In Libyen müssen Migranten oft unter menschenunwürdigen Bedingungen in Lagern der Miliz hausen. Als bislang einzig halbwegs sicherer Ort für Schutzsuchende gilt ein Zentrum des UN-Flüchtlingshilfswerks. Doch das ist inzwischen überfüllt. Gibt es eine alternative Lösung?
Das vom UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) betriebene Sammel- und Transitzentrum für Migranten in Libyen ist weiter überfüllt, obwohl eine weitere Einrichtung im ostafrikanischen Ruanda eröffnet worden ist.
Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Demnach hielten sich in dem für 700 Menschen vorgesehenen Zentrum in der Hauptstadt Tripolis im Oktober mehr als 900 Migranten auf. Diese Menschen sind vom UNHCR als besonders schutzbedürftig identifiziert worden.
In Libyen leben aktuell mehr als 43.000 Migranten und Flüchtlinge, die vom UNHCR registriert wurden. Viele von ihnen waren in das nordafrikanische Land gekommen, um von dort mit Hilfe von Schleppern per Schiff oder Boot nach Europa zu gelangen.
Afrikanische Migranten werden in Libyen oft in Lagern unter unwürdigen Bedingungen gefangengehalten, misshandelt, teilweise auch von kriminellen Gruppen zur Arbeit ohne Lohn gezwungen.
Deutschland nahm 288 Migranten auf
Zwischen November 2017 und dem 8. Oktober dieses Jahres wurden den Angaben zufolge insgesamt 2.913 Migranten aus Libyen in das südlich gelegene Nachbarland Niger gebracht.
Von ihnen wurden später 1.856 Menschen in Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Kanada, den Niederlanden, Schweden und den Vereinigten Staaten angesiedelt.
Deutschland nahm demnach 288 Migranten auf, die auch bereits eingereist sind. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte im vergangenen Mai die Aufnahme von 300 weiteren Menschen aus dem Transitzentrum in Niger angekündigt. Mit ihrer Ankunft in Deutschland wird im kommenden Jahr gerechnet.
Als zweites afrikanisches Land hatte sich im September Ruanda bereit erklärt, zunächst 500 Menschen aufzunehmen, die Libyen verlassen wollen. Sie werden in ihre Heimatländer zurückgebracht oder in andere Staaten umgesiedelt.
Die Afrikanische Union habe zugesagt, für weitere Unterstützung ihrer Mitgliedstaaten zu werben, teilte die Bundesregierung mit.
"Einzig halbwegs sichere Ort" für Schutzsuchende
Das vom UNHCR geführte Zentrum in Tripolis sei der "einzig halbwegs sichere Ort für Schutzsuchende in Libyen", sagte der europapolitische Sprecher der Linksfraktion, Andrej Hunko.
Die Bundesregierung müsse sich deshalb dafür einsetzen, die Kapazitäten der Einrichtung zu erhöhen und die von Milizen geführten Lager zu schließen.
Wie aus der Anfrage weiter hervorgeht, hat die libysche Küstenwache ein System aufgebaut, mit dem Daten und Fotos von aus dem Mittelmeer zurückgebrachten Migranten gespeichert werden.
Das mit Unterstützung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) eingerichtete Registrierungssystem werde von der Küstenwache genutzt, heißt es. Der Bundesregierung lägen aber keine Informationen vor, ob und an wen Daten weitergegeben würden.
"Bei dieser Küstenwache handelt es sich aus meiner Sicht um eine Truppe von Piraten, mit der sich jede Zusammenarbeit, insbesondere im Aufbau von Datenbanken, verbietet", sagte Hunko.
© dpa
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