Deutschland droht Griechenland, das nicht mehr um jeden Preis in der Eurozone bleiben will. Die Folgen eines Austritts wären einschneidend, sowohl für die Griechen als auch für die deutsche Wirtschaft.
Das neue Jahr war keinen Tag alt, da sendete
Warum, zeigt ein Blick auf die Hilfen Deutschlands in den vergangenen Jahren. Doch was würde passieren, falls Griechenland tatsächlich aussteigt? Und wie wahrscheinlich ist ein solcher Ausstieg?
380 Millionen Euro gingen bereits an Griechenland
Die Aufregung in Athen war groß. Es läuft Wahlkampf. Polemische Ansprachen kommen an beim Volk, gerade wenn die deutsche Kanzlerin vorprescht. Dabei zielte sie mit ihrer Kritik nicht daneben. Griechenland blieb in den vergangenen Jahren den Nachweis schuldig, seine Reformversprechen konsequent durchzusetzen.
Die Beteiligung am Rettungsschirm ist abhängig von der Wirtschaftskraft eines Landes. Und Deutschland ist der größte Zahler in der Eurozone. 380 Milliarden Euro kassierte Griechenland in den vergangenen Jahren an Hilfen, Subventionen und Krediten. Davon kam laut Roland Tichy, dem ehemaligen Chefredakteur der Wirtschaftswoche, etwa ein Viertel aus Deutschland. Griechenland unternehme zwar große Anstrengungen, um seine Reformzusagen zu erfüllen, heißt es. Doch die strukturellen Probleme der eigenen Marktwirtschaft seien zu groß, um den Verpflichtungen gerecht zu werden. Die internationalen Geldgeber fordern, dass Griechenland seine Schuldenlast bis 2020 auf 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts senkt.
Längst ist jedoch klar, dass das ohne einen weiteren, erheblichen Schuldenschnitt kaum zu bewerkstelligen sein wird. 50 Prozent, möglicherweise sogar bis zu 70 Prozent sind im Gespräch. Die Geduld bei den Geberländern ist derweil längst aufgebraucht.
Geldverlust im Falle eines "Grexit"
Dabei ist auf griechischer Seite ein Austritt realistischer denn je. Syriza-Chef Alexis Tsirpas ist aussichtsreich in den Wahlkampf gestartet. Er ist Sozialist und will sein Land dem Vernehmen nach nicht um jeden Preis in der Eurozone halten. Tichy warnt jedoch vor der Gefahr eines Dominoeffekts. "Ein Austritt Griechenlands würde mit Sicherheit dazu führen, dass neben dem fragilen Portugal auch die neuen Sorgenkinder der Eurozone, Frankreich und Italien, ins Visier der Finanzmärkte geraten", sagt er. Mehr als 260 Milliarden Euro, und damit etwa 80 Prozent der Gesamtschuld, tragen mittlerweile öffentliche Gläubiger, vor allem die Länder der Eurozone. "Im Falle eines Austritts Griechenlands wäre ein erheblicher Teil dieses Geldes verloren. Das müsste Merkel dem deutschen Steuerzahler, der die Hauptlast trägt, erklären", meint Tichy. Griechenland droht im Falle eines Austritts zudem internationale Abkommen im Dutzend zu brechen. "Das Geld der Welt macht dann einen Bogen um Griechenland", erklärt er weiter. Würde Griechenland aus der Eurozone austreten, könnte die Griechische Nationalbank Staatsanleihen aufkaufen und der Regierung dafür Drachmen en masse drucken, meint der Finanzexperte.
"Technisch ginge das wohl so vor sich, dass sämtliche Euro-Guthaben von Bürgern und Unternehmen auf Bankkonten etwa 1:1 auf Drachme umgestellt würden", so Tichy. "Zudem könnte man versuchen, den Besitz von Euros in Form von Geldscheinen zu verbieten, auftauchende Geldbestände zu beschlagnahmen und ebenso in Drachmen umtauschen. Alle Preise, Schulden, Guthaben und so weiter würden ebenfalls auf Drachmen umgestellt." Ausländer würden davon enorm profitieren - erstmal. Sie könnten billig Häuser zum Beispiel auf Rhodos kaufen. Urlaub auf Kreta würde spottbillig werden, Preise für griechische Produkte wie Wein, Fetakäse, Oliven und Textilprodukte würden erheblich sinken. Doch Griechenland wäre sich selber überlassen.
Laut Meinung vieler Experten würde gar eine Inflation drohen, weil die Regierung die Notenpresse ohne Maß zu halten anwerfen würde. Die Folge wäre, dass die Drachme gegenüber dem Euro stark abwerten würde. Von etwa einem Drittel des Euro ist die Rede. Importprodukte würden sich stark verteuern. 2011 verdiente Deutschland an Exporten nach Griechenland zwar Schätzungen zufolge 5,1 Milliarden Euro, dennoch machen sie nur etwa 0,4 Prozent des Gesamtexportes aus. Trotzdem hält nicht nur der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone für bedenkenswert. Zwar sei ein "Grexit"-Szenario nicht ganz unwahrscheinlich, sagte er dem "Tagesspiegel", doch ein Schuldenschnitt und weitere Milliardeninvestitionen der Europäer seien viel wahrscheinlicher.
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