- Friedrich Merz kandidiert zum dritten Mal als CDU-Vorsitzender.
- Am Dienstag hat der 66-Jährige sein Team präsentiert: Er will Mario Czaja zum Generalsekretär und die Bundestagsabgeordnete Christina Stumpp zu dessen Stellvertreterin machen.
- Inhaltlich will sich Merz vor allem in der Sozialpolitik profilieren: "Da ist die CDU nicht gut genug aufgestellt."
Es ist sein dritter Anlauf. Doch Routine will
Das gilt aus seiner Sicht einerseits für die politische Gesamtlage: Im Gegensatz zu seinen ersten beiden Anläufen Ende 2018 und Anfang 2021 sollen dieses Mal die Mitglieder entscheiden. Zudem stellt sich die Union auf den Gang in die Opposition ein.
Merz: "Wird mit mir keinen Rechtsruck geben"
Andererseits gilt das aber auch für die Bewerbung von Merz. Der Jurist gilt als konservativer Finanz- und Wirtschaftsfachmann, als Kandidat, mit dem die CDU eher nach rechts blinkt. Am Dienstag betont er aber: "Es wird mit mir hier keinen Rechtsruck in der Union geben."
In einer eher blassen Rede nennt Merz die soziale Gerechtigkeit als Schwerpunktthema – nicht unbedingt ein Feld, das er bisher intensiv beackert hätte. Der Sozialstaat müsse zukunftsfähig gemacht werden, fordert er. "Da ist die CDU, wie ich finde, nicht gut genug aufgestellt."
Für das Thema steht auch Mario Czaja. Ihn will Merz zu seinem Generalsekretär machen. Czaja hat bei der Bundestagswahl für die CDU überraschend das Direktmandat in den Berliner Stadtteilen Marzahn und Hellersdorf erobert. "Das hat mich auf ihn aufmerksam gemacht", sagt Merz. Der Berliner habe gezeigt, "dass er Kampagne kann".
Czaja soll das sozialpolitische Profil der Partei schärfen. Er ist Mitglied der Arbeitnehmerorganisation CDA. "Friedrich wusste das", meint Czaja dazu. Er will sich nicht nur Gedanken darüber machen, wie Wachstum erwirtschaftet wird. "Nicht alle partizipieren aktuell an diesem Wohlstand. Das kann uns nicht kalt lassen", sagt Czaja. "Die CDU muss die soziale Frage stärker aufnehmen."
Czaja soll Generalsekretär werden, Stumpp seine Vertreterin
Merz hat noch eine weitere Überraschung parat: Er will die Satzung der CDU so ändern, dass die Partei praktisch zwei Generalsekretäre bekommt: "Auch weil wir die Arbeit auf viele Köpfe verteilen müssen." Die schwäbische Bundestagsabgeordnete Christina Stumpp soll Czajas Stellvertreterin werden. Sie werde sich voller Schwung für die Erneuerung der Partei einsetzen, verspricht sie. Man merkt der 34-Jährigen an, dass sie den Auftritt auf der großen Bühne noch nicht gewohnt ist.
Das sind aber noch nicht alle Personalien. Auf dem Pult auf der Bühne steht #TEAMCDU. Merz stellt bei seiner Pressekonferenz gleich einen ganzen Wunschvorstand zusammen: Parteivize Silvia Breher aus Niedersachsen, die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien, Mittelstandspolitiker Carsten Linnemann und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer.
Bei jedem der Namen sagt Merz dazu: "Ich unterstütze das." Er hofft, dass diese vier Personen als seine Stellvertreter kandidieren – und dann auch vom Parteitag gewählt werden. Über die Zukunft von CDU/CSU-Fraktionschef
Erst Mitgliederbefragung, dann Parteitag
Vor Merz haben bereits der frühere Bundesumweltminister und heutige Außenpolitiker Norbert Röttgen sowie Helge Braun, Kanzleramtsminister von Angela Merkel, angekündigt, für den Parteivorsitz zu kandidieren. Gesundheitsminister Jens Spahn will dagegen nicht antreten. Nach aktuellem Stand würde es also auf einen Dreikampf hinauslaufen: Röttgen,
Die Entscheidung liegt bei der Basis: Eine Mitgliederbefragung soll am 3. Dezember starten. Bei drei Bewerbern ist es wahrscheinlich, dass es nach dem ersten Wahlgang noch eine Stichwahl gibt. Endgültig gewählt wird der Vorsitzende dann auf dem Bundesparteitag am 21. und 22. Januar in Hannover.
Merz gilt als Favorit – oder doch nicht?
Über die Chancen der Kandidaten kann man derzeit nur spekulieren. Die CDU hat knapp 400.000 Mitglieder, die nicht gezielt von der Meinungsforschung befragt werden können. In Umfragen unter der Gesamtbevölkerung und potenziellen CDU-Wählerinnen und -Wählern schnitt Merz bisher aber gut ab.
Der Sauerländer ist vor allem bei konservativen CDU-Mitgliedern sehr beliebt. Er verkörpert von den drei Kandidaten am stärksten einen inhaltlichen und personellen Bruch mit der Ära Merkel. Vor allem in den östlichen Bundesländern hat er viele Fans.
Allerdings dominieren die Basis immer noch Mitglieder aus dem Westen. Und die Frauen-Union hat sich schon bei der Vorsitzendenwahl Anfang 2021 nicht für Merz, sondern für seine beiden Konkurrenten ausgesprochen.
Selbst in der eher konservativen Parteijugend hätte man am liebsten einen anderen Kandidaten an der Spitze gesehen. "Wir brauchen vor allem mehr junge, frische und unverbrauchte Köpfe in der Parteispitze", sagte Tilman Kuban, Vorsitzender der Jungen Union, im Oktober gegenüber RTL und ntv. Ihn hat Merz inzwischen aber offenbar wieder "eingefangen": Nach der Konferenz klatscht er sich mit Kuban und dem CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor ab.
Die Merz-CDU: Familienfreundlicher und weiblicher?
Ein Stück weit will sich der Kandidat nun auch neu erfinden. Menschen, die von der CDU zur AfD gewechselt sind, will Merz offenbar nicht mehr nachlaufen. "Ich glaube nicht, dass wir ein so großes Potenzial an Wählerinnen und Wählern dort haben."
Auf jeden Fall ist Merz sichtlich bemüht, die Partei in ihrer Breite ansprechen. Er selbst komme aus dem Nordwesten, sein Wunsch-Generalsekretär Mario Czaja aus dem Osten, Christina Stumpp aus dem Süden. Die CDU-Gremien will Merz familienfreundlicher aufstellen. Es müsse möglich sein, dass auch junge Eltern wie Czaja und Stumpp politische Posten übernehmen und sie mit Familie und Kindern unter einen Hut bringen können.
Selbst eine Frauenquote in der Partei – unter Christdemokratinnen und Christdemokraten ein heiß diskutiertes Thema – will er nicht mehr ausschließen. Sie ist aus seiner Sicht zwar nur die zweitbeste Lösung. Aber, so Merz: "Ich würde mich dem nicht verschließen."
In den kommenden Wochen wird Merz die Basis von seinem Plan überzeugen müssen. Ein Selbstläufer wird das nicht werden. In einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der "Bild" lag Merz unter den CDU-Wählern am Sonntag nur noch auf Platz zwei: 29 Prozent von ihnen trauen Merz den Parteivorsitz zu, bei Röttgen sind es 35 Prozent.
Verwendete Quellen:
- Pressekonferenz von Friedrich Merz
- Bild.de: Exklusive Umfrage - Wem wird der CDU-Vorsitz zugetraut?
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.