rund 8.500 Schutzsuchende aus Afghanistan auf die benachbarte Air Base Ramstein evakuiert und in Hangars und einer Zeltstadt untergebracht worden, sagte Leßmeister.
Auf Grund der begrenzten Kapazitäten in Ramstein für bis zu 10.000 Personen könnten bei Bedarf bis zu 4.000 Menschen in den Rhine Ordnance Barracks in Unterkünften untergebracht werden. Weitere 4000 Plätze stehen auf dem US-Army-Standort in Grafenwöhr (Bayern) bereit.
Der weltweit größte US-Luftwaffenstützpunkt außerhalb Amerikas in Ramstein ist seit Freitag ein Drehkreuz für Flüchtende aus Afghanistan. Nach US-Informationen seien bereits rund 1.000 Menschen in die USA weitergeflogen, sagte Leßmeister. Ungeachtet dessen liegen vereinzelte Asylgesuche vor. Zahlen nannte der Landrat nicht.
Die US-Army in Wiesbaden hatte am Dienstag mitgeteilt, man arbeite "Hand in Hand" mit der Bundesregierung und weiteren Partnern, um für Unterbringung sowie Verpflegung und medizinische Betreuung zu sorgen.
"Wie für viele, die in Afghanistan gedient haben, ist diese Mission mir ein ganz persönliches Anliegen", wurde General Christopher Cavoli zitiert. "Wir werden nicht ruhen, bis die Mission abgeschlossen ist."
USA fliegen binnen 24 Stunden mehr als 11.000 Menschen aus Kabul aus
13:59 Uhr: Bei der Evakuierungsmission am Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul haben die USA zuletzt innerhalb von 24 Stunden mehr als 11.000 Menschen außer Landes gebracht.
Zwischen dem frühen Dienstagmorgen und dem frühen Mittwochmorgen hätten 42 Flugzeuge des US-Militärs rund 11.200 Menschen ausgeflogen, teilte das Weiße Haus am Mittwoch in Washington mit.
Im gleichen Zeitraum hätten außerdem 48 Maschinen internationaler Partner rund 7.800 Menschen evakuiert. Insgesamt waren es innerhalb der 24-Stunden-Spanne also etwa 19.000 Menschen.
Seit dem Start der Evakuierungsmission Mitte August haben die Vereinigten Staaten insgesamt rund 82.300 Menschen entweder selbst aus Afghanistan ausgeflogen oder deren Ausreise ermöglicht, wie es weiter hieß. Nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan hatten die USA und ihre Verbündeten begonnen, in großer Eile ihre Staatsbürger sowie afghanische Helfer und andere Schutzbedürftige außer Landes zu bringen.
US-Präsident
Das US-Militär kontrolliert den Flughafen in Kabul und hat dort mehrere Tausend Soldaten stationiert, die den internationalen Evakuierungseinsatz absichern.
Schäuble zu Afghanistan: "Dürfen die Menschen nicht im Stich lassen"
13:20 Uhr: Bundestagspräsident
Schäuble sprach nach 20 Jahren Afghanistan-Einsatz und mit Blick auf diejenigen Deutschen, die dabei ihr Leben verloren hatten, von einer moralischen Verpflichtung: "Wir dürfen die Menschen nicht im Stich lassen."
Im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands im Juli sprach der Bundestagspräsident den Hinterbliebenen der Opfer sein Mitgefühl aus, rief zu unbürokratischer Hilfe auf und sagte mit Blick auf den Klimawandel: "Wir müssen langfristig denken, aber schon kurzfristig brauchen wir eine deutliche Verbesserung, um auf Extremsituationen schneller reagieren zu können." Das sei eine Frage der Verantwortung für nachfolgende Generationen. Im Anschluss erhoben sich die Abgeordneten zum Gedenken an die Hochwasseropfer.
Taliban-Vizechef: Afghanen können auch später noch legal ausreisen
11:40 Uhr: Einem hochrangingen Taliban-Führer zufolge können Afghanen auch in der Zukunft problemlos und in Ruhe das Land verlassen. "Wenn sie für Jobs ins Ausland gehen oder ihr Leben verbessern wollten, können sie später Pässe beantragen, Visa bekommen und über legale Wege das Land verlassen", sagte der Taliban-Vizechef Mullah Jakub in einem am Dienstagabend (Ortszeit) auf offiziellen Taliban-Kanälen verbreiteten Audio-Interview. Niemand werde sie daran hindern. So chaotisch auszureisen wie derzeit sei ein Problem für alle Seiten.
