Die Pünktlichkeit sinkt und sinkt, der Schuldenstand steigt und steigt: Für den Bundesrechnungshof (BRH) steckt die Deutsche Bahn (DB) in einer chronischen Krise. "Der Konzern entwickelt sich zu einem Sanierungsfall, der das gesamte System Eisenbahn gefährdet", sagte BRH-Präsident Kay Scheller am Mittwoch bei der Vorlage eines Sonderberichts für den Bundestag. Der Alleineigentümer Bund müsse die DB "wirksam, umfassend und schnell umstrukturieren": Der Bund brauche die Kontrolle über das Schienennetz.
Die DB ist als integrierter Konzern organisiert - er ist sowohl für das Schienennetz als auch für die Verkehrsangebote auf der Schiene zuständig. Dieses System habe sich offensichtlich "nicht bewährt", sagte Scheller. Er forderte, Infrastruktur und Betrieb zu trennen. Welche Rechtsform dafür geeignet ist, das müsse der Bund nun prüfen.
Scharf kritisiert der Rechnungshof, dass sich die DB in "internationalen und bahnfremden Aktivitäten" verzettele. Diese Geschäfte "binden Management- und Finanzressourcen", auch seien diese Unternehmen in Teilen defizitär. Die Aktivitäten passten nicht zum Gewährleistungsauftrag aus dem Grundgesetz, nämlich Betrieb, Ausbau und Erhalt der Schiene in Deutschland. Scheller forderte den Verkauf dieses Geschäfts: "Engagements im außereuropäischen Ausland oder in anderen Sparten sind einzustellen." Was die Schiene nicht stärke, gehöre nicht in den Konzern.
Sorgen bereitet den Prüfern, dass die Verschuldung der DB trotz immer stärkerer finanzieller Unterstützung des Staates kontinuierlich weiter wächst. Seit 2016 sei die Verschuldung um zehn Milliarden Euro auf über 30 Milliarden Euro angestiegen, heißt es im Bericht. Das entspreche fünf Millionen Euro täglich. Der Staat zahle mittlerweile im Schnitt 16,6 Milliarden Euro jährlich an den Konzern - mehr als die Einnahmen aus Netzentgelten und dem Transport von Gütern und Fahrgästen. "Die DB entwickelt sich immer mehr zu einem Fass ohne Boden."
Für die Dauerkrise macht der Rechnungshof das Management der Bahn, aber auch den Bund verantwortlich. Die Politik habe ihre eisenbahnpolitischen Ziele "inhaltlich nicht klar definiert", heißt es im Bericht. Nötig sei ein Gesamtkonzept "mit nachvollziehbaren Zielen, validen Kostenermittlungen und einem realistischen und zugleich ambitionierten Zeitplan". Es müsse klar sein, was für eine Bahn und wieviel Bahn der Bund zu welchen Kosten haben wolle.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte der "Bild"-Zeitung: "Ich habe kurz nach meinem Amtsantritt eine Strategie vorgelegt, mit der wir die Bahn wieder auf Kurs bringen werden." Dazu gehöre ein "radikales" Konzept zur Sanierung des Netzes genauso wie die Umstrukturierung des Konzerns inklusive einer gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte.
Aktuell würden die Nebenstrecken auf Vordermann gebracht, sagte Wissing der Zeitung weiter. Dies sei Voraussetzung für die "Generalsanierung der am meisten belasteten Korridore". "Nur so bekommen wir in der gebotenen Eile wieder pünktlichere Züge." © AFP
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