Donald Trump kommt nicht zur Ruhe. Der Wirbel nach seinem Auftritt mit Wladimir Putin hat sich noch nicht gelegt, da droht dem US-Präsidenten neues Ungemach von unerwarteter Seite. Die eigene Automobil-Branche läuft Sturm gegen seine geplanten Strafzölle auf importierte Fahrzeuge.
Der Plan des US-Präsidenten sieht Strafzölle auf Auto-Importe vor, um die eigene Industrie zuschützen und zu stärken. Doch die läuft dagegen Sturm.
Unabhängige Institute haben die möglichen Auswirkungen auf die US-Wirtschaft berechnet. Das Ergebnis: Die Folgen wären verheerend.
Während die Unmutsäußerungen zu seinem Auftritt mit dem Kremlchef noch meist aus erwartbarer Richtung auf den US-Präsidenten einprasselten, bekommt
Es geht um Trumps Drohung, im Zuge seines Handelskriegs gegen die halbe Welt Strafzölle in Höhe von bis zu 20 Prozent auf importierte Autos zu erheben.
Und es ist durchaus bemerkenswert, was Vertreter der amerikanischen Autobranche bei einer Anhörung in Washington am Donnerstag zu diesem Thema zu sagen hatten. Nämlich nicht viel Positives.
Selbst ein Trump-Fan wendet sich gegen Strafzölle
"Wir geben zu bedenken, dass jegliche vorschnelle Aktionen ungeahnte Konsequenzen haben könnten, eingeschlossen Massenentlassungen von amerikanischen Arbeitern", sagte selbst Jennifer Kelly, Direktorin für Forschung bei der Automobil-Gewerkschaft, die den Trump-Plänen generell eigentlich wohlgesonnen gegenübersteht, laut "New York Times".
Richard Smallwood vom japanischen Reifenhersteller Sumitomo meint, obwohl er "ein rechtslastiger Konservativer" und grundsätzlich Trump-Fan sei, könnte er die geplanten Auto-Zölle nicht gutheißen. Sollten sie kommen, müsste er die Kosten auf die Kunden abwälzen.
Auch Diplomaten der EU sowie Kanadas und Mexikos kritisierten die USA teils scharf. "Bei Autozöllen verliert jeder", sagte Jim Wilson, der Wirtschaftsminister des kanadischen Bundesstaats Ontario, laut Spiegel Online.
Handelsminister versucht zu beschwichtigen - erfolglos
Steigende Kosten bei der Produktion, erhebliche Nachteile für Hersteller und Kunden - ein Riesen-Schaden für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt: Das Bild, das die Industrie, der Donald Trump mit seinem Handeln doch unter die Arme greifen wollte, bei einer Umsetzung seiner Pläne zeichnet, ist düster.
So düster, dass sich Trumps Handelsminister Wilbur Ross bei der Anhörung genötigt sah zu betonen, es sei "eindeutig zu früh", das Ergebnis der Prüfung der Zölle vorherzusagen.
Doch für die Vertreter der Automobil-Industrie, Verbände und Regierungen sind die Ankündigungen der Trump-Administration konkret genug, um schweres Geschütz aufzufahren. Laut Spiegel Online wandten sich 44 der 45 Wortführer diverser Sparten bei der Anhörung gegen Zölle. Denn es geht um immense Beträge.
Erst Ende Mai hatte Trump in einem ersten Schritt Strafzölle auf Aluminium und Stahl mit einem Gesamtvolumen von 48 Milliarden US-Dollar (ca. 41 Milliarden Euro) erhoben - nichts im Vergleich zu dem Betrag, der bei einer Einführung der Auto-Zölle im Raum steht.
Laut "New York Times" geht es dann um eine Größenordnung von Zöllen auf Fahrzeuge und Fahrzeugteile im Wert von 351 Milliarden US-Dollar (ca. 301 Milliarden Euro). Das würde auch amerikanische Hersteller massiv treffen.
Das Horrorszenario: bis zu 624.000 Arbeitsplätze werden vernichtet
Denn selbst US-Hersteller, deren Fahrzeuge zu einem Großteil aus Bauteilen amerikanischen Ursprungs bestehen, beziehen nach Darstellung der "New York Times" ein Viertel bis ein Drittel ihrer Teile von europäischen Zulieferern.
Nach Angaben des "Center for Automotive Research", eine wirtschaftlich unabhängige US-Organisation, wurden 2017 über 50 Prozent der in den USA verkauften Autos in den USA hergestellt, wiederum die Hälfte davon von ausländischen Firmen wie BMW, Daimler oder Honda. Und sie alle sind auf ihre Zulieferer in Übersee angewiesen.
Welch dramatischen Einfluss Strafzölle auf die Kosten haben werden, rechnet das "Center for Automotive Research" vor. Demnach werde der Durchschnittspreis eines in den USA verkauften Fahrzeugs je nach Strafzoll-Modell um 980 bis 4.400 Dollar (ca. 841 bis 3.780 Euro) steigen.
Das Langzeit-Horrorszenario des gemeinnützigen Think Tanks Peterson Institute for International Economics: Die Strafzölle könnten die USA in drei Jahren fast 200.000 Arbeitsplätze kosten, bei Vergeltungsstrafzöllen sogar 624.000.
Europa rüstet sich für nächste Zündstufe im Handelskrieg
Dass Trump sich trotz der Vorbehalte von seinem Plan abringen lassen wird, daran glaubt kaum jemand. Deshalb rüstet sich Europa bereits für die nächste Zündstufe im eskalierenden Handelskrieg.
Die deutsche Wirtschaft mahnt ein entschlossenes Vorgehen an. Man müsse die amerikanische Seite sehr deutlich auf die Risiken auch für Jobs in den Vereinigten Staaten hinweisen, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer den Medien der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft.
"Klar ist, Zölle und Gegenzölle kosten letztlich Arbeitsplätze und Investitionen auf beiden Seiten des Atlantiks", betonte er.
Für den Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) stehe fest: "Angesichts der drohenden US-Strafzölle auf Autos muss sich Europa geschlossen und selbstbewusst zeigen. Sonst besteht die Gefahr, dass Zugeständnisse Europas zu immer neuen Zumutungen aus den USA führen."
Juncker und Malmström auf Mission zu Trump
Eine Erhebung hoher Autozölle wäre verheerend und würde eine neue düstere Wirklichkeit schaffen, sagte Handelskommissarin Cecilia Malmström bei einer Veranstaltung der Stiftung German Marshall Fund. Mit den Mitgliedstaaten werde schon an einer Liste mit US-Produkten gearbeitet, auf die Vergeltungszölle verhängt werden könnten.
Um nach Lösungen zu suchen, reisen Malmström und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am kommenden Mittwoch zu Trump. Schweitzer hofft dort auf Fortschritte. "Es wäre so wichtig, endlich über weniger Zölle zu sprechen."
Ähnlich sieht das Bernhard Mattes, der Präsident des deutschen Verbands der Automobilindustrie (VDA).
Sollte die Vergeltungsspirale aus Zöllen und Gegenzöllen weltweit erst einmal richtig an Fahrt aufgenommen haben, erst dann sei das bedroht, wogegen sich Trump und seine Administration mit ihren Strafzöllen rüsten wollen: die nationale Sicherheit der USA. "Dieses Szenario macht mir Angst", zitiert die "Süddeutsche Zeitung" Mattes.
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