Attacken gegen Einwanderer, Schimpf-Tiraden auf Spitzenpolitiker – Donald Trump beherrscht das mitunter schmutzige politische Spiel eindrucksvoll, wie Umfragen beweisen. Und es scheint, dass nicht einmal seine verbale Entgleisung gegen eine Fernsehmoderatorin ihm wirklich geschadet hat.
Donald Trump ist ein Phänomen. Mit Immobiliengeschäften reich und durch Fernsehformate wie die Reality-Show "The Apprentice" (zu deutsch: "Der Lehrling") berühmt geworden, hat sich der 69-Jährige mit seiner Kandidatur im Vorwahlkampf um die Präsidentschaft der USA endgültig ins Bewusstsein seiner Landsleute katapultiert. Und dort wird er auch noch eine ganze Weile verharren. Denn
Mit seinem Kommentar zu Megyn Kelly, Moderatorin des konservativen Fernsehsenders "Fox News", hat er sich jetzt aber womöglich zuviel geleistet. Weil Kelly ihm in vor laufender Kamera unangenehme Fragen gestellt hatte, beklagte sich Trump im Nachhinein mit den Worten: "Man kann sehen, dass Blut aus ihren Augen herauskam, dass Blut wo auch immer aus ihr herauskam."
Twitter reagierte auf den sexistischen Satz mit Häme. Unter dem Hashtag #periodsarenotaninsult (zu deutsch: "Menstruation ist keine Beleidigung") verschafften sich nicht nur Feministinnen Luft. Auch Parteifreunde distanzierten sich von Donald Trump.
"Trump spricht aus, was viele denken"
Obgleich viele ihm seinen Ausfall übel nehmen: Bei vielen konservativen Wählern liegt der Amerikaner, dessen Großeltern väterlicherseits aus der Pfalz stammen, weiter vorne. Laut einer aktuellen Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters und des Marktforschungsunternehmens Ipsos kann Trump bei den im Januar beginnenden Vorwahlen mit 24 Prozent der Stimmen rechnen. Sein stärkster Rivale, Jeb Bush, Bruder und Sohn der beiden vormaligen Präsidenten aus dem Bush-Clan, hat nur zwölf Prozent der republikanischen Wähler hinter sich – vor kurzem waren es noch 17 Prozent.
Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik bewertet Trumps verpatzten Fernsehauftritt als "dumm". Doch der Amerika-Kenner warnt davor, den Republikaner zu unterschätzen. "Ich denke nicht, dass Donald Trump der Idiot ist, für den ihn viele halten", sagt Braml. "Ich denke vielmehr, dass er das Meiste aus Berechnung tut." Und dazu gehört laut Braml vor allem eine Strategie. "Trump nutzt die Stimmung im harten Kern der republikanischen Basis. Er spricht aus, was sich viele nur zu denken trauen."
Zu dieser Stimmung gehört, dass Latinos als Ursache für negative Zustände in der Gesellschaft herhalten müssen. In seiner Antrittsrede im Mai sagte Trump über Einwanderer aus Mexiko: "Sie bringen Drogen, sie bringen Kriminalität, sie sind Vergewaltiger. Und einige, nehme ich an, sind auch nette Leute". Für seine rassistischen Äußerungen hat sich der Milliardär nie entschuldigt. Und selbst wenn: Es würde ihm auch wahltaktisch nichts nützen. Lateinamerikaner wählen traditionell mehrheitlich Demokraten. Obama hat beide seiner Wahlsiege den Latinos zu verdanken. Außerdem trifft Trumps Haltung einen Nerv in der Basis der republikanischen Partei: Rassistische Verbalausfälle kommen dort immer wieder vor, krasse Ansichten zu Einwanderern werden als harte Politik verkauft.
Schlechte Aussichten für die Republikaner
Jeb Bush dagegen ist in Einwanderungsfragen eher liberal aufgestellt. Was kaum verwundert, immerhin ist seine Frau Columba in Mexiko geboren. Bush spricht sogar fließend Spanisch. Als republikanischer Präsidentschaftskandidat könnte er sich deshalb die Unterstützung von Wählern mit lateinamerikanischen Wurzeln sichern. Ob er überhaupt so weit kommt, ist momentan jedoch fraglich. "Im Vorwahlkampf geht es darum, die Hardliner unter den Republikanern für sich zu gewinnen", erklärt Braml.
Donald Trump 2016 als republikanischen Präsidentschaftskandidaten ins Rennen zu schicken, birgt nach dessen Attacke auf Kelly allerdings mehr denn je die Gefahr, dass die Partei für die Mehrheit der Amerikaner unwählbar wird. Sollte Trump die Vorwahlen verlieren, ist der Schaden für die Konservativen aber noch nicht abgewendet, im Gegenteil. "Es kann auch sein, dass Trump dann als unabhängiger Kandidat antritt und seine Unterstützer mitnimmt", sagt Braml. "Das würde die Republikaner weiterhin schwächen, weil dann Wählerstimmen verloren gingen."
Wie wahrscheinlich ein solches Szenario ist, lässt sich kaum vorhersagen. Sicher ist nur, dass es für Trumps Beliebtheit keine große Rolle spielt, für welche politischen Inhalte er tatsächlich steht. Braml zufolge liegt das an der derzeitigen "rationalen Ignoranz", die sich aus einer guten Portion Verdrossenheit speist. "Viele Amerikaner müssen zusehen, dass sie im Alltag über die Runden kommen. Sie haben keine Zeit, sich gründlich mit Politik zu beschäftigen. Das weiß auch Donald Trump."
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