- Rechte Parteien sind in der Europäischen Union auf dem Vormarsch.
- Insbesondere der Wahlsieg des Rechtsbündnisses in Italien zeigt, dass sich die Machtverhältnisse verschieben.
- Das hat auch die konservative EVP erkannt und denkt über neue Allianzen nach.
In der EU verschiebt sich etwas. In vielen Ländern Europas sind die Rechtspopulisten zuletzt stärker geworden. Die Europäische Volkspartei, die seit 2005 den Kommissionspräsidenten der EU stellt, macht sich zunehmend Sorgen um den Machterhalt.
Mit seinem Lob für
Dazu will er die Fratelli d'Italia in der Wahrnehmung der Wähler offenbar vor die "Brandmauer" holen, die eigentlich dafür stehen soll, konservative und rechtsextreme Parteien zu trennen. Weber beteuert, dass diese Brandmauer noch steht.
EVP und EKR arbeiten bereits zusammen
Erik Marquardt, Europaabgeordneter der Grünen, hat da ernste Zweifel: "Manche in der EVP wollen ganz offen mit Rechtsradikalen koalieren oder tun es schon in Abstimmungen", sagt Marquardt im Gespräch mit unserer Redaktion.
Das liegt am neuen Machtgefüge in der EU. Lange Zeit wurde die Europäische Union hauptsächlich von zwei Fraktionen dominiert: der konservativen EVP und den Sozialdemokraten. Seit den letzten Europawahlen sind diese beiden Blöcke auch auf die Stimmen anderer Fraktionen angewiesen.
Bereits bei der Wahl zur Kommissionspräsidentin wurde Ursula von der Leyen 2019 vorgeworfen, dass sie auch auf Stimmen der ungarischen Fidesz, die damals noch zur EVP gehörte, und der polnischen PiS-Partei setzte.
Auch bei manchen Abstimmungen arbeitet die EVP bereits mit der Fraktion der EKR zusammen. Die EKR steht dem Namen nach für "Europäische Konservative und Reformer". Neben Melonis Fratelli d'Italia gehören der EKR-Fraktion auch die polnische PiS-Partei und die rechtsextremen Schwedendemokraten an.
Gemeinsamkeiten in der Migrationspolitik
Dennis Radtke, Europaabgeordneter der CDU, sieht in manchen Bereichen Schnittmengen mit der EKR: "In der Sicherung der europäischen Außengrenzen gibt es sicherlich Gemeinsamkeiten", sagt Radtke im Gespräch mit unserer Redaktion.
Das liegt auch daran, dass viele Parteien in der EVP ihren Kurs in der Migrationspolitik verschärft haben. Den konservativ geführten Regierungen in Griechenland und Kroatien werden immer wieder Pushbacks vorgeworfen, bei denen Migranten illegal außerhalb Europas gebracht werden, ohne dass diese die Möglichkeit auf ein rechtsstaatliches Asylverfahren haben.
Auch die österreichische ÖVP ist weiter nach rechts gerückt und koalierte vor der Ibiza-Affäre noch mit der rechtsextremen FPÖ, die in Europa zur Fraktion "Identität und Demokratie (ID)" gehört. Insgesamt steht die ID noch weiter rechts als die EKR. Zur ID gehören neben der AfD auch die italienische Lega und der Rassemblement National von Marine Le Pen.
EVP deckt breites Spektrum ab
Trotz der rechten Tendenzen einiger Mitglieder will sich die EVP nicht weiter verkleinern. Zu sehr ist sie durch schlechte Wahlergebnisse und den Ausschluss der Fidesz aus der EVP bereits geschrumpft. Der deutsche CDU-Abgeordnete Radtke nennt die verschiedenen Strömungen einen "bunten Strauß" und betont, dass die verschiedenen Parteien in der EVP aus teilweise vollkommen unterschiedlichen Traditionen kommen.
Die Forza Italia in Italien und die Christdemokraten in Schweden arbeiten bereits in den nationalen Parlamenten mit rechteren Parteien zusammen. Eine Zusammenarbeit auf EU-Ebene ist für diese Teile der EVP nur der nächste logische Schritt.
Für die EVP wird die immer deutlicher sichtbar werdende Nähe zu den Rechten aber zum Problem. Bei der Europawahl könnten liberale Wähler ihr Kreuz woanders machen, weil sie die Zusammenarbeit mit rechten Parteien abschreckt.
SPD fordert Ende des "Rechtsaußen-Kurses"
In Deutschland hat die SPD diese offene Flanke bereits erkannt: Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Achim Post sagte der Nachrichtenagentur AFP, ein Pakt mit Rechtsextremen wie Meloni wäre "nicht nur ein eklatanter Bruch mit der europafreundlichen Tradition der eigenen christdemokratischen Parteifamilie, es wäre auch ein Bruch mit dem pro-europäischen Konsens der großen Parteifamilien in Europa".
Er forderte CSU-Chef Markus Söder und den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz auf, diesen "Rechtsaußen-Kurs von Manfred Weber innerhalb der EVP" zu stoppen.
Söder hatte Weber bereits im September kritisiert, weil dieser die Forza Italia von Silvio Berlusconi unterstützt hatte, die angekündigt hatte, mit Meloni zu koalieren. Seitdem hält er sich mit öffentlicher Kritik am Kurs des EVP-Fraktionsvorsitzenden zurück.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Dennis Radtke (CDU)
- Gespräch mit Erik Marquardt (Grüne)
- afp
- Berliner Morgenpost: Interview mit Manfred Weber
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