Seit der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban spielen sich auf dem Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul chaotische Szenen ab. Tausende Menschen versuchen, mit einem Evakuierungsflug das Land zu verlassen. Vor allem frühere Regierungsbeamte, Mitglieder der Sicherheitskräfte, Menschenrechtler oder Ortskräfte und Mitarbeiter ausländischer Streitkräfte und Organisationen haben Angst vor Racheaktionen der Taliban. In dem Gedränge vor den Zugängen zum Flughafen sind mehrere Menschen getötet worden.
In Wirklichkeit wolle der absolute Großteil der Menschen am Flughafen "für ihre Fantasien" das Land verlassen, sagte Mullah Jakub weiter. Sie seien nicht dort, um vor der Taliban-Herrschaft zu fliehen. Immerhin lebten weiter hochrangige Vertreter der bisherigen Regierung im Land. Es gelte eine Amnestie für alle. Allerdings gab es in den vergangenen Tagen glaubwürdige Berichte über Racheaktionen etwa an ehemaligen Sicherheitskräften.
Zur Regierungsbildung sagte Mullah Jakub weiter, es seien ernsthafte Beratungen im Gange. Die Verzögerung bei der Regierungsbildung liege daran, dass man sehr präzise sein wolle. Das Regierungssystem solle alle Bürger des Landes repräsentieren, um so Probleme in der Zukunft zu vermeiden.
Südkorea will etwa 390 Afghanen aufnehmen
10:26 Uhr: Südkorea will im Rahmen einer Evakuierungsaktion etwa 390 Menschen aus Afghanistan aufnehmen. Es handelt sich nach Angaben des Außenministeriums in Seoul um Ortskräfte, die vor der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in der südkoreanischen Botschaft in Kabul oder in Einrichtungen einschließlich Krankenhäusern gearbeitet haben, die von Südkorea für den Wiederaufbau in Afghanistan gebaut wurden. Sie werden zusammen mit ihren Familien am Donnerstag erwartet, wie Vizeaußenminister Choi Jong Moon am Mittwoch sagte. Sie hätten wegen der unsicheren Lage in ihrem Land um Hilfe gebeten, um nach Südkorea ausreisen zu können.
Südkorea hatte am Montag drei Militärflugzeuge losgeschickt, um die Afghanen vom Flughafen in Kabul abzuholen. Sie werden laut Choi nicht als Flüchtlinge, sondern "Personen mit besonderen Verdiensten" behandelt. Sie sollen nach der Ankunft in Südkorea zunächst vorläufig in einem staatlichen Institut in Jincheon im Zentralteil des Landes untergebracht werden.
Südkorea hatte seine Botschaft in Afghanistan vorübergehend geschlossen und das diplomatische Personal nach Katar verlegt.
Russland schickt Flugzeuge nach Afghanistan für mehr als 500 Menschen
09:38 Uhr: Russland schickt vier Militärtransportflugzeuge nach Afghanistan zur Rettung von mehr als 500 Menschen aus verschiedenen Ländern. Das teilte das Verteidigungsministerium am Mittwoch der Staatsagentur Tass zufolge mit. Bei der großen Evakuierungsmission sollen neben Russen auch Bürger aus der Ukraine, aus Belarus und den zentralasiatischen Republiken Tadschikistan, Usbekistan und Kirgistan aus Afghanistan herausgeholt werden, hieß es.
Demnach ließ Verteidigungsminister Sergej Schoigu die Mission mit medizinischem Personal, Wasservorräten, Lebensmitteln und Decken auf Anweisung des russischen Präsidenten
Bei ihrem Treffen mit Putin hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel am vergangenen Freitag Russland zur Unterstützung dabei aufgerufen, Menschen aus Afghanistan in Sicherheit zu bringen. Der Kremlchef warnte zuletzt mehrfach davor, dass unter afghanischen Flüchtlingen auch Terroristen sein könnten, die womöglich unter dem Deckmantel politischen Asyls ins Ausland gelangen wollten.
