Die Marathonverhandlungen über den Haushalt 2024 haben ein Ende. Die Ampel hat einen Kompromiss bei Sparmaßnahmen und Schuldenbremse gefunden. Aber ob das die Koalition dauerhaft befrieden kann, ist fraglich. Denn es gibt schon ein neues Problem.
Vier Wochen nach dem historischen Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts hat sich die Ampel-Regierung verständigt, wie sie das Milliardenloch im Bundeshaushalt 2024 schließen will. Geplant sind Einsparungen und Kürzungen, die auch die Verbraucher bei den Strom-, Gas und Benzinpreisen treffen.
Die Schuldenbremse wird im nächsten Jahr zunächst nicht ausgesetzt, aber es bleiben Hintertüren offen. "Das war harte aber konstruktive Arbeit. Am Ende steht ein guter, ein im wahren Sinne demokratischer Kompromiss", bilanzierte Bundeskanzler
Oppositionsführer
Zähe Verhandlungen über mehrere Tage
Tagelang hatte Scholz mit
Insgesamt fehlten etwa 30 Milliarden Euro. Zusammengekratzt werden soll das Geld vor allem durch die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen, durch Einschnitte in den Etats einzelner Ressorts und die Kürzung von Bundeszuschüssen.
Steigende Benzin- und Gaspreise zu erwarten
Geplant ist unter anderem eine stärkere Anhebung des CO2-Preises, der auf die Benzin- und Gaspreise durchschlägt. Die Streichung des Zuschusses für die Netzentgelte dürfte zu höheren Strompreisen führen. Außerdem will die Koalition Steuervergünstigungen für Land- und Forstwirte streichen.
Der Abbau klimaschädlicher Subventionen soll laut Lindner einen Umfang von drei Milliarden Euro haben. Die Ampel-Koalition will zudem bis 2027 Klimaschutz- und Transformationsprojekte im Volumen von 45 Milliarden Euro kürzen. Allein 2024 würden die Ausgaben aus diesem Topf um 12 Milliarden Euro verringert.
Streitpunkt Schuldenbremse
Dass die Verhandlungen so lange gedauert haben, lag aber vor allem an der Schuldenbremse, bei der sich SPD und FDP mit ihren Positionen ziemlich tief eingegraben hatten. Die SPD-Spitze forderte noch am Wochenende auf ihrem Parteitag ganz klar eine erneute Aussetzung wegen des Ukraine-Kriegs.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte dagegen wenige Stunden vor der Einigung, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Erklärung einer für das Aussetzen nötigen Notlage "zur Zeit nicht gegeben" seien.
Wackliger Kompromiss mit neuem Problempotential
Der Kompromiss ist nun, dass die Schuldenbremse zunächst nicht ausgesetzt wird, aber eine Ausnahme für die Folgen der Flutkatastrophe im Ahrtal ergebnisoffen geprüft wird. Auch für den Fall einer veränderten Lage in der Ukraine behält sich die Ampel das spätere Aussetzen und zusätzliche Kredite vor.
Es ist ein Kompromiss, der für die SPD nicht leicht zu schlucken ist. Der Konflikt in der Ampel ist damit auch nicht gelöst, sondern nur aufgeschoben. Denn bei der Entscheidung über die Ausnahme für das Ahrtal könnte es neuen Ärger geben. Die FDP will keinerlei Risiko eingehen, dass die Ampel mit einer neuen Notlagen-Entscheidung wieder eine Bruchlandung in Karlsruhe erleidet. Dabei sei auch entscheidend, wie sich die Union verhalte, hieß es aus Kreisen des Finanzministeriums. CDU-Chef Merz hatte bereits angedeutet, seine Fraktion werde eine erneute Klage genau prüfen.
Scholz: Umgang in Koalition "vertrauensvoll und vertraulich"
Von allen drei Koalitionspartner waren am Mittwoch trotzdem Worte wie "Vertrauen" und "Verlässlichkeit" zu hören. "Diese Koalition ist handlungs- und einigungsfähig auch bei sehr schwierigen Aufgaben", betonte Lindner. Man habe "vertrauensvoll und vertraulich" verhandelt, meinte Scholz. Ob der Kompromiss die Koalition wirklich zusammenschweißen kann, ist aber sehr fraglich.
Denn ausgerechnet am Mittwoch wurde ein anderes wichtiges Projekt der Ampel aufgeschoben. Über die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts und das Gesetz zur Erleichterung der Rückführung von Flüchtlingen soll wegen Unstimmigkeiten in der Koalition nun erst im nächsten Jahr abgestimmt werden.
Merz fordert Vertrauensfrage
Merz forderte Scholz deswegen auf, das mit den Ländern verabredete Paket zur Verringerung der irregulären Migration als Komplettpaket im Januar dem Bundestag vorzulegen und es mit der Vertrauensfrage zu verknüpfen.
Damit solle der Kanzler zeigen, ob er die Koalition in wesentlichen Fragen noch hinter sich habe, sagte der CDU-Chef. "Herr Bundeskanzler, wenn Sie das nicht machen, dann wird das nächste Jahr genauso chaotisch beginnen, wie das Jahr 2023 zu Ende geht."
Haushaltsbeschluss fünf Wochen zu spät
Der Etat 2024 wird nun voraussichtlich in der zweiten Januarhälfte im Bundestag beschlossen und dann am 2. Februar den Bundesrat passieren. Damit wird für fünf Wochen eine sogenannte vorläufige Haushaltsführung gelten. Dann sind vorerst nur Ausgaben möglich, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen.
In der Praxis kann das Finanzministerium den Ministerien aber bewilligen, pro Monat einen Prozentsatz der Mittel des noch nicht verabschiedeten Haushaltsentwurfs zu nutzen. (dpa/lag)
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