Die Grünen-Fraktion im Bundestag sieht Aufklärungsbedarf bei Entscheidungen früherer Bundesregierungen zur russischen Gas-Pipeline Nord Stream 2. "Bis heute zahlen wir den Preis für politische Fehlentscheidungen, die zu der starken Abhängigkeit von Russland geführt haben", sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Hinsichtlich der politischen Verantwortung für diese Fehlentscheidungen sind weiterhin viele Fragen offen. Eine Aufklärung dieser Fragen ist sicherlich notwendig."
Nord Stream 2 sollte Gas von Deutschlands damals wichtigstem Lieferanten Russland über die Ostsee ins Land bringen. Kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 stoppte die Ampel-Koalition das Projekt.
Der Grünen-Abgeordnete Felix Banaszak fordert nun einen Untersuchungsausschuss, "um mit komplettem Zugriff auf alle Dokumente und die Vernehmung der Verantwortlichen diese offenen Fragen aufzuklären", wie er der Süddeutschen Zeitung sagte. Mihalic als Vertreterin der Fraktionsführung äußerte sich auf Anfrage ähnlich, ohne allerdings ausdrücklich die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss zu bekräftigen. Deutschland habe sich in den Jahren bis 2022 energiepolitisch in eine hohe Abhängigkeit begeben, sagte sie der dpa. "Das hat sicherheitspolitisch zu einer hochgefährlichen Situation geführt. Sinnbildlich dafür steht das Projekt Nord Stream 2."
Die "Bild"-Zeitung hat sich vor Gericht Zugang zu Akten des Bundeswirtschaftsministeriums erstritten. Vor dem Amtsantritt von Minister Robert Habeck (Grüne) Ende 2021 war das Ressort erst von den SPD-Ministern Sigmar Gabriel und Brigitte Zypries und danach vom CDU-Politiker Peter Altmaier geführt worden. Dem Bericht zufolge setzten sich Vertreter der Bundesregierung damals politisch für Nord Stream 2 ein. So stellt es auch die "Süddeutsche Zeitung" dar, der das Ministerium die Akten nach dem juristischen Erfolg der "Bild"-Zeitung ebenfalls zur Verfügung stellte.
Das Pipeline-Vorhaben wurde unter anderem von osteuropäischen Ländern kritisiert, die eine wachsende Abhängigkeit von Russland fürchteten und eine Umgehung des Gastransitlands Ukraine. Öffentlich entgegneten Regierungsvertreter stets, das Ganze sei ein privatwirtschaftliches Projekt. © dpa
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