Aus dem westafrikanischen Senegal und der Elfenbeinküste fliehen immer mehr Menschen nach Europa. Die Regionen sind wichtige Partner für Europa und galten eigentlich immer als Stabilitätsanker – doch nun droht die Spaltung. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock will helfen, denn die Instabilität in Westafrika bedroht auch die Sicherheit in Europa. Sie reist vor Ort, um die Probleme direkt anzugehen.
Außenministerin
Die Menschen in Senegal, Elfenbeinküste "und anderen Küstenanrainern des Sahels leben mit der ständigen Gefahr, dass sich Terror und Gewalt aus den Nachbarländern auch in ihre Gesellschaften fressen", warnte Baerbock.
Friedlicher, demokratischer Wandel eröffne in allen Bereichen neue Perspektiven für mehr Kooperation, da wo Militärputsche in anderen Teilen der Region sie auf absehbare Zeit verstellen. Bei ihrer Reise nehme sie deswegen die ganze Bandbreite der Beziehungen in den Blick – politisch, wirtschaftlich und kulturell.
Nach Militärputschen droht in der Sahel-Region die Spaltung
Mit dem Senegal und der Elfenbeinküste besucht die Bundesaußenministerin zwei der wichtigsten europäischen Partner in Westafrika zu einem Zeitpunkt, in dem die Region sich zu spalten droht. Die Binnenstaaten der Sahelzone, Mali, Burkina Faso und Niger, wenden sich nach Militärputschen von Europa ab und Russland zu und haben den Austritt aus dem Regionalblock Ecowas erklärt. Die Küstenstaaten sind dagegen weiter an einer Zusammenarbeit interessiert.
Baerbock wollte in der senegalesischen Hauptstadt Dakar den neu gewählten Präsidenten Bassirou Diomaye Faye sowie ihre Kollegin Yacine Fall treffen. Der Senegal mit rund 18 Millionen Einwohnern ist eine der stabilsten Demokratien Afrikas. Das Land hat seit seiner Unabhängigkeit von Frankreich 1960 noch nie einen gewaltsamen Konflikt erlebt.
Elektro-Schnellbus-System gegen die Umweltprobleme Dakars
Baerbock will sich in Dakar das Elektro-Schnellbus-System Bus Rapid Transit (BRT) zeigen lassen. Es ging im Mai in Betrieb und wurde von der Europäischen Investitionsbank und der Weltbank finanziert. Das System soll helfen, die Umweltprobleme der Stadt zu verringern.
Deutschland setze "auf Angebote, die den Menschen auf beiden Seiten im Heute nutzen und gemeinsam die Herausforderungen der Zukunft angehen", sagte die Ministerin. Das erste elektrische Schnellbus-System Afrikas sei dafür ein konkretes Beispiel: Mit deutschem Know-how und der europäischen Global Gateway Initiative trage man dazu bei, dass Senegal seine grüne Transformation vorantreibe und die Menschen im Alltag profitierten.
Die "Global Gateway"-Initiative der EU sieht vor, in den nächsten Jahren bis zu 300 Milliarden Euro in die Infrastruktur von Schwellen- und Entwicklungsländern zu investieren – auch um der EU mehr globalen Einfluss zu sichern.
Rekordzahl von Migranten in Richtung Kanaren
Im vergangenen Jahr machte sich eine Rekordzahl an Menschen in Fischerbooten auf die mehr als 1.500 Kilometer lange Meeresroute auf die Kanaren, um Europa zu erreichen. Laut UN erreichten 2023 fast 40.000 Migranten aus Afrika die zu Spanien gehörenden Inseln – doppelt so viele wie im Schnitt in den Jahren zuvor.
Mindestens rund 1.000 Menschen starben oder verschwanden. In diesem Jahr drohen es noch mehr zu werden.
Viele Menschen starten im Senegal gefährlichen Seeweg
Erstmals überstieg auf den Kanaren 2023 die Zahl derer, die im mehr als 1500 Kilometer entfernten Senegal abgelegt hatten, die Ankünfte aus dem viel näher gelegenen Marokko. Nach Angaben der EU-Grenzschützer Frontex reisten 2023 etwas mehr als 8.500 Menschen aus dem Senegal unautorisiert in die EU ein – nur zwei Prozent aller irregulären Grenzübertritte in dem Jahr, aber deutlich mehr als in den Jahren zuvor.
Senegals Marine fing weitere, mehr als 9.000 Migranten ab. Ein Grund für den Rekord-Exodus war die schwere Krise zwischen Regierung und der jungen Opposition.
Als Zeitbomben gelten die brutalen Konflikte zwischen Islamisten und Militär in Mali, Burkina Faso und Niger. Nach Angaben des UN-Flüchtlingswerks sind dort mehr als drei Millionen Menschen auf der Flucht – etwa vier von fünf bislang in ihren Heimatländern. (dpa/lla)
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