- Die frühere Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) ist neue Regierende Bürgermeisterin in Berlin.
- Die 43-Jährige erhielt am Dienstag im Abgeordnetenhaus 84 von 139 Stimmen und führt nun einen rot-grün-roten Senat.
Rund drei Monate nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus wird der neue rot-grün-rote Senat am Dienstag seine Arbeit aufnehmen. Die SPD-Landesvorsitzende und frühere Bundesfamilienministerin Franziska Giffey löst ihren Parteifreund
Nach der Wahl will die Politikerin im Rathaus offiziell die Amtsgeschäfte übernehmen und die zehn Senatorinnen und Senatoren ernennen, danach werden diese vereidigt. Die SPD stellt neben der Regierungschefin vier Senatoren, Grüne und Linke je drei. Mit sieben Frauen und vier Männern ist der Senat so weiblich wie noch nie. Am Nachmittag will sich die Regierungsmannschaft zu ihrer ersten Sitzung treffen.
Enteignung von Wohnungskonzernen als brisantes Koalitionsthema
Das Regierungsprogramm umfasst eine lange Liste gemeinsamer Vorhaben. Sie reicht vom Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) über mehr Anstrengungen für den Klimaschutz und 20.000 neue Wohnungen pro Jahr bis hin zu einer bürgerfreundlicheren Verwaltung und mehr Videoüberwachung von Orten mit viel Kriminalität.
Als schwieriges Thema hat sich schon vor dem Start der Regierung der Umgang mit einem Volksentscheid erwiesen. Parallel zur Bundestags- und zur Abgeordnetenhauswahl hatten am 26. September 57,6 Prozent der Wähler - mehr als eine Million Berlinerinnen und Berliner - für eine Enteignung von Wohnungskonzernen mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin gestimmt. Sie sehen eine solche Vergesellschaftung gegen Entschädigung als Mittel, um den Anstieg der Mieten zu stoppen.
Rot-Grün-Rot kam überein, als Konsequenz eine Expertenkommission einzusetzen: Sie soll Voraussetzungen und Möglichkeiten der Umsetzung prüfen und dem Senat nach einem Jahr eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen vorlegen. Wie es dann weitergeht, ist völlig offen. Die SPD ist gegen Enteignungen, die Linke dafür, auch die Grünen können sie sich "als letztes Mittel" vorstellen. Berlin würde mit einem Enteignungsgesetz nach dem im April vor dem Bundesverfassungsgericht gescheiterten Mietendeckel erneut juristisches und politisches Neuland betreten.
Franziska Giffey blickt auf beachtliche politische Laufbahn
Giffey hat bereits eine steile politische Karriere hinter sich. Binnen weniger Jahre stieg sie von der Bildungsstadträtin im Berliner Multi-Kulti-Bezirk Neukölln über das Amt der Bezirksbürgermeisterin zur Bundesfamilienministerin auf. Im Mai trat Giffey im Zuge einer Plagiatsaffäre, die sie den Doktortitel kostete, als Ministerin zurück. Als Spitzenkandidatin bei der Abgeordnetenhauswahl fuhr Giffey zwar mit nur 21,4 Prozent das historisch schlechteste Ergebnis für die Berliner Sozialdemokraten ein. Gleichzeitig sicherte sie der SPD aber den Wahlsieg vor Grünen, CDU, Linken, AfD und FDP.
Mit Giffey bekommt Berlin nun erstmals eine Regierende Bürgermeisterin - und zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung ein aus der DDR stammendes Stadtoberhaupt. Allerdings ist Giffey nicht die erste Frau, die die Geschicke der Stadt leitet. Denn 1947/1948 amtierte die SPD-Politikerin Louise Schroeder kommissarisch als Oberbürgermeisterin im Nachkriegs-Berlin.
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