Nach der Drohung eines Dresdner Polizisten, gegen Demonstranten die Waffe einzusetzen, erhält der Beamte für sein Vorgehen Unterstützung seitens des Polizeipräsidenten und des sächsischen Ministerpräsidenten.

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Die Drohung eines Polizei-Einsatzleiters auf einer Demonstration am Sonntag in Dresden hat für Wirbel gesorgt. In einem Video, das in die sozialen Netzwerke gelangte, ist der Beamte mit den Worten "Schubs mich und du fängst Dir 'ne Kugel!" zu hören, gleichzeitig legt er seine Hand über seine Dienstwaffe.

Die Polizeidirektion Dresden bestätigte am Sonntagabend den Vorfall. Der Einsatzleiter habe seine Hand über seine Dienstwaffen gelegt, um deren mögliche Wegnahme zu verhindern.

Der Vorfall ereignete sich auf einer Demonstration gegen die europäische Flüchtlingspolitik. Sie war mit dem Motto überschrieben: "Evacuate them all", zu Deutsch: "Evakuiert sie alle!"

Nach Polizeiangaben wurde aus der Menge heraus ein Nebeltopf geworfen. Der Einsatzleiter wollte diesen im Alleingang als Beweismittel sichern.

In der Folge hätten ihn 25 bis 30 vermummte Demonstranten bedrängt, der Beamte habe dabei einen Stoß in Brusthöhe gespürt. Als er sich daraufhin von der Gruppe entfernen wollte, habe er die Hand über die Waffe gelegt.

Aufnahmen widersprechen Darstellung der Polizei

Polizeipräsident Jörg Kubiessa sprach von einer "hektischen, unübersichtlichen Situation". Das Sichern der Dienstwaffe in so einer angespannten Lage sei richtig und angemessen.

Allerdings widersprechen die Aufnahmen vom Ort des Geschehens und der fraglichen Szene der Darstellung Kubiessas, die auch Marian Wendt, in Torgau geborener Sachse mit Bundestagsmandat für die CDU, auf Twitter wiederholte. Wendt nannte den Einsatz des Polizisten in den sozialen Medien "mutig".

Er sei "auf eine gewaltbereite und vermummte Gruppe von Demonstranten" zugegangen, "um zu deeskalieren. Er ist klar unterlegen. Soll er zurückschrecken oder auch einmal Stärke zeigen und sich bei Bedrohung selber verteidigen?"

Tatsächlich belegt ein Bild, das der ZDF-Reporter Arndt Ginzel auf Twitter veröffentlichte und das aus der Perspektive der Demonstranten aufgenommen worden ist, dass sich hinter dem Polizisten kein einziger Demonstrant aufhielt. Wohlgemerkt in dem Moment, nachdem er mit einer "Kugel" gedroht hatte. In seinem Rücken drohte dem Polizisten also offensichtlich kein Ungemach.

Polizist entschuldigt sich: Habe nie schießen wollen

Kubiessa teilte mit, der Beamte bedaure den von ihm geäußerten Satz. Gleichzeitig habe er glaubhaft versichert, "dass die Anwendung der Schusswaffe oder auch nur deren Androhung nie eine Handlungsoption für ihn war." Der Polizeipräsident sieht keinen Anlass für disziplinarrechtliche Schritte.

Ein in Dresden ansässiger Rechtsanwalt, Hans-Georg Winkler, kritisierte auf Twitter die Pressemitteilung der Polizei und die Ankündigung, keine disziplinarrechtlichen Schritte gegen den Beamten einzuleiten. Winkler schrieb in seinem Tweet, die Pressemitteilung der Polizei strotze "nur so vor Verharmlosung und Unwahrheiten: Der Satz 'Du fängst dir gleich eine Kugel!' ist eine strafbare Bedrohung. Bei so einer Äußerung nicht einmal disziplinarische Schritte einzuleiten, ist unfassbar".

Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer äußerte sich zu dem Vorfall - und auch er nahm den Beamten in Schutz. "Man darf Aktion und Reaktion nicht verwechseln", sagte Kretschmer der Deutschen Presse-Agentur. Der Beamte sei umringt gewesen von Menschen, "die potenziell als Angreifer und Gewalttäter einzustufen sind".

Bei der Auswertung des Einsatzes sei festgestellt worden, dass er sich korrekt verhalten habe, als er die Hand auf die Waffe legte, damit sie ihm nicht weggenommen werden könne, wiederholte Kretschmer, was Kubiessa erklärt hatte.

Drohung in "furchtbarer, gewalttätiger" Situation

Auch unter Verweis auf eine Nebelbombe bei dem Einsatz sprach Kretschmer von einer "furchtbaren, gewalttätigen" Situation. "Den Satz, den er gesagt hat, den bedauert er heute." Das sei aus der Situation heraus geschehen, "das wird ihm auch kein zweites Mal passieren".

Die Beamten hätten es in vielerlei Hinsicht auch mit Menschen zu tun, "die sich nicht an Recht und Ordnung halten, Demonstrations- und Meinungsfreiheit nicht als solche nutzen", sondern immer Gewalt und Angriffe. "Dem treten wir entgegen." (AFP/dpa/hau)

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