Ein Bericht des Internationalen Stockholmer Friedensforschungsinstituts (Sipri) gibt Anlass zu Sorge. Demnach habe die Bedeutung von Atomwaffen angesichts der zunehmenden geopolitischen Spannungen stark zugenommen.
Angesichts der zunehmenden geopolitischen Spannungen hat die Bedeutung von Atomwaffen einer Studie zufolge besorgniserregend zugenommen. Die neun Atommächte hätten "ihre Atomwaffenarsenale weiter modernisiert", hieß es in einem am Montag veröffentlichten Bericht des Internationalen Stockholmer Friedensforschungsinstituts (Sipri). Mehrere von ihnen hätten im vergangenen Jahr "neue nuklear bewaffnete oder nuklearfähige Waffensysteme in Betrieb genommen".
"Wir haben seit dem Kalten Krieg nicht mehr erlebt, dass Atomwaffen eine so herausragende Rolle in den internationalen Beziehungen spielen", erklärte der Sipri-Experte Wilfred Wan.
Im Januar hielten die Atommächte laut Sipri etwa 9.600 der weltweit gut 12.100 nuklearen Sprengköpfe in ihren Lagern für mögliche Einsätze bereit, etwa 2.100 davon in "hoher Alarmbereitschaft".
USA und Russland verfügen über fast 90 Prozent aller Atomwaffen
Fast alle dieser Sprengköpfe befinden sich im Besitz der USA und Russlands, die zusammen über fast 90 Prozent aller Atomwaffen weltweit verfügen. Erstmals halte in diesem Jahr vermutlich auch China einige Atomsprengköpfe in "hoher Alarmbereitschaft", hieß es in dem Sipri-Bericht weiter. Bei den übrigen Atommächten handelt es sich um Frankreich, Indien, China, Israel, Großbritannien, Pakistan und Nordkorea.
Obwohl die Gesamtzahl der Atomsprengköpfe weiter zurückgehe, steige die Zahl "der einsatzbereiten nuklearen Sprengköpfe" von Jahr zu Jahr an, erklärte Sipri-Direktor Dan Smith. Diese Entwicklung werde sich in den kommenden Jahren vermutlich weiter beschleunigen, was "äußerst besorgniserregend" sei.
"Wir leben derzeit in einer der gefährlichsten Zeiten in der Geschichte der Menschheit", erklärte Smith. "Es ist an der Zeit für die Großmächte, einen Schritt zurückzutreten und nachzudenken. Am besten gemeinsam."
Putin setzte New-Start-Abkommen aus
Im Februar 2023 hatte Russland seine Beteiligung am New-Start-Abkommen ausgesetzt. Der bis 2026 laufende Vertrag mit den USA zur Begrenzung der jeweiligen Atomwaffenbestände aus dem Jahr 2010 ist das letzte bilaterale Atomabkommen zwischen Moskau und Washington. Im Mai hatte die russische Armee zudem auf Anordnung von Kreml-Chef Wladimir Putin den Einsatz von taktischen Atomwaffen geübt.
Greenpeace-Atomwaffenexperte Christoph von Lieven erklärte, es sei eine "zutiefst verunsichernde Nachricht", dass in einer Zeit tiefgreifender Konflikte und Krisen, die Zahl der einsatzbereiten Atomsprengköpfe weiter steige. Die wachsende Gefahr eines unbeabsichtigten Atomkriegs sei "zu existenziell", um ihr nichts entgegenzusetzen, betonte er. "Es ist an der Zeit, dass die Nato einen atomaren Erstschlag explizit ausschließt. Darauf sollte Deutschland drängen und gleichzeitig dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten." (afp/mbo)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.