- Der von Bund und Ländern beschlossene Oster-Lockdown hat für große Verunsicherung gesorgt.
- Was genau bedeuten die geplanten "Ruhetage" für die Wirtschaft?
- Niemand weiß das so ganz genau, wir versuchen dennoch die wichtigsten Fragen zu beantworten.
Bei vielen Wirtschaftsverbänden haben die Telefone nicht mehr still gestanden: Der von Bund und Ländern beschlossene Oster-Lockdown hat für große Verunsicherung bei vielen Unternehmen gesorgt - und für massive Kritik.
"Die Stimmung ist unterirdisch", hieß es bei einem großen Wirtschaftsverband. Verzweifelte Unternehmer, Personalchefs oder Logistiker wollten nun wissen, was sie tun sollen - und was nun gilt. Viele Verbände und Firmen sowie Arbeitnehmer warten mit großer Spannung darauf, was genau die "Ruhetage" bedeuten.
Trotz nach wie vor vieler Unklarheiten versuchen wir die wichtigsten Fragen zu beantworten:
Was haben Bund und Länder genau beschlossen?
Der Gründonnerstag (1. April) und der Karsamstag (3. April) sollen in diesem Jahr einmalig als "Ruhetage" gelten. Am Karsamstag sollen nur Lebensmittelgeschäfte öffnen dürfen.
Was genau ist ein "Ruhetag"?
Das ist bisher noch nicht genau festgelegt.
Der Begriff wurde bei den Marathon-Beratungen von
Klar ist: Bund und Länder wollen, dass Gründonnerstag und Karsamstag diesmal wie Feiertage behandelt werden. Doch eine Regelung über das Feiertagsgesetz ist schwierig, weil die von allen Bundesländern beschlossen werden müsste. Dafür ist die Zeit zu knapp. Stattdessen soll nun das Bundesinnenministerium eine Rechtsgrundlage schaffen.
Haben jetzt alle am Gründonnerstag frei?
Das ist Stand jetzt, Mittwochmorgen, wie vieles andere, noch nicht klar. Etwa die Folgen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber: Haben Beschäftigte Anspruch auf Zuschläge und Freizeitausgleich, wenn sie an "Ruhetagen" arbeiten? Wie stellt man Lieferketten sicher, wenn es plötzlich zwei Tage Stillstand gibt? Was ist mit geplanten Arztbesuchen? Und nicht zuletzt: Ist sichergestellt, dass Sozialleistungen rechtzeitig ausgezahlt werden, wenn der Monatserste auf den Gründonnerstag fällt und der kurzfristig "Ruhetag" wird?
Viele Verbände haben deswegen Briefe an die zuständigen Ministerien geschickt. Antworten blieb die Regierung am Dienstag schuldig. Nach Angaben des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann will der Bund bis Mittwochabend auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes eine Musterverordnung erarbeiten.
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Wo liegen die Probleme?
Viele Fragen sind in der Kürze der Zeit bislang nur angerissen worden. Grundsätzlich sollen alle Geschäfte vom 1. bis zum 5. April geschlossen bleiben, nur der "Lebensmitteleinzelhandel im engen Sinne" darf am Karsamstag öffnen. Viele Supermärkte erwarten deshalb einen Kundenansturm. Ob auch Wochenmärkte öffnen dürfen, ist noch unklar.
Wie reagiert die Wirtschaft?
Ziemlich entgeistert. Die Autoindustrie hat bereits Alarm geschlagen. "Plötzliche Betriebsstilllegungen sind für eine international vernetzte Wirtschaft nicht darstellbar", erklärte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie, Hildegard Müller, am Dienstagabend nach einem "Autogipfel" mit Merkel, bei dem es eigentlich um Themen wie die EU-Klimaziele ging.
"Lackierwerke und Energiezentralen sowie vieles andere mehr können nicht einfach auf Zuruf stillgelegt werden." Es gebe aber auch logistische Herausforderungen, man benötige beispielsweise Feiertagsfahrerlaubnisse, Notfallsysteme müssten einsatzbereit sein. Die Branche erwarte vernünftige und an unternehmerische Aktivitäten ausgerichtete praktikable Regelungen, die auch rechtssicher umzusetzen seien. Der Verband begrüße, dass eine "Task Force" eingerichtet werden solle.
Welche Folgen erwartet die Wirtschaft ?
In der Wirtschaft ist die Stimmung aufgeheizt. Selbst Betriebe, die bislang unter erschwerten Pandemiebedingungen noch einigermaßen planen konnten, drehten am Rad, sagte ein Insider. Können Waren noch ausgeliefert werden? Andernfalls drohten Vertragsstrafen oder gar noch längerfristige Schäden wie der Verlust bislang treuer Kunden, weil kurzfristig nicht geliefert werden könne.
Die Politik habe die Folgen des plötzlichen Oster-Lockdowns überhaupt nicht durchdacht, heißt es auch bei anderen Verbänden hinter vorgehaltener Hand. Hohe Schäden für die Wirtschaft könnten die Folge sein - auch für die Industrie, die derzeit noch besser durch die Krisen kommt als andere Branchen, die wie die Gastronomie von monatelangen Schließungen gedeutelt sind.
Nach dem coronabedingten Einbruch der Wirtschaftsleistung 2020 stehen in diesem Jahr die Zeichen eigentlich auf Erholung - auch wenn die "Wirtschaftsweisen" etwa vor kurzem mit Blick auf die anhaltende Krise ihre Konjunkturprognose für 2021 gesenkt hatten. Im ersten Quartal erwarten die Experten einen Rückgang der Wirtschaftsleistung. Größtes Risiko für die Konjunktur sei eine dritte Welle, hieß es - vor allem wenn die Industrie stark von Einschränkungen und Betriebsschließungen betroffen wäre.
Die Spitzenvertreter der Wirtschaftsverbände gingen nach den Beschlüssen von Bund und Ländern auf Konfrontationskurs. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sprach von großer Ratlosigkeit und schimpfte, Deutschland stehe vor schwierigen Herausforderungen, das Corona-Management sei eine der schwersten Herausforderung: "Viele Arbeitgeber sind entsetzt, wie der Föderalismus und die politischen Eliten an dieser Herausforderung zu scheitern drohen."
Wer zahlt für den zusätzlichen Ausfall?
Reinhold von Eben-Worlée, Präsident des Verbands Familienunternehmer, wetterte: "Die beiden Ruhetage am Gründonnerstag und Karsamstag sollen gelten wie Feiertage - damit auch für alle Dienstleistungen, für Handwerker und für die Industrie! Wer zahlt denn für diesen zusätzlichen Ausfall? In der Regierung herrscht offenbar das Motto: Das Geld kommt aus der Steckdose."
Industriepräsident Siegfried Russwurm kritisierte: "Während andere Staaten mehr und schneller impfen und testen, um die Freiheit ihrer Bürgerinnen und Bürger zu erhalten, verhängt Deutschland nun Ruhezeiten."
Dabei steht die Wirtschaft selbst unter Beobachtung, es geht um Corona-Tests für Beschäftigte. Bund und Länder setzen dabei zunächst weiter auf die Freiwilligkeit von Firmen. Anfang April soll es von Wirtschaftsverbänden einen ersten Umsetzungsbericht geben, wie viele Unternehmen sich beteiligen. Auf dieser Grundlage will die Bundesregierung dann bewerten, ob es doch zu noch zu einem regulatorischen Handlungsbedarf kommt - sprich: zu gesetzlichen Auflagen. (dpa/jwo/mf) © dpa
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