Politiker von SPD, Grünen und FDP werten die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Wahlrechtsreform der schwarz-roten Vorgängerregierung als ermutigendes Signal für ihre eigenen Reformpläne. "Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bestätigt den weiten Gestaltungsspielraum des Bundesgesetzgebers bei der Ausgestaltung des Wahlrechts", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann. Auch sei die von den Karlsruher Richtern angemahnte Nachvollziehbarkeit für die Bürger vom neuen Wahlrecht der Ampel-Koalition erfüllt.
Das Gericht wies am Mittwoch in Karlsruhe eine Klage von Abgeordneten von FDP, Grünen und Linken gegen die Wahlrechtsreform von 2020 zurück. Die Entscheidung fiel mit fünf zu drei Stimmen knapp aus. In einem Sondervotum trugen die Senatsvorsitzende sowie zwei weitere Richter Bedenken vor allem, was die Verständlichkeit der Regelungen für die Wählerinnen und Wähler angeht, vor. Die Ampel-Koalition hat inzwischen aber eine eigene Wahlrechtsreform verabschiedet - und auch gegen die sind bereits Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig.
Der Grünen-Rechtspolitiker Till Steffen sagte deshalb: "Die knappe Entscheidung und die abweichenden Meinungen von drei Richtern sind für uns ein klares Signal, dass wir es mit dem neuen Wahlrecht, das wir als Ampel-Koalition verabschiedet haben, richtig gemacht haben: Es ist einfach, vorhersehbar und gerecht." Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle erklärte: "Das alte Wahlrecht aus der Feder der Großen Koalition mag nach der Auffassung der Senatsmeinung mit der Verfassung vereinbar sein - eine wirksame Größenbeschränkung des Parlaments hat es offenkundig nicht bewirkt."
Ende für Überhangmandate
Die Regelgröße des Bundestags war ursprünglich auf 598 Abgeordnete festgelegt gewesen. Derzeit gibt es 736 Parlamentarier - so viele wie nie zuvor. Das nunmehr noch neuere Wahlrecht deckelt die Zahl der Sitze bei 630. Gewählt wird weiter mit Erst- und Zweitstimme. Es gibt aber keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr. Für die Stärke einer Partei im Parlament ist nur ihr Zweitstimmenergebnis entscheidend. Überhangmandate entstanden bisher, wenn eine Partei über Direktmandate mehr Sitze im Bundestag gewann, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustanden. Diese durfte sie behalten. Die anderen Parteien erhielten dafür Ausgleichsmandate.
Der Justiziar der Unionsfraktion, Ansgar Heveling (CDU), sagte: "Mehrfach hat das Bundesverfassungsgericht auf die Stärkung des personalen Elements hingewiesen und darauf, dass dies ein verfassungslegitimes Ziel ist." Die Ampel sollte "jetzt innehalten und ihr Wahlrecht überdenken". © dpa
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