Amerika verdaut gerade noch die erste öffentliche Impeachment-Anhörung, da steht die nächste schon ins Haus. Die Demokraten sehen sich durch Zeugenaussagen bestätigt in ihrem riskanten Unterfangen. US-Präsident Trump beklagt es bitterlich.
Die Demokraten im US-Repräsentantenhaus sehen Vorwürfe gegen Präsident
"Verrat, Bestechung oder andere schwere Verbrechen"
Am Mittwoch hatten zwei hochrangige Diplomaten im Kongress Frage und Antwort gestanden - die stundenlange Sitzung wurde live übertragen. Trump kritisierte das scharf. Für Freitag ist die öffentliche Befragung der früheren US-Botschafterin in Kiew, Marie Yovanovitch, geplant.
Die Demokraten treiben Ermittlungen für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Trump voran. Die Verfassung der USA nennt als Gründe für ein sogenanntes Impeachment-Verfahren "Verrat, Bestechung oder andere schwere Verbrechen und Vergehen".
400 Millionen Dollar als Druckmittel
Die Demokraten werfen Trump vor, seine Macht missbraucht zu haben, damit sich die ukrainische Regierung zu seinen Gunsten in den US-Wahlkampf einmischt. Es besteht der Verdacht, dass Trump Militärhilfe an das Land in Höhe von rund 400 Millionen US-Dollar als Druckmittel einsetzte. Pelosi sprach nun zwar explizit von "Bestechung", betonte aber zugleich, dass die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens noch nicht entschieden sei.
Im Zentrum der Ukraine-Affäre steht ein Telefonat Trumps mit seinem ukrainischen Kollegen
Trump wirft Biden vor, in seiner früheren Funktion als US-Vizepräsident Anstrengungen unternommen zu haben, um seinen Sohn vor der ukrainischen Justiz zu schützen. Hunter Biden war bei einem Gaskonzern in der Ukraine beschäftigt. Joe Biden hat gute Chancen auf die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten bei der Wahl nächstes Jahr. Trump will für die Republikaner zur Wiederwahl antreten.
Trump bezeichnet das alles als "Scherz"
Trump sagte am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Washington, die Untersuchungen der Demokraten seien nichts als eine "Hexenjagd" und ein "Scherz". Die Zeugen präsentierten nur Informationen aus dritter Hand. Trump wies auch neue belastende Angaben aus der Zeugenbefragung zurück und nannte diese unzutreffend.
Bei den Impeachment-Ermittlungen hatten in den vergangenen Wochen mehrere hochrangige Regierungsmitarbeiter hinter verschlossenen Türen ausgesagt. Vor laufenden Kameras sagten am Mittwoch der geschäftsführende US-Botschafter in der Ukraine, William Taylor, und der Diplomat George Kent aus. Beide waren zuvor in nicht-öffentlichen Sitzungen gehört worden. Beobachter sprachen von einem "historischen" Ereignis.
Belastende Angaben des Diplomaten
Der langjährige Karrierediplomat Taylor gilt als wichtiger Zeuge der Demokraten. Im Oktober hatte er bereits angegeben, dass Trump die vom Kongress beschlossene Militärhilfe an die Ukraine gezielt zurückgehalten habe, um Biden zu schaden. Er glaube nach wie vor, dass es "verrückt" sei, Militärhilfe zurückzuhalten, um "Hilfe bei einer innenpolitischen Kampagne in den Vereinigten Staaten" zu bekommen, sagte Taylor am Mittwoch.
Außerdem machte er neue - für Trump belastende - Angaben. Taylor sagte, Trump habe sich seines Wissens nach am 26. Juli - einen Tag nach dem Telefonat mit Selenskyj - persönlich bei dem US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, nach Ermittlungen in der Ukraine erkundigt. "Meine Mitarbeiter konnten Präsident Trump am Telefon hören, wie er Botschafter Sondland nach "den Ermittlungen" fragte", sagte Taylor. Ein Mitarbeiter habe ihn darüber erst vergangene Woche informiert. Im Anschluss an das mitgehörte Gespräch hätten seine Mitarbeiter den Botschafter damals gefragt, was Trump über die Ukraine denke. "Botschafter Sondland antwortete, dass Präsident Trump die Ermittlungen gegen Biden mehr kümmern."
Wie fest ist der Zusammenhalt der Republikaner?
Trump wies diese Darstellung zurück: "Ich weiß nichts davon." Er erinnere sich nicht an eine solche Unterhaltung, "nicht mal ein bisschen". Trump versicherte erneut, er habe nichts Unrechtes getan.
Die Demokraten wollen, dass sich die Amerikaner bei den öffentlichen Anhörungen ihr eigenes Bild von den Zeugen und ihren Schilderungen machen können. Sie verfolgen ein riskantes Unterfangen: Die Erfolgsaussichten für ein Amtsenthebungsverfahren sind gering. Mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus könnten die Demokraten das Verfahren zwar eröffnen - entschieden werden würde es aber im Senat, wo Trumps Republikaner die Mehrheit haben. Und die halten derzeit geschlossen zu Trump.
Bislang wurde noch nie ein US-Präsident des Amtes enthoben. Einem Amtsenthebungsverfahren hatte sich zuletzt der Demokrat Bill Clinton 1999 stellen müssen - wegen einer Lüge über seine Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky. (best/dpa)
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