Hans-Georg Maaßen ist vom umstrittenen Verfassungsschutzpräsidenten zum Staatssekretär von Innenminister Horst Seehofer befördert worden. Das wurde am Dienstag bekannt. So reagiert die Presse auf die Entscheidung.
Hans-Georg Maaßen muss als Chef des Verfassungsschutzes seinen Platz räumen. Zum Verdruss der SPD, die auf seinen Rauswurf gedrängt hatte, wird er jetzt Staatssekretär von Innenminister
Deutschland
Zeit Online: "Das Signal ist verstörend"
"Das Signal, das von dieser Beförderung ausgeht, ist verstörend: Ein Mann, der eine einmalige Vertrauens-, Regierungs- und Glaubwürdigkeitskrise ausgelöst hat, sollte keine Führungsposition im Innenministerium bekommen.
Mit seinem unbelegten Vorwurf zu "gezielten Falschinformationen" in Chemnitz hat er die Grenze zur Verschwörungstheorie überschritten - und damit gekratzt an der wichtigsten Währung der Demokratie: Vertrauen. Das ist die Methode Trump."
Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Koalitionsparteien wie zutiefst zerrüttete Eheleute"
"Die Koalition schleppt sich von einer Krise zur nächsten. Jedes Mal scheint sie mehr Energie darauf verwenden zu müssen, die in ihr wirkenden Zentrifugalkräfte zu bändigen. Der letzte wirklich eiserne Ring, der die Koalition zusammenhält, ist die Sorge, dass ihr Auseinanderbrechen zu einem Konjunkturprogramm für die AfD werden könnte.
Die profitiert freilich auch schon davon, dass die Koalitionsparteien sich in aller Öffentlichkeit gerieren wie zutiefst zerrüttete Eheleute."
Nürnberger Nachrichten: "Der Fall hat doch noch etwas Positives"
"Wenn es doch noch etwas Positives im Fall des Hans-Georg Maaßen gibt, dann das: Die AfD behauptet stets, dass Merkel-Kritiker mundtot gemacht werden. Nein, ganz und gar nicht. In diesem Fall wurde einer befördert und bekommt nun statt etwa knapp 11.600 Euro monatliches Grundgehalt zukünftig rund 14.200 Euro."
Hannoversche Allgemeine Zeitung: "Eine Gesichtswahrung um jeden Preis"
"Die Entscheidung, den Verfassungsschutzpräsidenten abzulösen, ihn aber im gleichen Zuge zum Staatssekretär im Innenministerium zu machen, ist kein klarer Schnitt - sondern der schlecht verhehlte Versuch einer Gesichtswahrung um jeden Preis. Das alles ist so durchschaubar wie dürftig.
Entweder man kommt zu der Entscheidung, Maaßen ist geeignet, für Führungspositionen im Bereich der Inneren Sicherheit. Oder man entscheidet, dass er ungeeignet ist. Aus als Behördenchef, aber Weiterbeschäftigung bei deutlich höheren Bezügen, das ist jedenfalls ein Pseudo-Kompromiss."
Saarbrücker Zeitung: "AfD macht Maaßen zum Märtyrer"
"Dieses ganze Trauerspiel kennt nur einen Profiteur: die AfD. Sie hat Maaßen zum Märtyrer für ihre flüchtlingsfeindliche Haltung gemacht. Seine Versetzung passt trefflich in dieses Bild. Die schwache Vorstellung der großen Koalition erst recht. Schwerlich denkbar, dass es bei Union und SPD nun so etwas wie einen Neuanfang gibt.
Dazu hat der Fall Maaßen zu viele Wunden geschlagen. Wenn die Koalition mittlerweile schon eine Personalie an den Rand des Abgrunds bringt, dann muss man sich um die Regierungsstabilität wirklich Sorgen machen."
Westfälische Nachrichten: "Neues Futter für wachsenden Koalitionsfrust"
"Für die Parteichefs von CSU und SPD stand die persönliche Glaubwürdigkeit, für die
Aus Sicht der Akteure eine geradezu salomonische Lösung; aus Sicht des Wahlvolks neues Futter für wachsenden Koalitionsfrust. Eine erneute Koalitionskrise ist abgewendet. Die nächste aber wird kommen, das ist sicher."
