- Grünen-Kanzlerkandidatin
Annalena Baerbock hat für den Fall einer Regierungsübernahme Kurzstrecken- und Billigflügen den Kampf angesagt. - Für ihre Pläne erntet die Politikerin viel Kritik. Die Union weist ein mögliches Aus von Kurzstreckenflügen zurück.
- Der Luftverkehrsverband bezeichnet Baerbocks Aussagen zum Flugverkehr "unzutreffend".
Nach SPD-Kanzlerkandidat
Im Interview mit der "Bild am Sonntag" machte sie deutlich, dass sie perspektivisch für die Abschaffung von Kurzstreckenflügen ist. Auch Billigpreise wie 29 Euro für Mallorca-Flüge dürfe es nicht mehr geben, wenn man es mit der Klimapolitik ernst meine, sagte Baerbock der Zeitung: "Jeder kann Urlaub machen, wo er will. Aber eine klimagerechte Besteuerung von Flügen würde solche Dumpingpreise stoppen."
Kurzstreckenflüge sollte es perspektivisch nicht mehr geben
Die Grünen-Chefin nannte es nicht fair, wenn mit Steuergeld Kerosin subventioniert werde, während Fernfahrten mit der Bahn gerade zu Stoßzeiten teuer seien. "Wer als Familie mit dem Zug reist, sollte doch weniger zahlen als für die Kurzstrecke im Flugzeug", sagte sie und wirbt damit für eine "klimagerechte Besteuerung von Flügen". "Und ja, Kurzstreckenflüge sollte es perspektivisch nicht mehr geben."
Als
Tourismusbeauftragter Bareiß: Fliegen dürfe nicht "zum Luxus" werden
Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, mahnte dagegen, dass Klimaschutz nicht auf Kosten der Urlaubsplanung einkommensschwacher Familien gehen dürfe. "Ich finde, Reisen und Fliegen müssen auch in Zukunft für jeden Geldbeutel möglich sein und nicht zum Luxus von einigen wenigen werden. Klimaschutz und CO2-Reduktion müssen intelligent und durch neue Technologien erfolgen. Wer glaubt, Verbote und unverhältnismäßige Preiserhöhungen sind das richtige Mittel, ist auf dem Holzweg", sagte der CDU-Politiker in dieser Woche der Deutschen Presse-Agentur.
In seiner Rede beim Bundesparteitag der Liberalen betonte FDP-Generalsekretär Volker Wissing, dass der Klimaschutz für seine Partei als Wahrnehmung der Verantwortung für künftige Generationen bedeutsam sei. Die FDP setze auf technische Lösungen. Er nannte als Beispiel Verbrennungsmotoren, deren Verbot kein Sinn ergebe, wenn sie doch mit synthetischen Kraftstoffen klimaneutral betrieben werden könnten. Die Grünen plädieren für ein Ende des Verbrennungsmotors ab 2030. Gleichzeitig betonte Baerbock im Interview mit der "Bild am Sonntag", dass Autofahren weiter bezahlbar bleiben müsse. "Das heißt, Menschen, die jetzt kein Geld für ein neues E-Auto haben, werden wir unterstützen", sagte Baerbock.
Union weist Pläne von Baerbock zum Aus für Kurzstreckenflüge zurück
Die Union hat die Pläne der Grünen-Kanzlerkandidatin zurückgewiesen. "Es ist klar, dass der Flugverkehr seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten muss. Ein Verbot von Kurzstreckenflügen und massive Preiserhöhungen im Flugverkehr sind aber der falsche Ansatz", sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ulrich Lange (CSU), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Wichtig sei, dass die Flugreise auch weiterhin für jeden finanzierbar bleibe. "Deshalb verbieten sich unverhältnismäßige Preiserhöhungen. Es wäre unsozial, wenn der Flug in den Urlaub ein Privileg für Wohlhabende würde. Das ist mit der CDU/CSU nicht zu machen", erklärte der Verkehrspolitiker.
Intelligenter wäre es aus seiner Sicht, in mehreren Stufen die Dekarbonisierung des Luftverkehrs mit der Nutzung CO2-armer Treibstoffe voranzutreiben. Mit grünem Kerosin ließen sich große Mengen an CO2 einsparen, erklärte der CSU-Politiker.
Luftverkehrsverband nennt Baerbock-Aussagen zu Flügen "unzutreffend"
Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft hat mit Kritik auf die Ankündigungen Baerbocks reagiert. Die Grünen-Politikerin stelle Behauptungen auf, die "unzutreffend" seien und einem Faktencheck nicht standhielten, erklärte der Verband am Sonntag in einer dreiseitigen Stellungnahme.
Der Verband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft hält dagegen, dass eine zusätzliche Kerosinsteuer "keine Emissionen senken würde". Eine solche Steuer würde den "Luftverkehr zu Lasten deutscher Unternehmen und Arbeitsplätze zu Standorten am Bosporus und im Nahen Osten verlagern", heißt es in der Erklärung. Die aktuell geltende Luftverkehrsteuer sei "das geeignetere Bepreisungsinstrument".
Außerdem hätten sich Steuern und Abgaben auf den Luftverkehr "in den vergangenen Jahren ständig erhöht", ohne Dumpingpreise zu verhindern, argumentiert der Verband weiter. Die Bundesregierung müsse sich vielmehr für eine EU-Regulierung einsetzen, die Billigpreise verhindere. "Es sollte künftig EU-weit untersagt sein, Flugtickets zu einem Preis unterhalb der anwendbaren Steuern, Zuschläge, Entgelte und Gebühren zu verkaufen", heißt es in der Erklärung.
Auch am Vorschlag Baerbocks, Kurzstreckenflüge abzuschaffen, übte der Verband scharfe Kritik. Innerdeutsche Flüge seien "Teil einer internationalen Flugverbindung, bei der Reisende etwa von Hamburg über Frankfurt nach Bangkok fliegen", erklärte der Verband. Ein Verbot solcher Verbindungen würde nur dazu führen, dass solche Umsteigepassagiere für ihre Langstreckenverbindungen nicht mehr deutsche, sondern ausländische Luftverkehrsdrehkreuze nutzen würden, heißt es weiter. "Geflogen würde also trotzdem, nur nicht mit deutschen Fluggesellschaften und in vielen Fällen stattdessen sogar mit Umwegen." (jwo/dpa) © dpa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.