US-Präsident Donald Trump mischt sich bei seinem Staatsbesuch in Großbritannien gehörig in die Innenpolitik der Gastgeber ein. Nicht nur, dass er in Sachen Brexit einen noch härteren Kurs verlangt, er wirbt auch klar für potenzielle Nachfolger der scheidenden Theresa May - alles eigentlich klare Widersprüche gegen das gängige diplomatische Verhalten.
Bei seinem Staatsbesuch in Großbritannien hat US-Präsident
Ringen um May-Nachfolge
Großbritannien soll eigentlich bis zum 31. Oktober aus der EU ausscheiden. Das von
Um Mays Nachfolge gibt es heftige politische Kämpfe. Und eine Lösung in der Brexit-Frage ist nicht in Sicht. Bleibt es bei der Blockade im Parlament, droht ein abruptes Ende der britischen EU-Mitgliedschaft mit dramatischen Folgen.
May warb am Dienstag erneut für einen geordneten Austritt. Es liege ein guter Deal auf dem Tisch. Einer der aussichtsreichsten Kandidaten für ihre Nachfolge, der umstrittene Brexit-Hardliner
Trump für schnellen Brexit
Trump sprach sich in London für einen raschen Austritt Großbritanniens aus der EU aus. "Ich denke, es wäre sehr gut für das Land", sagte er. "Das ist ein großartiges, großartiges Land und es will seine eigene Identität und es will seine eigenen Grenzen."
Er lockte mit einem großen Handelsdeal in der Post-Brexit-Ära und sagte, es gebe hier riesiges Potenzial. Der gemeinsame Handel könne auf das Zwei- oder Dreifache des jetzigen Umfangs ausgeweitet werden. "Alles wird auf den Tisch kommen", versprach Trump und schloss ausdrücklich das Nationale Gesundheitssystem der Briten, den National Health Service (NHS), mit ein. Er schürte damit Sorgen, dass Washington und London nach einem Brexit ohne Abkommen auf eine Deregulierung in vielen Bereichen hinarbeiten könnten.
Offizielle Verhandlungen über ein Handelsabkommen können aber erst beginnen, wenn Großbritannien die EU wirklich verlässt. Auch ein Verbleib in der Zollunion wäre für solche Pläne hinderlich.
Trump hat sich in den vergangenen Monaten und Tagen immer wieder heftig in die Debatte eingemischt und das Verhältnis zu May dadurch erschüttert. Der US-Präsident hatte die britische Premierministerin mehrfach öffentlich bloßgestellt: In Interviews kritisierte er ihren Kurs in der Brexit-Debatte, riet zu einem Brexit ohne Deal mit der EU, warf May quasi Unfähigkeit und Beratungsresistenz vor und pries stattdessen ihren Dauerrivalen Johnson als formidablen Nachfolger.
Weitere Treffen
Während seines Aufenthaltes in London telefonierte Trump am Dienstag mit Johnson. Er traf sich am selben Tag auch mit dem Chef der neuen Brexit-Partei, Nigel Farage, von dem Trump seit langem ebenso schwärmt wie von Johnson. Mit Umweltminister Michael Gove und Außenminister Jeremy Hunt soll er ebenfalls kurzfristig Gespräche vereinbart haben. Sie haben wie Johnson Ambitionen auf die May-Nachfolge angemeldet. Ein Treffen mit Oppositionsführer Jeremy Corbyn, der am Dienstag bei Anti-Trump-Protesten auftrat, lehnte der US-Präsident dagegen ab. Er nannte Corbyn eine "negative Kraft".
Dass sich der US-Präsident derart in die Innenpolitik eines anderen Landes einmischt und einen Staatsbesuch dazu nutzt, um im Hintergrund Strippen zu ziehen, ist eigentlich ein Tabu - und eine Provokation.
May ließ sich bei dem gemeinsamen Auftritt mit Trump - vermutlich ihrem letzten - jedoch nicht zu einer Gegenattacke hinreißen. Sie sprach zwar von einigen inhaltlichen Differenzen mit Trump, etwa beim Thema Klimaschutz oder dem Umgang mit dem Iran. Insgesamt lobte sie die Beziehungen beider Länder aber in den höchsten Tönen, sprach von einer "kostbaren und tiefgreifenden Freundschaft".
Trump lobt May
Auch Trump gab sich bei der Pressekonferenz mit der Premierministerin zumindest nach außen hin fast zahm. Er lobte plötzlich Mays Verhandlungsführung, schwärmte, sie habe in Sachen Brexit gute Arbeit gemacht und verdiene viel Anerkennung. Er habe es sehr genossen, mit ihr zusammenzuarbeiten. "Sie ist wahrscheinlich eine bessere Verhandlungsführerin als ich." Und zu den britisch-amerikanischen Beziehungen sagte er: "Es ist das bedeutendste Bündnis, das die Welt je gesehen hat."
Unweit des britischen Regierungssitzes demonstrierten am Dienstag mehrere Tausend Menschen gegen Trump und dessen Politik. Millionen Briten hatten sich vorab per Petition gegen einen Staatsbesuch des US-Präsidenten ausgesprochen. Die Proteste fielen aber deutlich kleiner aus als erwartet. Trump sagte, er habe so gut wie keine Proteste gesehen. Die Berichte darüber seien nichts als "fake news" - lügnerische Berichterstattung. Er habe bei seinem Besuch dagegen viel Euphorie und Liebe für die USA erfahren. (mss/dpa)
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