- Anhänger des rechtsradikalen brasilianischen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro haben am Sonntag das abgesperrte Kongressgelände in der Hauptstadt Brasilia gestürmt.
- Die Polizei setzte Tränengas ein, um hunderte Demonstranten zurückzudrängen.
- Sogar der Präsidentenpalast und das Oberste Gericht wurden gestürmt.
Eine Woche nach dem Ende der Amtszeit des früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro haben radikale Anhänger des rechten Ex-Militärs das Regierungsviertel in der Hauptstadt Brasília gestürmt. Sie drangen am Sonntag in den Kongress, den Obersten Gerichtshof und den Regierungssitz Palácio do Planalto ein, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Präsident
Die Demonstranten schlugen die Scheiben der Fassade des Kongressgebäudes ein und drangen in die Eingangshalle vor. Auf Videos war zu sehen, wie Menschen im Plenarsaal des Senats auf Tische und Bänke kletterten. Zuvor waren bereits Hunderte Demonstranten auf das Gelände des Parlaments vorgedrungen und auf das Dach des Gebäudes gelangt. Die Polizei setzte Pfefferspray und Blendgranaten ein, konnte die Unterstützer des früheren rechten Staatschefs Bolsonaro aber nicht aufhalten.
"Ich verurteile diese antidemokratischen Handlungen, die dringend mit der Härte des Gesetzes geahndet werden müssen", schrieb Senatspräsident Rodrigo Pacheco auf Twitter. "Ich habe mit dem Gouverneur des Bundesdistrikts, Ibaneis Rocha, telefoniert, mit dem ich in ständigem Kontakt stehe. Der Gouverneur teilte mir mit, dass der gesamte Polizeiapparat sich darauf konzentriert, die Situation unter Kontrolle zu bringen."
Die Szenen erinnerten an die Ausschreitungen am Sitz des US-Kapitol in Washington am 6. Januar 2021. Damals hatten Anhänger von Donald Trump das Kapitol gestürmt, in dem die Wahlniederlage des Republikaners gegen Joe Biden beglaubigt werden sollte. Die Menge drang gewaltsam in das Gebäude ein, fünf Menschen starben.
Auch Oberster Gerichtshof gestürmt
Nach dem Angriff auf den Kongress zogen Bolsonaro-Anhänger auch zum Obersten Gerichtshof. Sie hätten dort Scheiben eingeworfen und seien in die Lobby vorgedrungen, berichtete das Nachrichtenportal G1. Die Richter hatten während der Amtszeit von Bolsonaro den rechten Staatschef immer wieder in die Schranken gewiesen und werden von seinen Unterstützern deshalb verachtet.
Später zog die Menge auch zum Regierungssitz Palácio do Planalto. Männer mit Brasilienflaggen liefen durch Flure und Büros, wie im Fernsehsender TV Globo zu sehen war. Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva war zu diesem Zeitpunkt nicht in Brasília. Er war in die Stadt Araraquara im Bundesstaat São Paulo gereist, um sich über die Folgen der schweren Unwetter in der Region zu informieren.
Die Chefin der regierenden Arbeiterpartei (PT) erhob schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen in Brasília. "Die Regierung des Bundesbezirks war unverantwortlich angesichts der Invasion in Brasília und im Nationalkongress", schrieb Gleisi Hoffmann auf Twitter. "Das war ein angekündigtes Verbrechen gegen die Demokratie, gegen den Willen der Wähler und für andere Interessen. Der Gouverneur und sein Sicherheitsminister, ein Anhänger von Bolsonaro, sind für alles verantwortlich, was passiert."
Sicherheitschef entlassen
Der Sicherheitschef der Hauptstadt Brasília, Anderson Torres, wurde umgehend entlassen. "Ich habe die Entlassung des Sicherheitsministers des Bundesdistrikts beschlossen und gleichzeitig alle Sicherheitskräfte auf die Straße geschickt, um die Verantwortlichen festzunehmen und zu bestrafen", schrieb der Gouverneur des Bundesbezirks, Ibaneis Rocha, auf Twitter. "Ich bin in Brasília, um die Demonstrationen zu beobachten und alle Maßnahmen zu ergreifen, um die antidemokratischen Ausschreitungen im Regierungsviertel einzudämmen."
Der rechte Präsident Bolsonaro war im vergangenen Oktober dem Linkspolitiker Lula in der Stichwahl unterlegen und zum Jahreswechsel aus dem Amt geschieden. Ausdrücklich erkannte er seine Niederlage nie an. Radikale Anhänger des Ex-Militärs hatten bereits nach der Wahl immer wieder gegen Lulas Sieg protestiert und die Streitkräfte des Landes zu einem Militärputsch aufgerufen.
Entgegen den Gepflogenheiten hatte Bolsonaro nicht an der Amtseinführung seines Nachfolgers Lula am Neujahrstag teilgenommen und war mit seiner Familie in die USA geflogen.
Polizei hat Kontrolle wieder übernommen
Wenige Stunden nach der Erstürmung des brasilianischen Kongresses hat die Polizei wieder die Kontrolle über das Parlamentsgebäude übernommen. Die Einsätze zur Räumung des Präsidentenpalastes und des Obersten Gerichts dauerten am Sonntagabend (Ortszeit) an, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. (mss/dpa)
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