Auch deutsche Islamisten lassen sich von der Terrormiliz Islamischer Staat zu unbarmherzigen Kampfmaschinen ausbilden. Manche kommen anschließend nach Deutschland zurück - und stellen die Gesellschaft vor eine schwierige Frage: Was soll man tun mit den "Dschihad-Rückkehrern"?
Was mit zurückgekehrten Kämpfern des Islamischen Staats (IS) geschehen soll, darüber wird momentan noch gestritten. Sicher ist: Wer für den IS wirbt oder Geld eintreibt, muss in Deutschland mit einer Anklage rechnen. Gegen acht Verdächtige hat der Generalbundesanwalt dieses Jahr bereits Klage erhoben. Verurteilt wurde bislang allerdings nur einer unter ihnen: Weil er im Internet Propagandamaterial verbreitet hatte, verhängte das Oberlandesgericht Hamburg gegen einen 44-Jährigen am 11. September acht Monate auf Bewährung. Den bereits inhaftierten, ehemaligen Kämpfern drohen hingegen mehrere Jahre Gefängnis.
Einer aktuellen Studie des Bundesamts für Verfassungsschutz zufolge gelangten 378 Islamisten seit Mitte 2012 nach Syrien. Jeder Dritte ist zwischen 21 und 25 Jahre alt, nur jeder Vierte hat einen Schulabschluss. Elf Prozent der Ausgereisten waren Frauen. 233 haben einen deutschen Pass, davon besitzen 92 Personen eine weitere Staatsangehörigkeit. Bei 54 soll es sich um - meist deutschstämmige - Konvertiten handeln. Allerdings weiß der Verfassungsschutz nur von 25 Personen, die an Kampfhandlungen beteiligt gewesen sind. Bekannt ist den Behörden außerdem, dass etwa ein Drittel der Erfassten inzwischen nach Deutschland zurückgekommen ist oder zumindest zwischenzeitlich hier war.
Gewalttätige Ausländer sollen ausgewiesen werden
Einige Unionspolitiker fordern die Ausbürgerung heimgekehrter Dschihadisten. Dafür soll das Staatsangehörigkeitsgesetz erweitert werden. Bislang sieht einer der Paragrafen einen Verlust der Staatsangehörigkeit nur dann vor, wenn sich ein Deutscher der Armee eines anderen Landes anschließt. Der baden-württembergische CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl will dagegen auch die Mitgliedschaft in einer terroristischen Miliz als Voraussetzung für eine Ausbürgerung heranziehen. Allerdings kann nach Grundgesetz-Artikel 16 nur ausgebürgert werden, wer danach nicht staatenlos ist.
Auch der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags,
Wiedereingliederung in die Gesellschaft muss möglich sein
Uli Grötsch (SPD), ebenfalls Mitglied im Innenausschuss, kritisierte die Pläne im "Focus" scharf: "Ich glaube nicht, dass dies die Lösung des Problems ist". Es sei besser, die Vorschläge der im Frühjahr gegründeten Bund-Länder-Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz zur "Verhinderung der Ausreise von gewaltbereiten Salafisten" abzuwarten. Ulla Jelpke, Innenexpertin der Linkspartei, fragt sich auf ihrer Website, wohin die ausgewiesenen Islamisten gehen sollten. "Etwa in jene Staaten, in denen jetzt schon Angst und Schrecken herrscht? Oder in ihre Herkunftsländer wie beispielsweise Tschetschenien, wo ihnen grausame und unmenschliche Behandlung droht?" Sinnvoller sei es, Strategien zur Prävention und zur Wiedereingliederung zu entwickeln, sagte Jelpke.
Ob und wie gefährlich die Rückkehrer sind, darauf gibt es nur wenige Hinweise. Offenbar ziehen sich viele in ihr islamistisches Umfeld zurück. Zu Propagandazwecken oder um neue Spenden zu sammeln und Kämpfer zu rekrutieren, bevor sie sich selbst wieder auf den Weg nach Syrien oder in den Irak machen. Meist über die Türkei, weil dafür nur der Personalausweis nötig ist. Deutschland scheint ihnen nur als kurzzeitige Rückzugsgelegenheit zu dienen. Und nur wenigen Verdächtigen ist in dieser Zeit etwas nachzuweisen.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) plädiert indes dafür, deutschen IS-Mitgliedern die Möglichkeit zur Rehabilitation zu geben. Es müssten entsprechende Angebote zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft gemacht werden, sagte er der "Leipziger Volkszeitung". Voraussetzung dafür sei jedoch, dass die Betroffenen "dem Terror abschwören".
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.