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Ex-FBI-Chef James Comey hat sich zu keiner Zeit von Präsident Donald Trump dazu gedrängt gefühlt, die Ermittlungen in der Russland-Affäre zu stoppen. Im Fall Flynn sieht das offenbar anders aus. Gleichzeitig wirft er der US-Regierung Lügen vor.

Der von Donald Trump gefeuerte James Comey erhebt Vorwürfe gegen den US-Präsidenten und die Regierung. Demnach fühlt sich der Ex-FBI-Chef persönlich diffamiert.

James Comey wirft US-Regierung Lügen vor

In einem Statement vor dem Geheimdienst-Ausschuss des Senats sagte Comey, er sei von den verschiedenen Begründungen für seine Entlassung "irritiert" gewesen.

Dabei habe ihm Trump zuvor immer wieder gesagt, was für einen tollen Job er mache. Am Ende hieß es dann aber, er sei gefeuert worden, weil er das FBI schlecht geführt habe.

"Die Regierung hat sich dazu entschieden, mich zu diffamieren. Und wichtiger noch, das FBI. Dies waren Lügen, schlicht und einfach (...)", sagte Comey auf eine Frage des Ausschussvorsitzenden Richard Burr (Republikaner).

Das FBI nahm Comey in Schutz: "Ich will, dass die Amerikaner diese Wahrheit hören: Das FBI ist ehrlich. Das FBI ist stark. Und das FBI ist unabhängig."

Was steckte hinter der Entlassung?

In Wahrheit hätten andere Motive für seine Entlassung eine Rolle gespielt, offenbar auch die Russland-Affäre.

"Es hat mich verwirrt, als ich im Fernsehen gesehen habe, dass der Präsident sagte, er habe mich eigentlich wegen der Russland-Ermittlung gefeuert."

Trump hatte für den Rauswurf zunächst verschiedene Gründe angegeben und dann später in einem Interview gesagt, er habe "diese Russland-Sache" im Kopf gehabt.

Comey hält diese Begründung auch für wahrscheinlich. Auf die Frage, ob er glaube, dass die FBI-Ermittlung eine Rolle gespielt habe, sagte Comey: "Ja, denn ich habe gehört, wie der Präsident das gesagt hat."

Er wisse es nicht sicher, nehme Trump aber beim Wort.

Comey: "Aufgefordert von Flynn abzulassen"

In der Befragung sagte Comey weiter, dass er zu keinem Zeitpunkt von Trump dazu gedrängt worden sei, die Ermittlungen in der Russland-Affäre zu stoppen.

Zugleich hat sich Comey dazu gedrängt gefühlt, die Ermittlungen gegen Trumps Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn fallenzulassen. "Ich habe das als Weisung genommen", sagte er.

Trump hatte nach Comeys Aufzeichnungen wörtlich gesagt: "Ich hoffe, Sie sehen einen Weg, das fallen zu lassen, von Flynn abzulassen."

In Trumps republikanischer Partei herrschen Zweifel, dass der Ausdruck einer Hoffnung juristisch eine klare Anweisung sein kann.

Demokraten sehen in der Formulierung dagegen den Vorwurf bestätigt, Trump habe sich der Einflussnahme auf die Justiz schuldig gemacht. "Mein Eindruck war, er wollte etwas von mir dafür, dass ich meinen Job behalten kann", sagte Comey.

Comey hat Memos von Gesprächen angefertigt

Comey erklärte weiter, er habe von fast allen seiner neun Begegnungen mit Trump - teilweise am Telefon, teilweise persönlich - unmittelbar Gesprächsnotizen angelegt.

Er begründete das wie folgt: "Ich hatte den Eindruck, es könnte sein, dass ich die Aufzeichnungen brauchen werde, nicht nur um mich selbst zu verteidigen, sondern auch das FBI", sagte Comey.

Er habe die Befürchtung gehabt, dass Trump später nicht die Wahrheit über den Inhalt der Unterredungen sagen würde.

Comey gab zu, dass er selbst Informationen über ein Gespräch mit Trump über einen Freund an die Medien geleitet hatte, um so die Einsetzung eines Sonderermittlers zu erreichen.

Ein Reporter der "New York Times" hatte am 17. Mai über dieses Memo berichtet. Comey hatte darin notiert, dass Trump ihm um die Einstellung der Ermittlung gegen den früheren nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn gebeten habe.

Auch Trump soll laut seinem Tweet von den Gesprächen Aufzeichnungen gemacht haben. Dazu sagte Comey: "Ich habe den Tweet über die Aufzeichnungen gesehen. Herrgott, ich hoffe, es gibt Aufzeichnungen."

Comey: Mögliche Justizbehinderung muss Sonderermittler klären

Auf die Frage, ob Trump versucht hat, die Justiz zu behindern, wich Comey aus. Es sei nicht an ihm, das zu beurteilen. Diese Frage müsse der FBI-Sonderermittler Robert Mueller klären.

Der frühere FBI-Chef betonte, er habe keinerlei Zweifel, dass Russland die Computer von US-Regierungsorganisationen und regierungsnahen Einrichtungen gehackt habe, um Einfluss auf die Wahlen 2016 zu nehmen.

Zum ersten Mal sei er im Sommer 2015 auf mutmaßlich russische Hackingversuche aufmerksam geworden. Die ersten Daten seien zwischen dem Jahresende 2015 und dem Beginn von 2016 gestohlen worden, fügte er hinzu.

Russische Einflussnahme auf politische Vorgänge in den USA ist ihm zufolge keine Eintagsfliege.

"Sie werden zurückkommen", sagte er. Es handele sich um eine groß angelegte, strategische Operation. Diese habe zur Wahl 2016 leicht Fahrt aufgenommen. Sie bleibe jedoch nicht auf eine mögliche Beeinflussung der Wahl 2016 beschränkt.

Comey äußerte sich in diesem Zusammenhang auch zum russischen Botschafter Sergej Kisljak, der sich mit mehreren Beratern Trumps getroffen hatte und in der Russland-Affäre eine Schlüsselrolle hat. Er halte diesen nicht für einen Spion, sagte Comey.

Aber die russische Botschaft beschäftige eine Gruppe von Geheimdienstmitarbeitern, derer sich Kisljak bewusst sei.

Anhörung wird zum öffentlichen Event

Die Anhörung vor dem Senatsausschuss, normalerweise eine trockene Angelegenheit, die fast ausschließlich von Fachleuten verfolgt wird, wurde für das politische Washington schon im Vorfeld zum öffentlichen Event.

Kommentatoren verglichen die Aufmerksamkeit scherzhaft mit dem Superbowl, dem Endspiel der American-Football-Profiliga. Bars in der Stadt öffneten früh am Vormittag und boten Motto-Partys mit Public-Viewing-Events an.

Der 56-Jährige, den Senatoren beider Parteien am Donnerstag erneut als hochgradig integren Menschen und ausgezeichneten Strafverfolger bezeichneten, hatte bereits am Tag zuvor im Vorgriff auf die Anhörung ein schriftliches Statement veröffentlicht.

Daraus wurde schon deutlich, dass Trump auch explizit Loyalität von Comey verlangte. Dies ist unüblich, da die Bundespolizei als unabhängige Behörde angesehen wird, die im Zweifel auch gegen die Regierung ermitteln muss.

(cai/dpa/mh)

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