Es stecken nicht immer politische Motive dahinter, wenn Politiker oder Wahlkampfhelfer bedroht werden. Das macht die Sache nicht besser.

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Die Serie von Angriffen auf Politiker reißt nicht ab. In Halle in Sachsen-Anhalt wurde der Grünen-Landtagsabgeordnete Wolfgang Aldag am Freitag an einem Infostand seiner Partei von einem betrunkenen Mann bedroht. Aldag rief die Polizei, die Beamten erstatteten Anzeige gegen den 39-Jährigen, wie die Polizei am Samstag mitteilte. Eine Atemkontrolle habe einen Wert von über vier Promille ergeben. Aldag zufolge hatte der Mann gedroht, ihm mit einer Flasche auf den Kopf zu schlagen.

Attacken im Wahlkampf

In Miesbach in Oberbayern erteilte ein Wirt der AfD kurzfristig eine Absage für eine geplante Wahlkampfveranstaltung in seinem Biergarten. Auf Anfrage begründete er den Schritt mit Anfeindungen und permanenten Bedrohungen. Die AfD hatte für Samstagnachmittag "zur reaktionärsten Wahlkampfparty des Jahres" nach Miesbach geladen, als Hauptredner war Europaspitzenkandidat Maximilian Krah angekündigt. Die Partei wollte nach der Absage ins rund 20 Kilometer entfernte Holzkirchen ausweichen, machte aber den genauen Ort vorerst nicht öffentlich.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bekräftigte, dass Kommunalpolitiker besser vor Angriffen geschützt werden müssten. "Es ist gut, dass Schutzkonzepte der Polizei vielerorts hochgefahren, Streifen verstärkt und feste Ansprechstellen für bedrohte Kommunalpolitiker und Ehrenamtliche eingerichtet wurden", sagte sie der "Welt am Sonntag". Sie habe zugesagt, dass der Bund die Länder mit der Bundespolizei an anderen Stellen weiter stark entlasten werde - etwa bei großen Demonstrationseinsätzen, bei Fußballspielen und anderen Lagen.

Weber: Radikalisierung führt zur Gewalt auf der Straße

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) beklagte eine allgemeine Zunahme von Aggressivität, will sein eigenes Verhalten aber nicht ändern. "Die Verrohung auch jenseits von Attacken ist offensichtlich", sagte der FDP-Chef den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. In seinen Veranstaltungen gebe es inzwischen regelmäßig vor allem linke Gruppen, die nicht mehr diskutieren, sondern nur lärmen oder blockieren wollten. "Oder mit Stinkbomben den Versuch unternehmen, dass man Argumente gar nicht mehr vortragen kann." Bedroht fühle er sich aber nicht. "Ich verändere auch mein Verhalten nicht", so Lindner, der als Finanzminister unter Personenschutz steht.

Der Partei- und Fraktionsvorsitzende der europäischen Christdemokraten, Manfred Weber (CSU), sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Wir erleben eine Radikalisierung in der politischen Auseinandersetzung, die auch zu Gewalt auf der Straße führt." Die Kräfte der demokratischen Mitte müssten jetzt zusammenrücken. "Wir müssen den Rechtsstaat durchsetzen mit allen Instrumenten, die wir haben."

Forderung nach Kurswechsel der Regierung

Der Deutsche Richterbund forderte einen Kurswechsel der Bundesregierung im Kampf gegen Extremismus und Rechtspopulismus. Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Die Ampelkoalition spricht zwar viel über die Resilienz des Rechtsstaats, tut aber zu wenig dafür. Jetzt rächt es sich, dass der Bundesfinanzminister ausgerechnet beim Rechtsstaat den Rotstift angesetzt hat." Notwendig seien mehr Präventionsprogramme, eine bessere Aufklärung über Desinformation im Netz und eine effektive Strafverfolgung, um die Spirale aus Hass, Bedrohungen und Gewalt zu durchbrechen.

Auch die Opferschutzorganisation Weißer Ring rief dazu auf, gegen Hass- und Gewalt-Parolen stärker vorzugehen. "Wer noch Zweifel hatte, ob Gewalt im Internet irgendwann auch Menschen in der analogen Welt gefährlich werden kann, sollte spätestens jetzt eines Besseren belehrt sein", sagte Bundesgeschäftsführerin Bianca Biwer der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. "Hass ist keine Meinung", betonte sie. "Es ist unsere Pflicht, ihn in jeder Form zu bekämpfen: ob digital oder analog."

Die Serie von Angriffen auf Politiker und Wahlkampfhelfer hatte zuletzt bundesweit Entsetzen ausgelöst. In Dresden wurde der SPD-Wahlkämpfer Matthias Ecke so schwer verletzt, dass er in einem Krankenhaus operiert werden musste. Die Kommunalpolitikerin Yvonne Mosler (Grüne) wurde in der sächsischen Landeshauptstadt beim Aufhängen von Wahlplakaten angerempelt und bedroht. In Berlin wurde nach einer Attacke auf Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) ein Verdächtiger vorläufig in der Psychiatrie untergebracht. (dpa/tha)

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