- Der Staat hat die Steuern gesenkt - doch die Spritpreise in Deutschland bleiben weiter hoch.
- Der Verdacht: Die Mineralölkonzerne stecken sich Geld in die eigene Tasche.
- Weil die Forderungen nach einem härteren Durchgreifen immer lauter werden, will Wirtschaftsminister Robert Habeck nun dem Bundeskartellamt mehr Befugnisse geben.
Der Unmut über die anhaltend hohen Treibstoffpreise trotz des Tankrabatts ruft Bundeswirtschaftsminister
Beim Tankrabatt handelt es sich um eine seit 1. Juni geltende, dreimonatige Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe. Nach einem spürbaren Rückgang unmittelbar nach Inkrafttreten des Tankrabatts waren die Preise an den Tankstellen nach Angaben des ADAC zuletzt aber täglich wieder gestiegen.
Habeck: Eingetreten, wovor viele Experten gewarnt hatten
"Die ersten Datensätze des Bundeskartellamts zum Tankrabatt zeigen, dass die Abstände zwischen Rohöl- und Tankstellenpreisen seit Monatsbeginn stark gestiegen sind", sagte Habeck dem "Spiegel". Offenkundig sei "das eingetreten, wovor viele Experten gewarnt hatten: Die Mineralölkonzerne streichen den Profit ein, die Verbraucherinnen und Verbraucher merken nichts von der Steuersenkung".
Die Branche weist die Vorwürfe zurück. Der Sprecher des Mineralöl-Lobbyverbands Fuels und Energy, Alexander von Gersdorff, sagte der "Welt am Sonntag", die Beschaffungskosten für Benzin und Diesel seien stark gestiegen. Die Energiesteuersenkung komme deshalb "nur auf den ersten Blick nicht beim Kunden an" - ohne den Tankrabatt würde der Preis noch höher liegen.
Gesetzesänderung kommt wohl für den aktuellen Fall zu spät
Habeck aber sieht Handlungsbedarf. Die für dieses Jahr angestrebte Änderung des Gesetzes könne zwar "nicht kurzfristig in der aktuellen Situation wirken", räumt das Ministerium in dem Positionspapier ein, über das zuerst der "Spiegel" berichtet hatte. Der Staat könne dadurch aber "zukünftig besser" eingreifen. Für die aktuelle Problematik verweist das Papier auf die bereits laufende Untersuchung des Bundeskartellamts.
Dem vierseitigen Konzept zufolge sollen künftig unter anderem die Hürden für die kartellrechtliche Vorteilsabschöpfung gesenkt werden. So soll es einfacher für das Kartellamt werden, Gewinne einzuziehen, die aus wettbewerbswidrigem Verhalten resultieren. In dem Papier wird betont, dass es sich "nicht um ein steuerrechtliches Instrument" handele - dies kann als implizite Absage an die sogenannte Übergewinnsteuer verstanden werden, die unter anderem von Grünen-Politikern gefordert wird.
Die Gesetzesnovelle soll laut dem Ministeriumspapier zudem eine "missbrauchsunabhängige Entflechtungsmöglichkeit" schaffen. Damit könnten große Mineralölkonzerne etwa zum Verkauf einzelner Geschäftsteile gezwungen werden - selbst wenn keine wettbewerbswidrigen Zusammenschlüsse festgestellt werden konnten. Eine solche Entflechtung könne allerdings "nur als Ultima Ratio" eingesetzt werden, heißt es in dem Papier.
In Deutschland liegt das Mineralölgeschäft in der Hand weniger Unternehmen
Hintergrund ist die starke Konzentration auf dem Mineralölmarkt in Deutschland. "Von der Ölförderung über Transport und Raffinerie bis hin zur Tankstelle - die komplette Marktmacht liegt in der Hand weniger", heißt es in dem Ministeriumspapier. Weil die Tankstellenpreise zugleich sehr transparent nachvollziehbar seien, reagierten die Betreiber umgehend auf die Konkurrenz - "auch ohne eine kartellrechtswidrige Absprache werden die Preise sehr schnell einander angeglichen".
Kritik an der aktuellen Preispolitik kam am Wochenende auch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. "Ich verstehe den Unmut der Bürger, wenn sich viele einschränken müssen und manche Extragewinne einfahren. Den Ärger müssen wir ernst nehmen", sagte er der "Bild am Sonntag". Es sei wichtig, "dass wir dafür sorgen, dass nicht einige ungerechtfertigt Vorteile aus der Situation ziehen können". © AFP
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