Jens Spahn hat mit seinen Zweifeln am UN-Migrationspakt offenbar einen Nerv getroffen. Jedenfalls lässt sich die Diskussion nicht so schnell eindämmen. Auch die Koalitionsspitzen befassen sich damit.
Der Migrationspakt der Vereinten Nationen sorgt weiter für hitzige Debatten in der Union. Mehrere CDU-Politiker stellten sich hinter die Forderung von Gesundheitsminister
Das Thema dürfte auch am Dienstagabend beim Treffen der Koalitionsspitzen eine Rolle spielen und ebenso bei der zweiten Regionalkonferenz zum künftigen CDU-Parteivorsitz im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein.
Spahn, der sich neben CDU-Generalsekretärin
Angesichts internationaler Widerstände forderte er in der "Bild am Sonntag", wie in der Unionsfraktion auch auf dem CDU-Parteitag offen über den Pakt zu diskutieren. "Alle Fragen der Bürger gehören auf den Tisch und beantwortet, sonst holt uns das politisch schnell ein. Notfalls unterzeichnen wir eben später", sagte Spahn.
Diskussion über Haltung zum Migrationspakt
Der Pakt, mit dem die Vereinten Nationen erstmals Grundsätze für den Umgang mit Migranten festlegen, soll bei einem Gipfeltreffen am 10. und 11. Dezember in Marokko angenommen werden.
Auch in der Sitzung des Koalitionsausschusses an diesem Dienstagabend soll nach Informationen aus Unionskreisen über die deutsche Haltung zum Migrationspakt gesprochen werden. Beschlüsse sind nach dpa-Informationen aber nicht zu erwarten.
Die konservative Werteunion stellte sich hinter den Gesundheitsminister. "Die Forderung von Herrn Spahn, den Beitritt Deutschlands zum Migrationspakt zu verschieben, trifft die mehrheitliche Stimmung in der Partei", sagte der Vorsitzende der Werteunion, Alexander Mitsch, der "Augsburger Allgemeinen" (Dienstag).
Seine Vereinigung werde einen entsprechenden Antrag auf dem CDU-Parteitag stellen. Mitsch warnte: "Sollte die Noch-Parteivorsitzende ihr Vorhaben dennoch unbeeindruckt durchziehen, riskiert sie eine tiefe Spaltung der Partei."
Thüringens CDU-Chef
Er bemängelte zugleich Aufklärung über das Abkommen. "Wenn Erklärung und Diskurs fehlen oder zu spät einsetzen, bleibt Raum für Unbehagen und ist Nährboden für das, was wir nun in den sozialen Netzwerken erleben."
Internationale Zusammenarbeit nötig
Die Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestages, Andrea Lindholz (CSU), kann die Verunsicherung ob des Paktes nachvollziehen. Zwar liege dessen Kernziel in deutschem Interesse.
Die vielen Zuschriften aus der Bevölkerung zeigten aber, dass großer Diskussionsbedarf bestehe, sagte Lindholz der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag).
Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Mathias Middelberg, sprach sich klar für den Pakt aus. "Migration ist ein internationales Phänomen, das wir nur mit internationaler Zusammenarbeit in den Griff bekommen können", sagte Middelberg der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag). Insofern diene das Vertragswerk "auch dem deutschen Interesse".
CDU-Bundesvize Thomas Strobl betonte in der "Bild" ebenfalls, Migrationsströme ließen sich nur dann bewältigen, wenn die Staatengemeinschaft kooperiere und gemeinsame Grundsätze anerkenne.
"Darum geht es! In dem Abkommen wird gerade nicht einer ungesteuerten und uferlosen Migration das Wort geredet."
Auch der CDU-Innenexperte Armin Schuster (CDU) betonte in der Zeitung, die nationale Souveränität werde durch den Pakt nicht tangiert.
"Wir haben drei gute Angebote"
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) rechnet nach eigenen Worten nicht damit, dass die Debatte über den UN-Migrationspakt die Union spalten könnte. "Da wird nix gespalten werden", sagte er am Montagabend am Rande einer Fraktionssitzung.
Gleichwohl dürfte das Thema auf den nächsten Regionalkonferenzen der CDU eine Rolle spielen, auf denen sich Kramp-Karrenbauer, Merz und Spahn vorstellen.
Die erste von acht Konferenzen fand vergangenen Donnerstag in Lübeck statt, die zweite steht an diesem Dienstag in Idar-Oberstein für die CDU-Mitglieder in Rheinland-Pfalz und im Saarland an. Die Saar-CDU hatte die frühere Ministerpräsidentin des Landes, Kramp-Karrenbauer, für den Parteivorsitz nominiert.
Parteivize Strobl mahnte am Montagabend, der Wettstreit müsse so geführt werden, dass man sich hinterher noch in die Augen schauen könne. "Eigentlich sind sie alle drei erste Wahl", sagte er über die drei maßgeblichen Kandidaten für den Parteivorsitz.
Aus Sicht von Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) ist das Rennen "total offen". "Den Kandidaten, der alles in sich vereint, haben wir nicht. Aber wir haben drei gute Angebote", sagte Braun im Fernsehsender Phoenix. © dpa
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