Ausgerechnet im Wahlkampfendspurt müssen die Grünen einen Skandal verkraften. Einer ihrer prominentesten Politiker, Volker Beck, wurde mit Drogen erwischt. Der Schock sitzt tief. Die Parteispitze zeigt sich recht schmallippig, ein grüner Ministerpräsident verurteilt Becks "schweres Fehlverhalten".
Volker Beck schockiert die Grünen. Der Bundestagsabgeordnete wurde am Dienstagabend mit 0,6 Gramm "einer betäubungsmittelverdächtigen Substanz" von der Polizei erwischt, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte.
Noch sind nicht alle Details offiziell. Die "Bild"-Zeitung berichtet jedoch, dass es sich bei der Substanz um die Droge Crystal Meth handeln soll. Beck soll von der Polizei kontrolliert worden sein, kurz nachdem er die Wohnung eines Dealers verlassen hatte.
Als am Mittwochnachmittag die Nachricht vom Drogenfund die Runde machte, hatte der 55-Jährige bereits Konsequenzen gezogen.
"Hiermit stelle ich meine Ämter als innen- und religionspolitischer Sprecher meiner Fraktion und Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe, die mir die Fraktion verliehen hat, der Fraktion zur Verfügung. Ich habe immer eine liberale Drogenpolitik vertreten", ließ Beck über den Pressesprecher der Grünen verlauten.
Sein Anwalt werde zu gegebener Zeit eine Erklärung gegenüber der Staatsanwaltschaft abgeben. Er selbst wollte sich nicht öffentlich weiter äußern.
"Bedauerlich", "schweres Fehlverhalten"
Die Parteispitze ist schockiert. Britta Haßelmann, erste Parlamentarische Geschäftsführerin, fand am Mittwochnachmittag nur wenige Worte. Über die Pressestelle der Grünen ließ sie mitteilen, dass sie zum Sachverhalt nichts sagen könne. "Wir nehmen die persönliche Entscheidung von Volker Beck mit Respekt zur Kenntnis und werden das Gespräch mit ihm suchen", so Haßelmann.
Etwas schmallippig reagierte auch Anton Hofreiter. Der Fraktionschef der Grünen sagte dem Sender N-TV am Abend, Crystal Meth sei sicher "keine ganz einfache Droge". "Es ist immer bedauerlich, wenn jemand Drogen zu sich nimmt, und es ist immer bedauerlich, wenn jemand, der sehr, sehr verantwortungsvoll eine Position wahrgenommen hat, diese Position nicht mehr wahrnimmt."
Nach dem Schock vom Mittwoch beziehen nun weitere Parteikollegen Stellung. Grünen-Chef
Er hoffe nun darauf, dass sich die Angelegenheit schnell aufkläre.
Für die Grünen sei der Rückzug Becks allerdings auch ein Verlust, räumte Özdemir ein. Grundsätzlich sei so etwas "menschlich bedauerlich für jeden Kollegen".
Becks Abgang trifft die Partei schwer. Der 55-Jährige ist einer der prominentesten Grünen-Politiker Deutschlands. Er gilt als Aushängeschild der Menschenrechtspartei und beliebte Zielscheibe der Konservativen. Der Historiker und Germanist polarisiert mit Spitzen und scharfen Kommentaren gegen den politischen Gegner.
Drogenvorwürfe direkt vor den Landtagswahlen
Zudem kommt der Drogenfall zur Unzeit: Am 13. März stehen wichtige Landtagswahlen an. In Rheinland-Pfalz geht es um den Erhalt der rot-grünen Koalition. In Baden-Württemberg will der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann wiedergewählt werden. Dafür muss er kräftig Stimmen im konservativen Lager sammeln.
Kretschmann sagte daher am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin": "Es ist ja schon ein schweres Fehlverhalten". Er wisse nicht, ob sich die Vorwürfe auf die drei Landtagswahlen am 13. März auswirken. "Ich kann nur hoffen, dass jetzt solch ein einzelnes Fehlverhalten nicht auf alle übertragen wird. Davon gehe ich mal aus."
Weitere Reaktionen
Stephan Mayer, innenpolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, begrüßte Becks Rückzug. "Es ist zu begrüßen, dass Herr Beck rasch seine politischen Ämter niedergelegt hat", sagte Mayer der "Rheinischen Post" vom Donnerstag.
Der Journalist Jakob Augstein bekundete sein Bedauern auf Facebook: "Es wäre erbärmlich, wenn ein Politiker wie Volker Beck über den Besitz von 0,6 Gramm einer Droge – und sei sie noch so gefährlich – dauerhaft seiner politischen Ämter beraubt würde. Denn er verliert ja nicht nur seine Ämter, die Öffentlichkeit verliert einen wichtigen und wirksamen Politiker."
Der Chef des Bundeskanzleramts und Bundesminister für besondere Aufgaben, Peter Altmeier, hat Respekt vor der Entscheidung Becks, wie er via Twitter verlauten ließ.
"Beck hat einen großen politischen Fehler begangen", urteilt der "Kölner Stadt-Anzeiger" und weiter: "Seine Rolle als parteiübergreifend respektierter Elder Statesman seiner Partei, in die er durch seinen Einsatz für die Gleichberechtigung Homosexueller und für die deutsch-jüdische Aussöhnung gerade hineinwuchs, dürfte nun perdu sein."
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