Die Republik Moldau fühlt sich von Russland in einen hybriden Krieg gezogen. Außenminister Mihai Popsoi erklärt bei einem Besuch bei Amtskollegin Annalena Baerbock, wie sich das Land gegen Falschinformationen und wirtschaftliche Verunsicherung stemmt. Und er stellt klar: Moldau sieht seinen Platz in der Mitte Europas.
"Die Republik Moldau steht in vorderster Reihe in Europa", sagt Bundesaußenministern
Moldau ist ein kleines Land mit gerade einmal 2,5 Millionen Einwohnern. Aus zentraleuropäischer Perspektive lag es lange am Rande der öffentlichen Wahrnehmung. Doch der russische Krieg gegen die Ukraine hat Moldau in den Fokus der Geopolitik gerückt.
Falls es Russland gelingen sollte, weitere Teile der Ukraine (etwa die Millionenstadt Odessa) einzunehmen, könnte Moldau das nächste Ziel sein. Denn völkerrechtlich gehört zu der Republik die abtrünnige Region Transnistrien. Deren Behörden wenden sich Moskau zu und haben in einem Streit um die Handelspolitik zuletzt die russische Regierung um "Hilfe" gebeten.
Durch Moldau verläuft also eine politische Bruchlinie – und viele Menschen dort haben Angst, das nächste Ziel einer russischen Aggression zu sein.
Moldau kämpft "nach Kräften" gegen russische Propaganda
Schon jetzt ist von einem "hybriden Krieg" Russlands die Rede: Moskau versucht zum Beispiel mit Falschinformationen die Meinung der Bevölkerung zu beeinflussen - oder auch mit anderen Mitteln. "Uns wurde ganz klar gesagt, dass die Russen Wählerinnen und Wählern Geld zahlen, damit sie für die alten Sozialisten und Kommunisten stimmen", sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Peter Heidt im März nach einem Besuch in Moldau.
Es ist ein Kampf David gegen Goliath: Man versuche "nach Kräften, diesen Angriffen standzuhalten", sagt Moldaus Außenminister Popsoi am Dienstag in Berlin. Die Regierung habe Sicherheitsdienste und die Landesverteidigung gestärkt, die Energieversorgung unabhängiger von Russland gemacht. Gerade entsteht ein "Zentrum für strategische Kommunikation", um russischer Online-Propaganda entgegenzuwirken.
Außenministerin Baerbock versichert Moldau die Unterstützung Deutschlands. Diese findet vor allem auf wirtschaftlichem Wege statt. Schließlich gehört die kleine Republik zu den ärmsten Staaten Europas. Nach der russischen Invasion in der Ukraine hat Moldau zwischenzeitig 1,5 Millionen Flüchtlinge aus dem Nachbarland beherbergt. Die Inflation sprang 2022 auf fast 30 Prozent. Die wirtschaftliche und soziale Verunsicherung ist entsprechend groß.
"Demokratien sind nicht wehrlos", sagt Baerbock jedoch. Deutschland hat 2022 zusammen mit Frankreich und Rumänien eine Moldau-Unterstützungsplattform ins Leben gerufen. "Kein Land ist der Hinterhof von irgendjemandem. Und Moldau ganz gewiss auch nicht, denn ihr gehört zu Europa", sagt die Außenministerin an ihren moldauischen Kollegen gerichtet.
Anspruchsvoller Weg in die EU
Seit Juni 2022 ist Moldau offizieller EU-Beitrittskandidat. Präsidentin Maia Sandu hat ihrem Land einen klar pro-europäischen Kurs verordnet. Wie viele ihrer Bürgerinnen und Bürger ihr auf diesem Weg folgen wollen, wird sich Ende dieses oder Anfang kommenden Jahres zeigen: Dann sollen die Moldauer in einem Referendum darüber abstimmen, ob der Kurs in Richtung EU richtig ist.
Außenminister Popsoi hat daran keinen Zweifel. Es gelinge Moldau derzeit gerade noch so, wirtschaftlich zu überleben, räumt er ein. Nur mit Hilfe von europäischen Partnern und der USA sei es gelungen, die schwerwiegenden Folgen der Energiekrise abzuwenden.
Gerade deshalb sieht Popsoi den Platz seines Landes in der Zukunft als "wahrhaftiges Mitglied" Europas: "Wir sind sehr ambitioniert, wenn es darum geht, EU-Mitglied zu werden. Denn das sichert uns die Ruhe, den Frieden und den Wohlstand in unserem Land."
Der Weg der armen und teils korrupten Republik in Richtung EU-Mitgliedschaft dürfte beschwerlich bleiben. Baerbock ruft Moldau auf, die nötigen Reformen weiterzuführen. Popsoi stellt klar: Schon jetzt sei man ein europäisches Land, schon jetzt leben viele Menschen mit moldauischem Pass in Ländern der EU – ob als Restaurantbesitzer in Hamburg oder als Opernsängerin in Wien. Baerbock sagt: "Wenn die EU nicht nach Moldau kommt, kommen die Menschen aus Moldau in die EU."
Verwendete Quelle
- Pressekonferenz im Auswärtigen Amt
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