Allgemeine Zeitung: "Haben die noch alle Tassen im Schrank?"
"Ja, es ist eine ziemlich miese Nummer, die da über die Bühne geht. Und jeder Bürger hat Recht, wenn er fragt: "Haben die da oben noch alle Tassen im Schrank?" Das ist die eine Seite.
Aber es gibt noch eine zweite. Die fragt: Was wäre die Alternative gewesen? Zerbrechen der Koalition? Neuwahlen? Eine Minderheitsregierung? Wir kommen nicht um die Erkenntnis herum: In dieser verrückten Welt wird auch die Lage der Politik immer vertrackter."
Österreich
Die Presse: "Maaßen-Beförderung bringt der AfD neue Wähler"
"Die SPD auf der Suche nach neuem Profil brauchte dringend einen symbolischen Erfolg für die notorisch unzufriedene Basis. Dem angeschlagenen CSU-Chef Horst Seehofer musste eine Demütigung vor den Landtagswahlen in Bayern erspart werden - und Merkel musste ihre Regierung zusammenhalten.
Ein Wegloben Maaßens in einen neuen, höher dotierten Job, wie es zur Debatte stand, sollte nun fast alle zufriedenstellen. Es ist über alle Maßen zynisch. So treibt man der AfD neue Wähler zu."
Schweiz
Neue Züricher Zeitung: "Koalition wendet weitere Regierungskrise ab"
"Dass der 55-jährige Jurist nun Staatssekretär im Bundesinnenministerium werden soll, wird man in Berlin als weichen Fall (und formalen Aufstieg) darstellen. In Wahrheit geht es darum, dass Ressortchef Seehofer wenige Wochen vor der bayrischen Landtagswahl sein Gesicht wahren kann; er hatte sich zuletzt als einziges Regierungsmitglied vor Maaßen gestellt. Die große Koalition wendet mit der Versetzung eine weitere Regierungskrise ab. Aber sie verliert an einem zentralen Posten einen der wenigen Spitzenbeamten mit Mut zur eigenen Haltung.
Schaut man sich die echten und vermeintlichen Fehlleistungen aus der Distanz an, muss man sagen: Der Mann hat in einer aufgepeitschten Situation ein unglückliches Statement abgegeben. Mehr nicht. Maaßen war einer der Ersten, die den politischen Betrieb vor den Folgen der unkontrollierten Masseneinwanderung gewarnt haben. Das bleibt sein Verdienst, auch wenn lange niemand auf ihn hören wollte, die Kanzlerin vorneweg."
Niederlande
De Telegraaf: "Merkel musste Blamage Seehofers vermeiden"
"Angela Merkel konnte Maaßen, der ihre Autorität als Bundeskanzlerin immer offener unterminierte, nicht einfach so wegschicken. Sie war von ihrem Gegenspieler in der Regierung, dem Innenminister Horst Seehofer, in die Enge getrieben worden. Der Ex-Ministerpräsident von Bayern widersetzte sich einer Entlassung Maaßens. Zugleich trat SPD-Parteichefin Andrea Nahles öffentlich für den Abgang des Spitzenbeamten ein. Das bedeutete eine Pattsituation zwischen diesen beiden Kampfhähnen. Wenn Merkel Seehofer gezwungen hätte, Maaßen zu entlassen, wäre das eine Blamage für ihn gewesen. Dann hätte die CSU möglicherweise die Regierungskoalition verlassen. Und das wenige Wochen vor den Landtagswahlen in Bayern, wo die Konservativen den heißen Atem der Grünen und der Alternative für Deutschland (AfD) spüren."
Italien
La Repubblica: "Merkels gewonnene Schlacht"
"Die Duellanten in Berlin sind immer die gleichen: Kanzlerin Merkel und der Bayer Seehofer. Der neue Streit hat sich dieses Mal am Chef des Geheimdienstes entzündet. Jetzt ist er versetzt worden. (...) Es ist eine Kompromisslösung, die für Diskussionen sorgt, sie hat aber Merkels Koalition nach der zweiten Regierungskrise in wenigen Monaten gerettet. Für die Kanzlerin ist es jedenfalls eine gewonnene Schlacht gegen ihren ewigen Gegenspieler, Innenminister Seehofer."
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