Die Bundespolizei hat bei Grenzkontrollen während des G7-Gipfels auf Schloss Elmau Tausende von Rechtsverstößen festgestellt. Jetzt fordert CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer die Wiederherstellung dauerhafter Kontrollen. Was spricht für die Pläne des bayerischen Politikers, was spricht dagegen?
Der für klare Worte bekannte CSU-Generalsekretär
Durch das Schengener Abkommen haben sich fast alle EU-Staaten sowie die Schweiz, Lichtenstein, Norwegen und Island zur Abschaffung solcher Kontrollen verpflichtet, in Ausnahmefällen sind sie jedoch legal. Einige Beobachter fragen sich nun: Ist unsere Sicherheit durch das Fehlen von Grenzkontrollen gefährdet? Sollten die Schlagbäume wieder herunter gelassen werden? Oder ist das Gut der unbeschränkten Reisefreiheit letztlich höher als Sicherheitsbedenken zu bewerten?
Bayerns Innenminister: Rechtsverstöße "besorgniserregend"
Für den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann sind die Rechtsverstöße "besorgniserregend." Er will die Frage der Grenzkontrollen auf der nächsten Konferenz der Länderinnenminister ansprechen. "Wenn sich zeigt, dass die Annahme, die zu Schengen führte, nämlich die Abnahme der Grenzkriminalität, nicht mehr stimmt, muss man reagieren", erklärte der sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer. Für solche Forderungen spricht, dass die jüngsten Rechtsverstöße ohne Kontrollen nicht entdeckt worden und folgenlos geblieben wären.
Bayern will zudem illegale Einwanderung – auch von so genannten Wirtschaftsflüchtlingen – effektiver unterbinden. So sollen aus Afrika in Italien ankommende Flüchtlinge an der Weiterreise nach Deutschland gehindert werden. Eigentlich dürfen sie nur in dem EU-Staat Asyl beantragen, dessen Boden sie zuerst betreten. "Italien verstößt klar gegen das Schengen-Abkommen", schimpfte der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer. Deutschland müsse "ernsthaft erwägen, durch Kontrollen an der Grenze diesen Verstoß zu stoppen." Selbst Baden-Württembergs Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) hatte Grenzkontrollen im Zusammenhang mit der verstärkten Zuwanderung aus dem Kosovo für "denkbar" bezeichnet.
Dass die Alternative für Deutschland (AfD) die CSU-Position teilt, ist weniger überraschend. Nach dem Wegfall der Kontrollen an den deutschen Ostgrenzen im Jahr 2007 sei die "sprunghaft angestiegene Kriminalität" spürbarer Alltag geworden, sagte die AfD-Vorsitzende Frauke Petry. "Diese Entwicklung wiegt die politisch gewollte Freizügigkeit des Reiseverkehrs innerhalb Europas auf." Katja Kipping, die Vorsitzende der Linkspartei, kritisierte, dass durch den Wegfall der Binnengrenzen die Kontrollen an den Außengrenzen der EU verschärft worden seien. "Der Tod von vielen Tausend Flüchtlingen ist Folge dieser Politik."
Was spricht für Schengen?
Dass das Schengen-Abkommen einige Vorzüge besitzt, steht außer Frage: EU-Bürger dürfen ohne Passkontrolle im Schengen-Raum reisen und ihren Wohnort frei wählen. Nachbarn sind sich näher gekommen, spontane Einkäufe, Besuche oder Kurzurlaube sind problemlos möglich. Lange Wartezeiten an den Grenzübergängen gibt es nicht mehr. Auch der grenzüberschreitende Arbeitsmarkt hat durch Schengen profitiert. Die EU-Kommission nennt das Vertragswerk einen "der wertvollsten Meilensteine der EU-Integration". Zudem sparen die Schengen-Staaten durch die weggefallenen Kontrollen viel Geld und können auf einen gemeinsamen Pool von Informationen zu Personen- und Fahndungsausschreibungen zurückgreifen. Letztlich profitiert auch die polizeiliche Zusammenarbeit.
Wenn CSU-Mann Andreas Scheuer durch seine Aussagen zu den Grenzkontrollen eine öffentliche Debatte entfachen wollte, so ist ihm das dieses Mal misslungen. Hörbare Kritik aus anderen Parteien war bislang nicht zu vernehmen. Allerdings hatte Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger schon im Herbst 2014 die Abschottungspläne der CSU scharf kritisiert: "Menschlichkeit darf nicht an Grenzen haltmachen", sagte der SPD-Politiker. Selbst die Bundespolizei wollte ihre jüngsten Erfolge beim G7-Gipfel nicht als Kritik an den Grenzregelungen verstanden wissen. Ihr Ermittlungsfazit lasse keine "Rückschlüsse über die Feststellungen und/oder die Qualität des Schutzes der Außengrenzen zu", hieß es in einer Erklärung. Die Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit wird die Politik weiter beschäftigen.
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