Luftbrücke aus Kabul könnte schon am Freitag enden
08:52 Uhr: Die Bundesregierung plant ein Ende der militärischen Rettungsflüge aus Afghanistan noch vor dem Wochenende. Der letzte Flug der Luftbrücke für deutsche Staatsbürger und gefährdete Ortskräfte könnte nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur demnach bereits am Freitag organisiert werden. Die Regierung reagiert damit auf das Festhalten der USA am Abzugsdatum 31. August. Zunächst hatte das Wirtschaftsmagazin "Business Insider" berichtet.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte dazu am Mittwoch, er könne Medienberichte dazu weder dementieren noch bestätigen. Am Vortag seien mit fünf Flügen insgesamt 983 Menschen aus Kabul ausgeflogen worden, seit Beginn der Luftbrücke 4.654 Menschen. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte erklärt, die Bundeswehr werde Menschen ausfliegen "solange es geht, so viele wie möglich".
US-Präsident Joe Biden will am Abzug der US-Truppen bis kommenden Dienstag festhalten, obwohl noch viele Tausend Afghanen auf eine Ausreise hoffen. Die Verbündeten sind auf die Sicherung des Flughafens durch US-Kräfte angewiesen. Auch der Abzug der Soldaten selbst bis zum Stichtag ist im Zeitplan zu berücksichtigen. Offenkundig ist, dass danach weitere Evakuierungen stark vom Mitwirken der Taliban und dem Betrieb ziviler Fluggesellschaften abhängig sind.
Weiter Menschenmassen am Flughafen Kabul
08:01 Uhr: Rund um den Flughafen Kabul harren weiter Tausende Menschen aus, in der Hoffnung auf einen Evakuierungsflug ins Ausland. So zeigen am Mittwoch in sozialen Medien geteilte Videos Hunderte Afghanen, die teils bis zu den Hüften in einem Wassergraben vor einer Wand zum Flughafengelände stehen und warten. Ein Mann, der den Wassergraben hochgeklettert ist, wird von zwei Soldaten zurückgedrängt.
Aufgrund der weiter desaströsen Lage rund um die Eingänge zum Flughafen haben Länder begonnen, ihre zu Evakuierenden anderweitig in den Flughafen zu bringen. Zwei Personen, die auf einer US-Liste zur Evakuierung standen, sagten, sie seien zu einem Ort in der Stadt gerufen worden und von dort mit in einem gepanzerten Konvoi in den Flughafen gebracht worden.
Eineinhalb Wochen nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban schließt sich Zeitfenster für die vom Militär gesicherten Evakuierungen aus Afghanistan schnell. US-Präsident Joe Biden will vorerst am Abzug der US-Truppen bis kommenden Dienstag festhalten, obwohl noch viele Tausend Afghanen auf eine Ausreise hoffen. Auch Bitten europäischer Verbündeter, noch länger Evakuierungen am Flughafen Kabul zu ermöglichen, stimmten Biden nicht um.
Ein Taliban-Sprecher stellte auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur klar, dass an ihren Kontrollpunkten weiterhin Afghanen zum Flughafen durchgelassen werden, jedoch nur solche mit Dokumenten, die sie auch zur Ausreise berechtigen.
In einem in der Nacht zu Mittwoch versandten Landsleutebrief der deutschen Botschaft in Kabul hieß es, Deutschland plane weiterhin Evakuierungsflüge mit der Bundeswehr und zudem mit anderen befreundeten Staaten Flüge von Kabul ins Ausland. Gleichzeitig prüfe man weitere konkrete Maßnahmen zur Ermöglichung der Ausreise.
Aus Diplomatenkreisen hieß es in den vergangenen Tagen, nach Einstellung der Evakuierungsflüge könnten die zu Evakuierenden möglicherweise auf dem Landweg in Drittstaaten ausreisen und von dort nach Europa geflogen werden. Beide Grenzübergänge nach Pakistan etwa sind aktuell geöffnet, allerdings brauchen Afghanen Visa für das Nachbarland.
