• Wegen seiner umstrittenen Äußerungen zur Ukraine-Krise und seiner Lobbyarbeit für russische Staatskonzerne steht Altkanzler Gerhard Schröder in der Kritik.
  • Seine eigene Partei reagierte lange eher zurückhaltend.
  • Doch nun ist auch aus der SPD scharfe Kritik an Schröder zu vernehmen.

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Altkanzler Gerhard Schröder engagiert sich seit Langem für das russische Gasgeschäft, er gilt als Freund von Präsident Wladimir Putin. Die Liste von Schröders Lobbyarbeit in Russland ist lang. Doch das größere und derzeit akute Problem für die Bundesregierung im Allgemeinen und die SPD im Besonderen sind seine russlandfreundlichen Äußerungen in der Ukraine-Krise.

So hatte der 77-Jährige die Forderungen der Ukraine nach Waffenlieferungen als "Säbelrasseln" kritisiert, obwohl es die russische Führung ist, die mehr als hunderttausend Soldaten und schweres Gerät an der ukrainischen Grenze aufmarschieren lässt. Zugleich warf der frühere SPD-Chef Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) Provokation Russlands vor, weil sie vor ihrem Antrittsbesuch in Moskau die Ukraine besucht hat.

Zwar distanzierte sich die SPD lediglich verhalten von Schröders Aussagen, aber nicht vom Genossen selbst. "Ich kenne auch niemanden in der Partei, der seine Auffassungen teilt", sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Samstag der "Rheinischen Post". Entschiedene Kritik und klare Worte blieben hingegen aus. Bis jetzt.

Juso-Chefin: "Völlig unterirdisch, wie sich Gerhard Schröder verhält"

Die Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal war am Montag die erste, die Schröders Verhalten rügte. Schröder spreche "als Interessenvertreter Russlands – und als nichts anderes", sagte Rosenthal. "Es ist völlig unterirdisch, wie sich Gerhard Schröder verhält", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Roloff dem "Spiegel" am Dienstag. "Das sind alles Provokationen, die niemand braucht", sagte Roloff, der Chef der SPD-Linken-Gruppierung Forum DL21 ist. Er forderte seine Partei auf, sich von Schröder "klar abzugrenzen".

Und der SPD-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, Thomas Kutschaty, twittere am Dienstag: "Ja, wir müssen es so klar sagen: Das, was Gerhard Schröder gerade macht, schadet der europäischen und deutschen Außenpolitik." Kutschaty stellte sich zudem hinter die Politik von Kanzler Olaf Scholz.

Scholz spricht Machtwort

Der ging bei seinem USA-Besuch ebenso auf Distanz zu Schröder und dessen Äußerungen. "Er spricht nicht für die Regierung. Er arbeitet nicht für die Regierung. Er ist nicht die Regierung", sagte Scholz am Montag in einem Interview mit dem US-Fernsehsender CNN, in dem der SPD-Politiker nach den Russland-Verbindungen seines Parteikollegen gefragt wurde.

"Ich bin jetzt der Bundeskanzler. Und die politischen Strategien Deutschlands sind jene, die Sie von mir hören." Scholz betonte: "Ich mache die Politik für Deutschland." Ähnlich hatte sich Scholz bereits vor wenigen Tagen in einem Interview mit dem ZDF–"Heute Journal" geäußert. Er habe ein Machtwort gesprochen und klargestellt, wer in seiner Partei bei dem Thema das Sagen hat: Es gebe nur einen Kanzler, und das sei er.

Fragen zu Schröders Engagement in Russland müssten an diesen direkt gerichtet werden, betonte Scholz am Montag.

Ist Schröder Putins Sprecher?

Der russische Staatskonzern Gazprom hatte am Freitag mitgeteilt, dass Schröder als Kandidat für den Aufsichtsrat nominiert wurde. Der 77-Jährige ist bereits Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft und hat Führungspositionen bei den Pipeline-Projekten Nord Stream und Nord Stream 2. Er ist Vorsitzender des Gesellschafterausschusses der Nord Stream AG und Präsident des Verwaltungsrats bei der Nord Stream 2 AG. Beide Gasleitungen unter der Ostsee verbinden Russland und Deutschland.

Was die Ukraine über Schröder denkt, fasste Außenminister Dmytro Kuleba am Montag in Kiew nach einem Treffen mit Außenministerin Baerbock mit einem Satz zusammen: "Herrn Schröder zu kommentieren ist, als ob man den Sprecher von Herrn Putin kommentiert." Schröder arbeite als deutscher Staatsbürger nicht nur für russische Unternehmen, sondern "de facto" für die russische Regierung, erklärte der Minister. (dpa/afp/mf)

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Gerhard Schröder reagiert erbost auf Kritik aus der Ukraine an Deutschland

Die deutsche Absage an Waffenlieferungen in die Ukraine hat dort für Unverständnis gesorgt und Kritik hervorgerufen. Diese hält Gerhard Schröder, Bundeskanzler von 1998 bis 2005, für komplett überzogen. Schröder spricht von "Säbelrasseln" seitens der Ukraine und betont, "Schuldzuweisungen" schlügen "dem Fass den Boden aus."
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