- Bund und Länder wollen Kindern ab zwölf Jahren ein Impfangebot machen.
- Risikogruppen sollen zudem schon ab September Booster-Impfungen erhalten.
Zum Corona-Schutz für den Schulstart nach den Sommerferien sollen Kinder und Jugendliche bundesweit zusätzliche Impfmöglichkeiten bekommen. Alle Länder wollen Impfungen für 12- bis 17-Jährige nun auch in den regionalen Impfzentren anbieten wie schon in Arztpraxen möglich. Das beschlossen die Gesundheitsminister am Montag einstimmig. Bundesminister
Der Vorsitzende der Länder-Gesundheitsminister,
ZULASSUNG FÜR KINDER: Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte bereits im Mai den Impfstoff von Biontech ab 12 Jahren zugelassen, vor wenigen Tagen folgte eine Freigabe für Moderna. In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) Impfungen von Kindern trotz politischen Drucks bisher aber nicht allgemein, sondern nur bei höherem Risiko für schwerere Corona-Verläufe etwa wegen Erkrankungen wie Diabetes - sie sind mit ärztlicher Beratung jedoch möglich. Ein solches Angebot zur individuellen Entscheidung von Eltern und Kindern stehe im Einklang mit den Empfehlungen der Stiko, sagte Spahn. Laut Ministerium wurden bereits 900 000 Kinder zwischen 12 und 17 geimpft.
DIE ERWARTUNGEN: Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, vielen Eltern, die unsicher seien, könne das Votum für ein breites Impfangebot an 12- bis 17-Jährige helfen. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel mahnte noch vor dem Beschluss, die Minister dürften die Stiko-Empfehlungen nicht übergehen. Jugendliche ohne gesundheitliche Vorbelastung bräuchten keine Impfung. Stiko-Chef Thomas Mertens sagte im NDR, es gebe zu wenige Daten zu möglichen Folgeschäden. Es könne sein, dass die Empfehlung geändert werde. "Aber sicher nicht, weil Politiker sich geäußert haben." Dem "Spiegel" sagte er mit Blick auf eine neue Empfehlung: "Ich hoffe, dass wir das in den nächsten zehn Tagen schaffen." Den Inhalt könne er aber nicht vorausnehmen.
DER SCHULSTART: In Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern begann die Schule am Montag wieder - mit Vorgaben zu Masken in Innenräumen und regelmäßigen Tests, Hamburg folgt am Donnerstag. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte einen "Schutzkokon": "Was noch geht, muss jetzt so schnell wie möglich umgesetzt werden", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe etwa mit Blick auf Lüftungskonzepte, Teststrategien und Luftfilter. Für Impfungen brauche es auch unkonventionelle Wege: "Zum Beispiel durch Impfteams an Schulen und Schulhöfen, für alle, die das wollen."
DIE FRISCHE DOSIS: Fachleute erwarten, dass eine Schutz-Auffrischung zuerst bei Menschen fällig werden dürfte, deren Immunsystem nicht so gut auf eine Impfung anspricht - etwa wegen Alters oder Erkrankungen. Und bei solchen Risikogruppen liegen die Impfungen seit Jahresbeginn schon am längsten zurück. Sie sollen daher nun ab September auch zuerst eine weitere Spritze angeboten bekommen, "in der Regel mindestens sechs Monate nach Abschluss der ersten Impfserie": über mobile Teams in Pflegeeinrichtungen und die behandelnden Ärzte für alte und pflegebedürftige Menschen zu Hause. Eingesetzt werden sollen die Mittel von Biontech und Moderna. Ein Auffrischungs-Angebot damit soll auch Menschen gemacht werden, die schon einmal vollständig mit den Mitteln von Astrazeneca oder Johnson & Johnson geimpft wurden.
DER WEITERE SCHUTZ: Auffrisch-Impfstoffe, die neue Virusvarianten wie Delta besser abdecken sollen, sind in Arbeit. Der Charité-Impfexperte Leif Sander erklärte kürzlich, es sei aber auch bei den verfügbaren Impfstoffen mit einem "sehr guten Schutz" und wahrscheinlich deutlich angehobener Immunantwort nach Auffrischung zu rechnen. Zunächst lässt Experten zufolge der Antikörper-Schutz auf den Schleimhäuten nach, weshalb Geimpfte nach einiger Zeit wieder mehr zur Virusverbreitung beitragen könnten. Der Schutz vor schweren Verläufen, gerade bei Gesunden, wird als länger anhaltend eingeschätzt.
DAS IMPF-TEMPO: Die Erstimpfungen büßen an Geschwindigkeit ein. Mittlerweile haben laut Robert Koch-Institut (RKI) 51,3 Millionen Menschen oder 61,7 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Dosis bekommen. "Allerdings ist Zahl der Erstimpfungen so niedrig wie zuletzt im Februar", schrieb Spahn auf Twitter. "Damals hatten wir nicht genug Impfstoff, das ist heute anders: bitte impfen lassen!" Voll geimpft sind 43,5 Millionen Bürger (52,3 Prozent der Einwohner). (br/dpa)
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