Auf dem Weg zur Klimaneutralität will die EU-Kommission bereits bis 2040 einen Großteil der Treibhausgasemissionen in der EU reduzieren.
Die Behörde stellte am Dienstag im Straßburger Europaparlament eine entsprechende Empfehlung für ein Klimaziel vor. Es sieht vor, die Treibhausgasemissionen bis zu diesem Jahr um mindestens 90 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Während Klimaschützer ein ehrgeizigeres Ziel verlangen, warnt die Industrie vor zu hohen Belastungen.
EU strebt Klimaneutralität bis 2050 an
Der Kommissionsvorschlag soll den Weg für die angestrebte Klimaneutralität der EU bis 2050 ebnen. Damit ist gemeint, dass Europa ab Mitte des Jahrhunderts genauso viele Emissionen einsparen will, wie es ausstößt.
Als Sektoren, die Treibhausgase einsparen können, werden etwa die Industrie, der Verkehr und die Landwirtschaft genannt. Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie müsse zudem sichergestellt werden und ein strategischer Dialog mit Industrie und Bauern stattfinden.
Der Vorschlag sieht außerdem vor, dass erneuerbare Energien ausgebaut und etwa Technologien für eine Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid (CCS) vorangebracht werden. CCS steht als englische Abkürzung für "Carbon Dioxide Capture and Storage". Gemeint ist die Abscheidung und unterirdische Speicherung von Kohlendioxid (CO₂), das beispielsweise in Industrieanlagen und bei der Verbrennung von Öl, Gas und Kohle entsteht. Mit energieintensiven Verfahren wird das Treibhausgas eingefangen, unter Druck verflüssigt und dann etwa in ehemaligen Gas- und Erdöllagerstätten, in salzwasserhaltigem Gestein oder in den Meeresuntergrund gepresst und eingelagert. Das soll verhindern, dass das CO₂ in die Atmosphäre gelangt und die Erderwärmung beschleunigt.
Grünen geht der Plan noch nicht weit genug
Die europäischen Grünen sprechen sich für ein deutlich ehrgeizigeres Ziel aus als die Kommission: Sie fordern in ihrem gerade verabschiedeten Europawahl-Programm bereits bis 2040 die Klimaneutralität. Der wissenschaftliche Beirat der EU-Kommission hatte dagegen einen moderateren Abbau von Treibhausgasen um 90 bis 95 Prozent im Vergleich zu 1990 empfohlen.
Greenpeace bemängelt zudem, dass die Kommissionspläne keine Zieldaten zum Ausstieg aus Kohle, Öl und Erdgas vorsehen. Diese fossilen Energieträger stünden immer noch für 75 Prozent der Treibhausgase in der EU, kritisierte die Umweltschutz-Organisation. Bei Klimaschutz-Auflagen für die Landwirtschaft habe Brüssel ebenfalls "einen Rückzieher gemacht". Zuletzt hatten Bauern in Deutschland und anderen Ländern ihrem Unmut über die Politik Luft gemacht.
Die deutsche Industrie rief alle Verantwortlichen auf, bei der Umsetzung des neuen EU-Klimaziels Nachteile für europäische Unternehmen im internationalen Wettbewerb zu verhindern. Das neue Klimaziel dürfe "nicht zulasten der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft gehen", erklärte der Branchenverband BDI.
Grünen-Bundestagsfraktionschefin Katharina Dröge verteidigte in diesem Zusammenhang die Klimapolitik der Ampelregierung. "Die große Koalition, insbesondere die CDU, hat uns eine riesige Klimalücke hinterlassen mit Blick auf das 2030-Ziel." Die Ampel habe es geschafft, "diese Lücke innerhalb von zwei Jahren um 70 Prozent zu schließen", sagte sie im ZDF-"Morgenmagazin". Sie verwies auf geplante oder bereits beschlossene Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger sowie die Industrie.
Gesetz muss erst noch erarbeitet werden
Die Kommissionsvorschläge sind eine erste Diskussionsgrundlage für die Mitgliedsländer und das Europaparlament. Der eigentliche Gesetzentwurf wird nach den Europawahlen erwartet, die in Deutschland am 9. Juni angesetzt sind. Voraussichtlich dürfte er sogar erst 2025 kommen.
Bislang gibt es die festgeschriebenen Ziele in der EU, die CO₂-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken und bis 2050 klimaneutral zu werden. Dafür soll vor allem das Gesetzespaket "Fit for 55" unter dem Dach des sogenannten Green Deal sorgen. Die Strategie umfasst Maßnahmen in verschiedenen Bereichen wie Energie, Verkehr, Industrie und Landwirtschaft. Ein Zwischenziel für 2040 gab es bislang nicht. (afp/dpa/the)
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