Die Kanzlerin im Krisen-Modus: Nach einem Treffen mit Innenminister Horst Seehofer trifft Angela Merkel die Regierungschefs der Länder. Zuvor blieb ein Treffen mit dem CSU-Mann ohne Ergebnis im Asyl-Streit. Die Fronten scheinen verhärtet.
Die Suche nach einer Lösung im Asyl-Streit geht weiter: Kanzlerin
Unklar blieb zunächst, wann die beiden Parteivorsitzenden erneut zu Verhandlungen zusammenkommen würden. An diesem Donnerstag treffen Merkel und
Merkel legt Seehofer Kompromissvorschlag vor
Merkel hat im Streit mit Seehofer nach dpa-Informationen einen konkreten Kompromissvorschlag vorgelegt. Demnach geht es unter anderem darum, unter der europäischen Decke bilaterale Vereinbarungen mit den am stärksten vom Migrationsdruck betroffenen Ländern zu schließen, um eine juristisch wasserdichte Rückweisung von Migranten an der deutschen Grenze zu ermöglichen, die schon in anderen EU-Ländern Asylverfahren durchlaufen haben.
Mehrere Länder mit Unions-Ministerpräsidenten pochen auf eine Abweisung von in anderen EU-Staaten registrierten Asylbewerbern bereits an der Grenze. Sie schließen sich damit einer Forderung Seehofers und des bayerischen Ministerpräsidenten
CSU dringt auf Verschärfung der Migrationspolitik
Die beiden CSU-Politiker dringen auf eine Verschärfung der Migrationspolitik, eine Lage wie 2015 mit offenen Grenzen darf sich aus ihrer Sicht nicht wiederholen. Merkel befürwortet eine europäische Lösung, keine nationale Lösung.
Merkel und Seehofer (CSU) waren am Mittwochabend zu Beratungen über einen Kompromiss zusammengekommen. An dem gut zweieinhalb Stunden dauernden Treffen im Kanzleramt in Berlin nahmen auch Söder, der hessische Regierungschef
Über den Verlauf des Treffens war Stillschweigen vereinbart worden. Voraussichtlich am Donnerstagvormittag sollte nach dpa-Informationen entschieden werden, ob noch im Laufe des Tages oder erst am Freitagvormittag eine Sondersitzung der Unionsfraktion einberufen wird.
Ob die Unionsspitzen bis dahin einen Kompromiss finden würden, war aber unklar. Es wurde für möglich gehalten, dass auch noch längere Verhandlungen nötig sein könnten.
Fraktion will gemeinsame Linie von CDU und CSU
Die Fraktion habe deutlich gemacht, dass es eine gemeinsame Linie von CDU und CSU geben solle, sagte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer am Mittwochabend im ZDF-"heute journal". Sie hoffe sehr auf eine Einigung. Aus ihrer Sicht gibt es auch die Chance, "vielleicht nicht unter den 28 europäischen Staaten, aber mit den entsprechenden Staaten, also zum Beispiel Italien oder Griechenland, auch zu entsprechenden bilateralen Vereinbarungen zu kommen, die im Grunde genommen das gleiche Ziel erreichen, das die CSU auch hat, aber eben in einem europäischen System".
Es gebe solche Vereinbarungen, etwa zwischen Frankreich und Italien. Sie sehe durchaus die Chance und Notwendigkeit, zu versuchen, "diese Möglichkeit auszuloten, bevor man wirklich auf nationale Alleingänge setzt".
Seehofers Meinung ist populär - Merkel steht alleine da
Seehofers Forderung, einen Teil der Asylbewerber an der Grenze abzuweisen, ist nicht nur in der CSU populär. Auch einige CDU-Politiker - im Bundestag und in den östlichen Bundesländern - haben die Hoffnung, dass es bald mehr europäische Solidarität in der Asyl-Politik geben könnte, aufgegeben.
In der Unionsfraktion hatte sich am Dienstag kein einziger Unterstützer der Kanzlerin zu Wort gemeldet, sondern vor allem jene, die sich der Seehofer-Forderung anschlossen. Merkel will beim EU-Gipfel am 28. und 29. Juni wesentliche Fortschritte in Richtung einer europäischen Asyl-Politik erreichen.
Unterstützung bekam Seehofer, der in dieser Woche die Vorstellung seines "Masterplans Migration" wegen der Differenzen mit Merkel kurzfristig verschoben hatte, von seinem Parlamentarischen Staatssekretär Stephan Mayer (CSU).
Ordnung und Steuerung der Migrationsströme seien die zentrale Herausforderung für die Bundesregierung, sagte Mayer der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag). "Auch Zurückweisungen an der deutschen Grenze sind dabei ein probates Instrument, zumal wenn die betreffende Person bereits in einem anderen EU-Staat einen Asylantrag gestellt hat." Dieses Vorhaben sei "kompatibel mit dem einschlägigen Europarecht".
Viele Meinungen innerhalb der Union treffen aufeinander
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) nannte Seehofers Masterplan wichtig. "Und der muss jetzt auch schnell kommen", sagte er "Bild" (Donnerstag). "Wir müssen wieder dazu kommen, dass das eigentliche Verfahren gilt: Wer aus einem sicheren Drittstaat einreist, der muss dahin zurückgehen. Ich halte es für eine Selbstverständlichkeit, dass an den Grenzen zurückgewiesen wird."
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter stellte sich dagegen hinter die Kanzlerin. "Niemand hat erläutert, was für Konsequenzen die Umsetzung von Zurückweisungen an der Bundesgrenze für das gesamteuropäische Gefüge hat", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Das gilt es auszuloten und dann ehrlich zu debattieren. Deshalb unterstütze ich den europäisch orientierten Ansatz der Bundeskanzlerin."
Auch Kampfabstimmung oder Vertrauensfrage möglich
Aus der Unionsfraktion kam zuletzt die Forderung, den Streit mit einer internen Kampfabstimmung zu klären. "Bei der entscheidenden Frage, ob wir an der deutschen Grenze einzelne Personengruppen zurückweisen, wird es keinen Kompromiss geben können, da gibt es nur Ja oder Nein", sagte der CDU-Abgeordnete Christian von Stetten der "Augsburger Allgemeinen".
Der CDU-Abgeordnete Axel Fischer brachte gar eine Vertrauensfrage ins Gespräch. Er sagte "Bild": "Seit 2015 diskutieren wir über dieses Thema. Irgendwann muss man Entscheidungen treffen, notfalls auch mit einer Vertrauensfrage."
Der Europapolitiker Gunther Krichbaum schlägt in dem Konflikt einen Kompromiss vor. "Die Bundeskanzlerin sollte auf dem Gipfel Ende Juni eine Frist von einem Jahr setzen. Wenn es bis dahin kein einheitliches, europäisches Asylsystem gibt, das auch funktioniert, müssen die nationalen Maßnahmen ergriffen werden, die Seehofer vorschlägt", sagte der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag der "Saarbrücker Zeitung" (Donnerstag). (mgb/dpa)
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