Steinmeier appelliert an europäische Solidarität bei Flüchtlingen
05:25 Uhr: Bundespräsident
Es werde weiterhin Krisen geben, die Menschen zur Flucht nach Europa bewegten, "da reicht aktuell ein Blick nach Afghanistan", sagte Steinmeier der Zeitung vor seinem Besuch in Tschechien, zu dem er an diesem Mittwoch aufbricht. "Damit müssen wir in Europa solidarisch umgehen und dürfen die Staaten mit einer EU-Außengrenze, gerade im Süden Europas, nicht allein lassen."
Tschechien lehnt feste Verteilungsquoten für Flüchtlinge innerhalb der EU entschieden ab, für die sich Deutschland aber stark macht. Das Land beruft sich darauf, vor Ort Hilfe zu leisten, also in den Ländern, aus denen Menschen nach Europa fliehen.
Steinmeier sagte dazu: "Wir tun als Europäische Union eine Menge, um die Fluchtursachen in vielen Ländern dieser Welt zu bekämpfen. Dennoch wird dies allein nicht ausreichen." Der Bundespräsident erinnerte zudem daran, dass in weniger guten Zeiten auch aus Deutschland und der früheren Tschechoslowakei viele Menschen geflohen seien, "die anderswo aufgenommen wurden".
Afghanische Sicherheitskräfte bekamen 10.000 Bundeswehr-Pistolen
04:30 Uhr: Die Bundeswehr hat die afghanischen Sicherheitskräfte während ihres 20-jährigen Einsatzes mit 10.000 Pistolen ausgerüstet. Daneben sei seit 2002 nur Sanitätsmaterial und Bekleidung an die Armee und die Polizei abgegeben worden, teilte das Verteidigungsministerium der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit. Die Pistolen vom Typ Walther P1 seien bereits 2006 kostenlos zur Verfügung gestellt worden.
Was daraus nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban geworden ist, ist dem Ministerium nicht bekannt. QEs liegen dem BmVg (Verteidigungsministerium) keine Erkenntnisse darüber vor, ob diese Güter in die Hände der Taliban gelangt sindQ, erklärte eine Sprecherin.
Die afghanischen Streitkräfte hatten sich vielerorts kampflos den Taliban ergaben. Ausgerüstet worden sind sie in den 20 Jahren des internationalen Militäreinsatzes vor allem von den USA. Alleine zwischen 2013 und 2016 statteten die Vereinigten Staaten Armee und Polizei mit fast 600.000 Schusswaffen, 7. 000 Fahrzeugen und mehr als 200 Flugzeugen aus, wie das "Wall Street Journal" vergangene Woche unter Berufung auf einen US-Regierungsbericht berichtete.
In Washington wird freimütig eingeräumt, dass viel von dem militärischen Gerät nun wohl von den Islamisten genutzt wird. "Wir haben natürlich kein vollständiges Bild davon, wohin die einzelnen Rüstungsgüter gegangen sind, aber sicherlich ist eine ganze Menge davon in die Hände der Taliban gefallen", sagte der Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan.
Die Bundesregierung hat seit Beginn des Militäreinsatzes 2002 den Export von Kriegswaffen und anderen Rüstungsgütern für 419 Millionen Euro nach Afghanistan genehmigt. Der weitaus größte Teil wurde allerdings an die Streitkräfte der Nato-Verbündeten, an Botschaften oder an die Vereinten Nationen geliefert, darunter Panzer, gepanzerte Fahrzeuge sowie Handfeuerwaffen wie Gewehre und Maschinenpistolen. An afghanische Sicherheitskräfte ging nur ein geringer Teil, vor allem geschützte Fahrzeuge, Minenräumgeräte, verstärkte Container, Schutzausrüstung oder Kommunikationsgeräte. Das geht aus den jährlichen Rüstungsexportberichten der Regierung und einer aktuellen Aufstellung des Bundeswirtschaftsministeriums hervor, die der dpa vorliegt.
Mehr als 4.650 Menschen von Bundeswehr aus Kabul evakuiert
01:27 Uhr: Die Bundeswehr hat mittlerweile mehr als 4.650 Bundesbürger, Afghanen und Bürger anderer Staaten aus Kabul evakuiert. Am späten Dienstagabend landete ein Militärtransporter des Typs A400M mit 178 schutzbedürftigen Menschen an Bord in der usbekischen Hauptstadt Taschkent, wie die Bundeswehr in der Nacht zu Mittwoch twitterte. "Damit wurden bisher insgesamt mehr als 4.650 Menschen aus Afghanistan evakuiert", hieß es weiter. Von Taschkent aus geht es dann weiter nach Deutschland.
