In Chile wurden zahlreiche Menschen zur Zeit der Pinochet-Militärdiktatur in der deutschen Kolonie Colonia Dignidad vergewaltigt, gefoltert und getötet. Die Opfer fordern Entschädigung.

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In Chile haben Menschen, die in der deutschen Kolonie Colonia Dignidad gefoltert und missbraucht wurden, einem Enteignungsplan der Regierung zugestimmt. Gleichzeitig verlangten die Opfer der in der Kolonie begangenen Grausamkeiten eine Entschädigung. In einem Brief an Chiles Präsident Gabriel Boric forderte die Vereinigung Adec, dass die Gelder aus der von der Regierung 2023 angekündigten Enteignung der Gelände-Eigentümer "direkt für die Entschädigung der Opfer" verwendet werden sollten.

"Es gibt ein Gesetz, das (...) Enteignungsprozesse ausdrücklich und ausgiebig regelt. Wir werden uns strikt an diese Regelung halten", sagte Justizminister Jaime Guajardo der Nachrichtenagentur AFP.

Colonia Dignidad: Deutsche Sekte zur Zeit der Pinochet-Diktatur in Chile

In der 1961 gegründeten sektenartigen Siedlung Colonia Dignidad wurden zur Zeit der chilenischen Militärdiktatur von Augusto Pinochet in den Jahren 1973 bis 1990 zahlreiche Menschen vergewaltigt, gefoltert und getötet.

Die Siedlung war von dem Deutschen Paul Schäfer gegründet worden, einem aus Deutschland geflohenen ehemaligen Wehrmachtsgefreiten. Schäfer wurde 2005 in Argentinien festgenommen, des sexuellen Missbrauchs von Kindern für schuldig befunden und starb 2010 im Gefängnis.

Aufnahme ca. 1960: Sektenführer Paul Schäfer (M) mit Kindern - eine Aufnahme aus dem ersten Teil der Doku "Colonia Dignidad - Aus dem Innern einer deutschen Sekte". © picture alliance/dpa/LOOKSfilm/WDR/SWR/Arte/LOOKSfilm

Opfer der Colonia Dignidad sollen Gerechtigkeit bekommen

Nach dem Ende der Diktatur löste die chilenische Regierung die Kolonie in den 1990er Jahren auf. Der nun erstellte Enteignungsplan zielt darauf ab, auf rund 117 der 4000 Hektar der ehemaligen Kolonie eine Gedenkstätte einzurichten. Das Haus, in dem Schäfer lebte, soll ein Teil davon werden.

Die Opfervertretung Adev unterstützt das Enteignungsprojekt der Regierung. Ihren Angaben zufolge handelt es sich um eine "notwendige Maßnahme", um den Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Bisher haben nur Opfer, die nach Deutschland ausgewandert sind, finanzielle Unterstützung von der deutschen Regierung erhalten. Bei ihrer Auflösung wurde die Colonia Dignidad in Villa Baviera umgetauft und in ein touristisches und landwirtschaftliches Zentrum umgewandelt. (afp/bearbeitet von nap)