Außenministerin Annalena Baerbock hat bei der Reform der europäischen Migrationspolitik vor der Einführung der sogenannten Krisenverordnung gewarnt. "Statt geordneter Verfahren würde insbesondere das große Ermessen, dass die aktuelle Krisenverordnung für den Krisenfall einräumt, de facto wieder Anreize für eine Weiterleitung großer Zahlen unregistrierter Flüchtlinge nach Deutschland setzen", schrieb die Grünen-Politikern am Sonntag auf X (ehemals Twitter). "Das kann die Bundesregierung nicht verantworten." Ähnlich äußerte sich Baerbock bei "Bild".

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Flexible Maßnahmen möglich

Hintergrund sind die laufenden Verhandlungen zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, mit dem unter anderem irreguläre Migration in die Staatengemeinschaft begrenzt werden soll. Ein möglicher zusätzlicher Bestandteil könnte die Krisenverordnung sein, die in dem Fall einer besonders großen Zahl von Flüchtlingen - wie etwa 2015 - sehr flexible Maßnahmen zulassen würde. Diese könnten dann je nach Anwendung in den betroffenen Staaten an den EU-Außengrenzen zu mehr Abweisungen, aber auch zu mehr Durchleitungen von Flüchtlingen in Staaten wie Deutschland führen.

Bisher hatte Bundesregierung vor allem befürchtet, dass die Standards etwa bei Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden im Fall einer Anwendung der Krisenverordnung zu sehr abgesenkt werden könnten. Nun hat Baerbock auch Bedenken, dass dann besonders viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen könnten.

Ein Asylsystem für Krisenfälle

"Gemeinsam mit (Bundesinnenministerin) Nancy Faeser kämpfe ich in Verantwortung für unsere Kommunen daher mit aller Kraft dafür, dass unsere deutschen Anliegen aufgenommen werden und es in Europa zu einem Asylsystem kommt, das auch im Krisenfall funktioniert statt Tür und Tor für Chaos zu öffnen", schrieb Baerbock auf X weiter. Gleichzeitig mahnte sie eine rasche Verabschiedung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an.

In der kommenden Woche treffen sich die Justiz- und Innenminister der EU in Brüssel. Auf der Tagesordnung steht auch die Migrationspolitik. Das Europaparlament hatte in der vergangenen Woche eine Blockade der Verhandlungen über die geplante Asylreform angekündigt. Die EU-Abgeordneten begründeten ihren Schritt auch damit, dass sich die Regierungen der Mitgliedstaaten zur geplanten Krisenverordnung bisher nicht positioniert haben. Brisant sind die Verzögerungen vor allem wegen der nahenden Europawahl im Juni 2024.  © dpa

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