Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag in Karlsruhe mit einer Verhandlung über die zwangsweise medizinische Behandlung von rechtlich betreuten Menschen begonnen. Es geht um die Frage, ob die Betroffenen unbedingt im Krankenhaus behandelt werden müssen oder ob das auch in ihrer Wohneinrichtung möglich sein soll. Der Bundesgerichtshof (BGH) legte dem Verfassungsgericht die Frage vor. (AZ. 1 BvL 1/24)
Es handle sich um einen der "grundrechtssensibelsten Bereiche des Erwachsenenschutzes", sagte Gerichtspräsident Stephan Harbarth in seiner Einführung zur Verhandlung. Einerseits müssten Betreute angemessen geschützt werden, andererseits dürfe nicht unverhältnismäßig in ihre Freiheitsrechte eingegriffen werden.
Rechtlich betreut werden Menschen, die wegen Krankheit oder Behinderung nicht alles selbst entscheiden können. Manchmal werden sie zwangsweise medizinisch behandelt, wenn sie die Notwendigkeit der Therapie nicht erkennen oder nicht danach handeln können und ihnen ein ernsthafter gesundheitlicher Schaden droht. Während solcher Zwangsmaßnahmen müssen sie zur Sicherheit in eine Klinik.
Dem BGH liegt der Fall einer 1963 geborenen Frau mit paranoider Schizophrenie vor, die seit dem Jahr 2008 in einer Einrichtung lebt. Ihr Betreuer beantragte, sie auch dort medikamentös zu behandeln und nicht im Krankenhaus, weil sie in der Klinik retraumatisiert würde. In der Vergangenheit habe sie teils fixiert werden müssen, um zur zwangsweisen Behandlung in die Klinik gebracht zu werden. Die zunächst zuständigen Gerichte stimmten dem Antrag des Betreuers aber nicht zu.
Die Frau wandte sich an den BGH. Dieser hält es für verfassungswidrig, dass eine Zwangsbehandlung ohne Ausnahme stationär im Krankenhaus stattfinden muss, auch wenn Menschen dadurch geschadet werden könnte und sie ebenso in ihrer Einrichtung behandelt werden könnten. Er setzte das Verfahren im November 2023 aus und fragte das Verfassungsgericht, ob das so ist.
Die ursprüngliche Regelung ist seit Januar 2023 zwar außer Kraft, die Neuregelung ist aber gleich. Ein Urteil soll am Dienstag in Karlsruhe noch nicht fallen. Es wird meistens einige Monate nach der mündlichen Verhandlung verkündet. © AFP
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