Derweil teilten die USA mit, vorerst an dem Plan festzuhalten, ihre Truppen bis zum 31. August aus Afghanistan abzuziehen. Der laufende internationale Militäreinsatz zur Evakuierung westlicher Staatsbürger, afghanischer Ortskräfte und anderer Schutzbedürftiger ist von der US-Truppenpräsenz abhängig. Bereits am Montag hatte ein Taliban-Vertreter die für den 31. August gesetzte Frist als "rote Linie" bezeichnet.
Am Sonntag vergangener Woche hatten die militant-islamistischen Taliban die afghanische Hauptstadt erobert und wieder die Macht übernommen. Seitdem fürchten Oppositionelle, Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und auch Ortskräfte, die für westliche Staaten tätig waren, Racheaktionen an sich. Viele Bürger befürchten, dass die Extremisten wieder ein islamisches "Emirat" errichten wollen und dabei mit drakonischen Strafen gegen Andersdenkende vorgehen könnten.
Biden warnt vor wachsender Anschlagsgefahr am Flughafen Kabul
00:19 Uhr: US-Präsident Joe Biden hat vor einer wachsenden Terrorgefahr am Flughafen von Kabul gewarnt. Jeder Tag, den man länger vor Ort bleibe, sei ein weiterer Tag, an dem ein örtlicher Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat versuche, den Flughafen der afghanischen Hauptstadt anzugreifen, sagte Biden am Dienstag in Washington. Es gebe die "akute und wachsende Gefahr eines Anschlags". Die Terrorgruppe sei auch ein erklärter Feind der militant-islamistischen Taliban, so Biden.
Nach Angaben des US-Präsidenten bestand bei den G7-Beratungen am Dienstag Einigkeit darüber, dass die Anerkennung einer künftigen Regierung in Afghanistan von zahlreichen Bedingungen abhängen würde. "Wir sind uns einig, dass niemand von uns die Taliban beim Wort nehmen wird. Wir werden sie nach ihren Taten beurteilen, und wir werden uns eng über alle Schritte abstimmen", sagte Biden. Entscheidend sei etwa, ob die Taliban internationalen Verpflichtungen nachkämen und verhinderten, dass Afghanistan als "Basis für Terrorismus" genutzt werde.
"Wir waren uns heute alle einig, dass wir mit unseren engsten Partnern Schulter an Schulter stehen werden, um die aktuelle Herausforderung in Afghanistan zu meistern", betonte Biden. Man werde auch künftig mit vereinten Kräften zusammenarbeiten. Mit der Hilfe der USA seien seit dem 14. August insgesamt 70.700 Menschen aus Afghanistan ausgeflogen worden, so der US-Präsident.
Veteranenvertreter warnt vor Radikalisierung altgedienter Soldaten
00:04 Uhr: Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Einsatzveteranen, Bernhard Drescher, hat angesichts der Entwicklungen in Afghanistan nach dem Abzug der Bundeswehr vor einer Radikalisierung altgedienter Soldaten gewarnt. "Die Stimmung unter den Veteranen ist grottenschlecht", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Mittwoch).
Sie hätten das Gefühl, dass ihre Belange "noch nie interessiert" hätten. Angesichts der Bilder aus Kabul entstehe nun der Eindruck, dass ihre Arbeit zunichte gemacht werde. Schließlich ziehe man Schutzkräfte nicht ab, bevor nicht alles Schützenswerte in Sicherheit gebracht worden sei, so Drescher. Und die Helfer der Bundeswehr, also die afghanischen Ortskräfte, würden offenbar nicht für schützenswert gehalten. Die Vorgänge würden "hochemotional aufgenommen".
Drescher warnte: "Man verliert emotional eine Gruppe von Menschen, die für den Staat wichtig ist." In der Folge entstünden neuerdings rechtsorientierte Gruppen wie "Veteranen 5 n 12" oder der "Veteranen Pool". "Ich mache mir Sorgen, wie sich das weiterentwickelt."
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