- Gerade hat die EU zum ersten Mal seit mehr als drei Jahrzehnten wieder Sanktionen gegen China wegen Menschenrechtsverletzungen verhängt.
- Nun nehmen die diplomatischen Spannungen rasant zu. Auch aus Berlin kommt eine deutliche Reaktion.
Die diplomatischen Spannungen zwischen der Europäischen Union und China spitzen sich zu. Deutschland zitierte am Dienstag wegen der von China erlassenen Sanktionen gegen deutsche Politiker und Wissenschaftler den chinesischen Botschafter in Berlin ins Auswärtige Amt. Man habe auf ein Gespräch bestanden, weil man sehr deutlich machen wollte, "dass die Sanktionierung von Abgeordneten und Wissenschaftlern für uns absolut nicht nachvollziehbar ist", erklärte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) am Rande eines Nato-Treffens in Brüssel. Darüber hinaus bestellten sowohl China als auch andere EU-Staaten die Botschafter der jeweils anderen Seite ein.
Die EU hatte am Vortag zum ersten Mal seit mehr als drei Jahrzehnten wieder Sanktionen gegen China wegen Verletzungen der Menschenrechte verhängt. Sie richten sich gegen Verantwortliche für die Verfolgung der Uiguren in der Region Xinjiang in Nordwestchina. Als Reaktion kündigte die Regierung in Peking umgehend Gegensanktionen gegen europäische Politiker, Experten und Institutionen an.
In Deutschland betreffen sie den Grünen-Europaabgeordneten und China-Experten Reinhard Bütikofer, den CDU-Europaabgeordnete Michael Gahler sowie den Uiguren-Forscher Adrian Zenz und das renommierte Mercator-Institut für China-Studien (Merics).
Wegen der Sanktionen bestellte China zudem bereits am Montag den EU-Delegationschef in Peking ein. Wie das Ministerium mitteilte, sei Nicolas Chapuis der chinesische Protest übermittelt worden. Vizeaußenminister Qin Gang habe bei dem Gespräch darauf verwiesen, dass sich die Strafmaßnahmen auf "Lügen und Falschinformationen stützen".
Maas: "Peking sanktioniert die Demokratie"
Die Sanktionen widersprächen der Realität und Vernunft, wurde Qin Gang zitiert. Die Europäische Union sei nicht qualifiziert, sich als Menschenrechtslehrer aufzuspielen. China dränge die EU, die Ernsthaftigkeit dieses Fehlers anzuerkennen, ihn zu korrigieren und die Konfrontation zu beenden, "um den chinesisch-europäischen Beziehungen nicht mehr Schaden zuzufügen", hieß es weiter. Auch der britische Botschafter sei einbestellt worden. Neben der EU hatten Großbritannien, Kanada und die USA Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen gegen China verhängt.
CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen forderte eine entschiedene Reaktion der EU: "Wenn die EU, die mit eher symbolischen Sanktionen wegen der massiven Menschenrechtsverletzungen in China begonnen hat, nun zurückschreckt und nicht ihrerseits hart reagiert, wäre das eine maximale außenpolitische Selbstbeschädigung der EU", sagte Röttgen dem "Handelsblatt". Das Investitionsabkommen mit China könne unter den aktuellen Umständen nicht ratifiziert werden.
Vermögenswerte sollen eingefroren werden
Die EU-Sanktionen vom Montag sehen vor, dass sämtliche Vermögenswerte der betroffenen natürlichen oder juristischen Personen eingefroren werden. Außerdem dürfen ihnen kein Geld oder wirtschaftliche Ressourcen mehr zur Verfügung gestellt werden. Die Einreise in die EU ist ihnen nun ebenfalls verboten.
Zu den vier betroffenen Chinesen zählen dem aktuellen EU-Amtsblatt zufolge der Direktor des Büros für öffentliche Sicherheit von Xinjiang, Chen Mingguo, sowie Vertreter des Parteikomitees des Uigurischen Autonomen Gebiets Xinjiang. Zudem wurde das Büro für öffentliche Sicherheit als Institution in die EU-Sanktionsliste aufgenommen.
Alle Betroffenen sind nach Auffassung der EU für die massenhafte willkürliche Internierung und erniedrigende Behandlung von Uiguren und Angehörigen anderer muslimischer ethnischer Minderheiten sowie systematische Verstöße gegen die Religions- und Weltanschauungsfreiheit dieser Menschen verantwortlich. Die Menschenrechtsverletzungen seien im Zuge eines "großangelegten Überwachungs-, Internierungs- und Indoktrinationsprogramms" gegen muslimische ethnische Minderheiten erfolgt, heißt es im EU-Amtsblatt. (dpa/fra) © dpa
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