Großbritannien sucht den Super-Premier: Noch fünf Kandidaten sind im Rennen um die Nachfolge von Theresa May. Ein Kandidat ist dabei eine faustdicke Überraschung: Rory Stewart. Er stellt sich beim Brexit den Hardlinern entgegen und positioniert sich damit deutlich gegen den Top-Favoriten Boris Johnson. Zuletzt gab es aber einen Dämpfer für seine Kandidatur.

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Der erst vor wenigen Wochen ins Kabinett berufene Entwicklungshilfeminister Rory Stewart ist der Überraschungskandidat im Rennen um die Nachfolge von Theresa May. Schon als er die erste Runde überstand, galt das als kleines Wunder. Inzwischen hat er auch die zweite Runde überstanden.

Stewart will als einziger der Bewerber das Brexit-Abkommen nicht noch einmal nachverhandeln. Auch einen Brexit ohne Abkommen lehnt er als Einziger entschieden ab. Stattdessen plädiert er dafür, eine Bürgerversammlung mit der Ausarbeitung von Kompromissvorschlägen zu beauftragen, um den dreimal gescheiterten Deal doch noch durchs Parlament zu bekommen. Seinen Konkurrenten wirft er vor, unerfüllbare Versprechungen zu machen und "Märchen" zu erzählen.

Stewart führt außergewöhnlichen Wahlkampf um Parteispitze

Stewart, der als Diplomat und Entwicklungshelfer unter anderem auf dem Balkan, im Irak und Afghanistan gearbeitet hat, führte einen außergewöhnlichen Wahlkampf: Wochenlang reiste er durchs ganze Land und befragte Menschen nach ihrer Meinung zum Brexit und sozialpolitischen Themen.

Die Videos der Gespräche, bei denen er auch mal mit einem Mann aus Afghanistan in dessen Muttersprache Dari plaudert, postete er auf seiner Twitter-Seite. Ihm wird zugetraut, Boris Johnson noch zu entzaubern.

Versuche, Stewart mit vermeintlichen Schatten seiner Vergangenheit zu konfrontieren, konnten ihm bislang nichts anhaben. Das Eingeständnis, einmal im Iran an einer Opiumpfeife gezogen zu haben und Spekulationen über eine mögliche Tätigkeit beim Auslandsgeheimdienst MI6 trugen eher noch zu seiner Bekanntheit bei.

So geht der Kampf um die Parteispitze weiter

Zuletzt gab es aber einen Dämpfer: Beim Fernsehauftritt der verbliebenen Kandidaten am Dienstag fühlte sich Stewart sichtlich unwohl, rutschte auf seinem Stuhl hin und her und legte mitten in der Debatte seine Krawatte ab.

Nachdem er bei der zweiten Abstimmung die Zahl seiner Unterstützer noch beinahe verdoppeln konnte, scheint nun fraglich, ob er die dritte Runde am Mittwoch überstehen wird.

Bei der nächsten Runde am Mittwoch können die Stimmen zwischen 16:00 und 18:00 Uhr (MESZ) abgegeben werden. Mit einem Ergebnis wird um 19:00 Uhr gerechnet. Auch am Donnerstag soll die Zahl der Bewerber in zwei weiteren Wahlrunden weiter reduziert werden.

Spätestens am Abend sollen dann die zwei Kandidaten für die Stichwahl feststehen. Wer von ihnen Parteichef und damit Premierminister wird, sollen dann die rund 160.000 Parteimitglieder der Konservativen Partei entscheiden.

Umfragen zufolge ist Boris Johnson an der Basis unangefochtener Spitzenreiter. Viele trauen ihm zu, enttäuschte Brexit-Wähler zurückzugewinnen, die sich von den Tories abgewendet haben. Bis Ende Juli soll feststehen, wer neuer Regierungschef in Großbritannien wird. (mgb/dpa)

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