- Als erste Regierungschefin aus Europa ist Kanzlerin Merkel bei US-Präsident Biden zu Gast.
- Das Signal des Besuchs: Ein Neuanfang nach den verheerenden Trump-Jahren.
- Die Überschwemmungen in Deutschland lenken den Blick auf ein zentrales Zukunftsthema.
Angela
Es ist eine der letzten großen Auslandsreisen Merkels und einer der wichtigsten USA-Besuche in ihrer zu Ende gehenden bald 16-jährigen Ära als Kanzlerin. Doch die Überschwemmungen mit vielen Toten, eingestürzten Häusern und überfluteten Landstrichen lassen den Anlass ihres Besuchs in der US-Hauptstadt fast in den Hintergrund treten.
Nach einer Zeit der Zerrüttung während der Ära von Bidens Amtsvorgänger
Merkel: "Ich schätze die Freundschaft sehr"
Schon bei der Begrüßung durch Biden im Oval Office im Weißen Haus wird deutlich: Die Atmosphäre zwischen der Kanzlerin und dem US-Präsidenten stimmt, selbst wenn einzelne Konflikte weiter bestehen. Anders als zu Zeiten von Trump wirken beide einander zugewandt, auch ein Lächeln ist bei Merkel und Biden zu sehen. Biden, auf dessen Beistelltischchen eine dicke Akte liegt, schwärmt von Merkel als persönlicher Freundin und Freundin der USA. Die Beziehung zwischen beiden Ländern sei stark und werde stärker. Merkel habe viel für diese "andauernde Freundschaft" getan.
Und die in Ostdeutschland aufgewachsene Merkel, die schon immer eine große Sympathie für Amerika hatte, entgegnet: "Ich schätze die Freundschaft sehr, ich weiß, was Amerika für die Geschichte eines freien und demokratischen Deutschlands getan hat."
Auf der Tagesordnung der beiden steht auch der Klimaschutz - es ist sehr wahrscheinlich, dass Merkel Biden auch von den Überflutungen in Deutschland berichtet. Die Überschwemmungskatastrophe dürfte den Blick beider noch stärker als eigentlich geplant auf dieses Megathema der Zukunft lenken. Ausgerechnet bei diesem Punkt hatte es in der Zeit von Trump gigantische Differenzen gegeben: Dieser hatte die USA aus dem Klimaschutzabkommen von Paris gezogen.
Kampf gegen den Klimawandel von zentraler Bedeutung
Biden machte den Ausstieg am ersten Tag im Amt rückgängig. Unter ihm sind sich die USA und die EU sowie andere Partner grundsätzlich einig, dass der Kampf gegen den Klimawandel von überragender Bedeutung ist. Der Präsident nennt das sich ändernde Klima oft eine "existenzielle Bedrohung". Unter Trump wären solche Worte undenkbar gewesen - er zweifelte an, dass der Klimawandel menschengemacht sei.
Der Klimawandel sei nicht weg, "seitdem wir Covid haben", sagt Merkel an der Johns-Hopkins-Universität, von der sie die Ehrendoktorwürde verliehen bekommen hat. Deswegen müsse die UN-Klimakonferenz in Glasgow im Herbst Fortschritte bringen. "Da ist natürlich eine sehr, sehr gute Nachricht, dass die Vereinigten Staaten von Amerika wieder mit dabei sind und auch durchaus ambitionierte Ziele vorgebracht haben", lobte sie. "Das verändert die Welt natürlich vollkommen, weil wieder einer der großen Emittenten jetzt auch mitmacht und weil das natürlich auch andere Länder, auch Europa, auch China, auch andere entwickelte Staaten wie Japan zum Beispiel unter Druck setzt."
Es gebe zunehmend Extremwetterereignisse, warnt Merkel und nennt die Flutkatastrophe in Deutschland und die Feuer in Kalifornien. Zwar habe es immer mal einen Sturm und eine Flut gegeben, "aber die Häufung macht einfach Sorge und fordert uns zum Handeln auf".
Herzliche Begrüßung durch US-Vizepräsidentin Kamala Harris
Vor ihrem schweren Auftritt zur Unwetterkatastrophe in Deutschland hatte sich Merkel mit US-Vizepräsidentin
In Trumps vier Amtsjahren hatte das internationale Image der Vereinigten Staaten schweren Schaden genommen - vor allem wegen dessen "Amerika zuerst"-Politik. Kritiker sahen plötzlich nicht mehr im US-Präsidenten, sondern in Merkel die Anführerin der freien Welt. Als sie im Mai 2019 in der liberalen Elite-Universität Harvard eine viel beachtete Rede mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für die internationale Zusammenarbeit und deren Organisationen hielt, wurde sie gefeiert wie ein Popstar.
Merkel: Nach dem Ausscheiden aus dem Amt erstmal lesen und schlafen
Natürlich wird die Kanzlerin auch in Washington gefragt, was sie tun werde, wenn sie aus dem Amt geschieden sei und was sich am Tag danach für sie ändern werde. "Wahrscheinlich werden mir gewohnheitsmäßig verschiedene Gedanken in den Kopf kommen, was ich jetzt eigentlich machen müsste", gibt Merkel bei einer Fragerunde mit Studenten an der Johns-Hopkins-Uni gut gelaunt zurück. "Und dann wird mir ganz schnell einfallen, dass das jetzt ein anderer macht. Und ich glaube, das wird mir sehr gut gefallen."
Sie werde bemerken, dass sie Freizeit habe - und nicht gleich die nächste Einladung annehmen, "weil ich Angst habe, ich hab' nichts zu tun und keiner will mich mehr", sagt Merkel noch. Und eine Pause zum Nachdenken darüber, was sie eigentlich interessiere, werde sie einlegen, "denn in den letzten 16 Jahren habe ich dazu wenig Zeit gehabt". Sie werde lesen und schlafen - "und dann schau'n wir mal, wo ich auftauche", schließt sie schmunzelnd. (dpa/fra)
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