Die Ampelkoalition will das Grundgesetz ändern, um das Bundesverfassungsgericht vor dem Einfluss extremer Parteien zu schützen. Dafür braucht sie die Unionsparteien. Eine Einigung steht nun möglicherweise bevor.
Richterinnen und Richter können der Politik Steine in den Weg legen - und das kann gute Gründe haben. Sie sind in vielen Staaten in der Lage, politische Entscheidungen zu hinterfragen und aufzuhalten, wenn sie gegen die Verfassung verstoßen. Ganz im Sinne der Gewaltenteilung zwischen Parlament, Regierung und Gerichten.
Doch nicht nur in Polen hat die inzwischen abgewählte Regierung in den vergangenen Jahren versucht, die Justiz zu beeinflussen. Auch in anderen Staaten gibt es Angriffe auf die Unabhängigkeit der Justiz. Wäre das irgendwann auch in Deutschland möglich? Und muss die Politik das verhindern?
Um diese Fragen machen sich gerade auch Politikerinnen und Politiker in Berlin Gedanken. Es wird diskutiert, etwa Details zur Wahl und Amtszeit von Verfassungsrichtern nicht nur in einem Gesetz, sondern im Grundgesetz festzuschreiben. So könnte verhindert werden, dass Richter nach einem Regierungswechsel relativ einfach aus dem Amt entfernt werden könnten.
Änderung des Grundgesetzes wäre nötig
Grund für diese Überlegungen ist die Sorge vor dem wachsenden Einfluss extremer Parteien in Deutschland. Die Parteien der Ampelkoalition - SPD, Grüne und FDP - wollen deshalb Vorkehrungen treffen. Für Änderungen des Grundgesetzes ist aber eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat und im Bundestag nötig - die Union müsste also mitmachen.
Die Union hatte im Februar erste Gespräche mit der Erklärung beendet, sie sehe keinen zwingenden Bedarf für die von der Ampel-Koalition angestrebte Verfassungsänderung. Später zeigte sich der CDU-Vorsitzende Friedrich
Merz forderte Justizminister
Unionsfraktion: Bisher keine Einigung
Über den aktuellen Stand gab es dann am Mittwoch zunächst widersprüchliche Meldungen: Die "Rheinische Post" berichtete, die Bundesregierung und die Union hätten sich auf eine Grundgesetzänderung geeinigt. Die Neuregelung solle "dazu beitragen, Bestrebungen vorzubeugen, welche die Unabhängigkeit der Verfassungsgerichtsbarkeit infrage stellen wollen", zitiert die Zeitung aus einem zwölfseitigen Entwurf des Bundesjustizministeriums.
Demnach ist geplant, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes in die Artikel 93 und 94 des Grundgesetzes aufzunehmen. Grundgesetzlich festgeschrieben werden soll demnach die Unabhängigkeit des Gerichts, die Zahl von zwei Senaten, die Wahl von jeweils acht Richtern durch Bundestag und Bundesrat sowie deren Amtszeit von zwölf Jahren und die Altersgrenze von 68 Jahren.
Neu aufgenommen werden soll demnach der Passus: "Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden." Wie die Zeitung weiter aus dem Entwurf zitiert, sind diese Regelungen "damit künftig einer Änderung mit einfacher Mehrheit entzogen".
In trockenen Tüchern ist das Gesetz aber offenbar noch nicht. Aus der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag wurden der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Donnerstag entsprechende Gespräche bestätigt. Es gebe aber keine Einigung. "Weitere Gespräche sind nach Ostern geplant", hieß es. (fab/afp/dpa)
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