Das 75-jährige Bestehen des zunächst nur für die Bundesrepublik geltenden Grundgesetzes ist aus Sicht von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auch für die Menschen in Ostdeutschland ein Grund zum Feiern. Er würde nicht behaupten, dass sich die Menschen in der DDR 1989/90 nach dem Grundgesetz gesehnt hätten, sagte Steinmeier am Mittwoch in Berlin. "Aber mindestens haben sie sich gesehnt und gefordert, mit den gleichen Rechten ausgestattet zu werden, die die Westdeutschen schon einige Jahrzehnte hatten."

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Das sei damals für viele Menschen noch ein Traum gewesen. "Dass dieser Traum in Erfüllung gegangen ist, dass die Freiheiten des Grundgesetzes seit 1990 für alle Deutschen gelten, das ist wirklich ein Grund zum Feiern", betonte Steinmeier. Er stellte im Schloss Bellevue seinen Essay "Wir" vor, in dem er auch deutlich macht, welche Bedeutung das Einreißen der Mauer durch die Ostdeutschen vor 35 Jahren auch für die Westdeutschland hatte. "Die Friedliche Revolution war ein unverzichtbarer Teil, ja, ich denke, ein Höhepunkt unserer Demokratisierung."

Steinmeier beschreibt in seinem Buch ein Land, das nach zahlreichen Krisen wie der Corona-Pandemie, dem Krieg in der Ukraine, dem Nahost-Konflikt und hoher Inflation eine tiefe Verunsicherung erlebt, in dem sich Verzagtheit breit macht. Ein Land, das sich durch eine verschärfte gesellschaftliche Debatte in einer "Erregungsspirale" mit "Wutwellen der digitalen Medien" befindet.

Der Bundespräsident wirbt unter anderem für einen "Brückenschlag" zwischen Regierung und Opposition, so wie es ihn in den vergangenen Jahrzehnten bei wichtigen politischen Entscheidungen auch gegeben habe. Und er plädiert für eine Staatsreform, "die kein Steuergeld kostet, sondern vermeidbare Ausgaben einspart", indem es weniger Regeln gibt, die aber klarer angewendet werden.  © dpa

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