Die FDP will auf ihrem Parteitag wieder liberaler werden und baut ihr Logo um. Doch die Partei kämpft noch immer mit den Folgen der Bundestagswahl 2013: In Umfragen kommt sie kaum über zwei Prozent hinaus – ein echter Neustart bleibt auch bei den Themen aus.
Magenta soll es also richten bei der FDP. Die knallige Farbe der Telekom wird alsbald ihren Weg finden ins Logo der Partei. Wärmer möchten die Liberalen dadurch wirken, sich von der "alten" FDP verabschieden. Ganz im Sinne des Mottos "Chancen ermöglichen", das sich die Partei für ihr traditionelles Dreikönigstreffen gegeben hat. "Wir wollen die Dosis unseres liberalen Auftretens erhöhen", sagte Parteichef Christian Lindner zum Auftakt des Treffens.
Die Zeichen stehen damit zumindest vordergründig auf Wandel bei der FDP – und den hätte sie auch bitter nötig. Denn bei der Bundestagswahl 2013 warten die Liberalen erstmals seit 1949 an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert: 4,8 Prozenten reichten nicht, um ins Parlament zu kommen. Die FDP stand vor einem Scherbenhaufen, Parteichef Philipp Rösler warf hin. Seitdem regiert in Berlin wieder die große Koalition aus Union und SPD. Die Opposition ist auf ein Häufchen Grüne und Linke geschrumpft, die nur noch ein Fünftel der Sitze im Bundestag besetzen.
Und die Liberalen? Raus aus dem Bundestag und abgewählt aus allen Landesregierungen, sitzen sie nur noch in sechs Landtagen. Bei bundesweiten Umfragen dümpelt die Partei bei zwei Prozent. Über all dem schwebt schnell die Frage: Wer braucht eigentlich noch die FDP?
Die Medien ließen in den vergangenen Jahren keinen Zweifel: FDP-Bashing war in Mode wie selten zuvor. Auf der anderen Seite beklagen Politologen, für die deutsche Parteilandschaft sei auch eine liberale Stimme wichtig. Denn Demokratie lebe von Pluralismus, vom Neben- und Miteinander vieler verschiedener Meinungen. Und dazu gehörten auch die Ansichten der FDP. Man muss diesen Ansichten nicht zustimmen. Schaden würden sie der zahnlosen Opposition im Bundestag aber wohl auch nicht.
Liberale Positionen wieder mehr betonen
Wer die FDP allerdings am meisten braucht, ist die FDP selbst – und ihr Vorsitzender
Die FDP hat im vergangenen Jahr viel getan, um zu einem neuen Profil zu finden. Rund 15.000 Mitglieder seien zu den insgesamt 250 Regionalkonferenzen und Mitgliedertreffen gekommen. "Einen solchen Diskussionsprozess hat es in der FDP bisher noch nicht gegeben", betonte Lindner beim Königstreffens. Am Ende standen wieder die liberalen Kernthemen: Marktwirtschaft, Bürgerrechte und Bildung.
Doch genau deshalb werfen Kritiker der FDP Stillstand vor. Zwar haben sich einige Ex-Minister und Parteigrößen von der Politik verabschiedet. Philipp Rösler etwa ist Geschäftsführer und Vorstandsmitglied des Weltwirtschaftsforums in der Schweiz, Guido Westerwelle kümmert sich um seine gleichnamige Stiftung und Daniel Bahr arbeitet für den privaten Krankenversicherer Allianz.
Doch die Themen bleiben alt. So zählt etwa der Ruf nach staatlicher Zurückhaltung zu den ureigenen Prinzipien der Liberalen. Die Positionen stehen damit für vieles, aber kaum für einen Neustart, kaum für einen Bruch mit der Vergangenheit und dem Misserfolg der Bundestagswahl. Oder den Landtagswahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen, bei denen die FDP im Herbst 2014 aus dem Landtag flog.
FDP will "liberale Dosierung deutlich erhöhen"
Glaubt man Christian Lindner, dann ist das alles so gewollt. "Wir wollen den Liberalismus nicht verwässern", sagte der 35-Jährige dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Und wie das aussehen soll, legte er im Interview auch dar: Nein zum Solidaritätszuschlag, ja zum Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und Europa als Zukunft.
Wer aber hört den liberalen Forderungen überhaupt zu? Zumindest viele Mittelständler bleiben der FDP offenbar treu. 1,6 Millionen Euro an Spenden habe die Partei 2014 eingenommen, sagte Schatzmeister Hermann Otto Solms dem "Handelsblatt". Das sei das zweitbeste Spendenergebnis der FDP-Geschichte in einem Zwischenwahljahr.
Anders könnte es jedoch in der breiten Bevölkerung aussehen: Die deutsche Wirtschaft dürfte auch 2015 wachsen, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um mehr als ein Prozent zulegen – der Wunsch nach wirtschaftlichen Veränderungen damit eher verhallen als anschwellen. Der FDP fehlt zudem der Bundestag als Bühne. Selbst wenn sich in der Partei etwas ändert, bekommen es viele Menschen einfach nicht mit.
Lindner ficht das nicht an. Doch der Vorsitzende schielt auf die Bürgerschaftswahl in Hamburg im Februar. Er hofft dort auf ein Comeback, das anschließend auf ganz Deutschland überspringt. Laut Umfragen aber sieht es in der Hansestadt derzeit nicht besser aus als im Bund: die FDP käme auf kaum mehr als zwei Prozent. Und das, obwohl in Hamburg schon seit Wochen Magenta von den Plakaten leuchtet.
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