Schönheits-OPs sind in Deutschland so beliebt wie niemals zuvor. Egal, ob Fett absaugen, Lippen aufspritzen oder Falten glätten: Bei "Hart aber fair" führte das zu einer lebhaften Diskussion – mit einem verspäteten Heiratsantrag an Gastgeber Frank Plasberg.
Früher sei es "ein Tuschelthema" gewesen, berichtet
Was ist das Thema bei "Hart aber fair"?
Allein 920.000 plastische Operationen wurden 2018 vorgenommen – eine Steigerung von fast 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wie gefährlich ist diese Entwicklung und wo liegen die medizinischen und ethischen Grenzen?
Fragen, die durch den Optimierungswahn der Instagram-Generation drängender werden, denn der Druck perfekt auszusehen, wird immer größer. Aber auch in der älteren Generation sinkt die Hemmschwelle für solche Eingriffe. Viel zu bereden für Frank Plasberg & Gäste.
Wer sind die Gäste?
Prof. Dr.
Zu seinem Ziel, SPD-Vorsitzender zu werden, sagte Lauterbach: "Wenn ich besser aussehen müsste, um zu gewinnen, dann verzichte ich auf den Sieg." Doch der etwas schrullig wirkende Gesundheitsexperte zeigte sich optimistisch. "Der SPD-Vorsitz wird gelingen, das am Rande."
Prof. Dr. Werner Mang: Der bekannte Schönheitschirurg unterscheidet zwischen "Schönheitswahn und Schönheitschirurgie": Wenn Jugendliche zum Beispiel unter einer Höckernase leiden, hält er einen Eingriff auch bei unter 18-Jährigen für gerechtfertigt.
Junge Menschen, die mit einem durch Instagram-Filter geschönten Bild zu ihm kommen, schickt er aber wieder nach Hause. "Als ästhetischer Chirurg muss man auch Psychologe sein", sagte er.
Glööckler, der sich indirekt als "Gesamtkunstwerk" bezeichnete, wies Plasbergs Frage, ob er es mit den Eingriffen nicht übertrieben habe, zurück. "Sonst hätte ich schon Brüste und alles mögliche."
"Jeder will perfekt sein." Ochsenknecht, die seit einigen Jahren auf das natürliche, sogenannte "Vampirlifting" setzt, sprach sich für ein Verbot von Botoxbehandlungen in Kosmetikstudios aus.
Louisa Dellert: Nur 46 Kilogramm wog die Influencerin vor einigen Jahren, weil sie ein gestörtes Schönheitsbild verinnerlichte. Auch mit einer Brust-OP liebäugelte sie eine Zeit lang.
Heute hat sie wieder zehn Kilo zugenommen und will ihre Follower aufklären, wie sie mit dem Optimierungs-Druck besser umgehen können. Dellert hat verstanden, "dass es nicht wichtig ist, was andere über dich denken."
Johannes Krause: Der Attraktivitätsforscher legte dar, dass es schöne Menschen im Leben oft einfacher haben. Sie bekommen schon in der Schule bessere Noten, verdienen mehr und haben sogar als Politiker größere Chancen gewählt zu werden.
Zudem wies er auf eine interessante Entwicklung hin: Vor 150 Jahren hätten dünne Menschen nicht als Schönheitsideal gegolten, weil damals nicht jeder voll ernährt gewesen sei.
Was war das Rededuell des Abends bei "Hart aber fair"?
Auch wenn Schönheitschirurg Werner Mang mit chirurgischen Eingriffen sein Geld verdient, schien ihm der Look von Modedesigner Harald Glööckler – die extrem aufgespritzten Lippen – etwas zu viel zu sein. "Weitere Schönheitsoperationen geplant?", fragte er neugierig-kritisch nach.
Glööckler antwortete völlig schmerzfrei. "Geplant nicht, aber wenn was anliegt, dann wird es gemacht." Da witzelte Frank Plasberg gegenüber Mang: "Wittern Sie schon ein Geschäft?"
Was war der Moment des Abends?
Als die Redaktion alte Fotos von Harald Glööckler einspielte, zauberte auch Frank Plasberg eine Autogrammkarte aus seiner Anfangszeit beim WDR hervor.
Zu sehen waren ein sehr junger Mann mit einem damals beliebten Schnauzbart. "Sie waren aber ein Hübscher", witzelte Glööckler daraufhin. "Ich hätte Sie damals glatt geheiratet."
Wie hat sich Frank Plasberg geschlagen?
Das Thema bei "Hart aber fair" bot dem Gastgeber zahlreiche Gelegenheiten, um seine ironischen Bemerkungen loszuwerden. "Legen Sie sich nicht mit Professor Lauterbach an. Er ist der Schlauste", sagt er zu Mang, nachdem Lauterbach Mang zum Gelächter des Publikums bei einer mathematischen Schätzung korrigiert hatte. Weniger später ermahnte Plasberg den Chirurgen ("Nicht schwätzen!"), weil der mit Glööckler lautstark plauderte.
Davon abgesehen ließ Plasberg immer wieder erkennen, dass er den grassierenden Schönheitswahn ablehnt und auch die Eingriffe, die Glööckler an sich vornehmen ließ, für übertrieben hält. Der ließ sich jedoch nicht aus der Reserve locken.
Was ist das Ergebnis?
Deutschland ist dem Optimierungswahn verfallen. Der Anspruch und auch der Druck, möglichst perfekt auszusehen, steigt. Während es für die einen – wie Harald Glööckler – eine Entwicklung mit wenigen negativen Nebenwirkungen ist, warnen andere vor den gefährlichen Folgen.
Gerade für die Psyche von jungen, teils noch instabilen Menschen. In eine Gesellschaft, in der Likes und Anerkennung in den Sozialen Medien, zu einer wichtigen Währung geworden sind, dürfte sich der Trend in den kommenden Jahren weiter verstärken. Ein wirksames Rezept, um gegenzusteuern, präsentierte keiner der Gäste von "Hart aber fair".
Die Initiative von Karl Lauterbach für ein Verbot von plastischen Eingriffen an Kindern- und Jugendlichen verläuft seit Jahren im Leeren. Und auch Influencerin Louisa Dellert gab zu, dass die Bilder ihres dünnen, sportlichen Körpers in etwa doppelt so viele Likes bekamen wie die aktuellen Fotos von ihrer normalen Figur. Dünnheit wird gesellschaftlich einfach mehr gefeiert.
In Frankreich müssen Zeitschriften seit geraumer Zeit alle Modelfotos, die am Computer optimiert wurden, kenntlich machen. Ob das ein Weg sein kann, um den Trend zum Optimierungswahn umzukehren, ist fraglich. Höchstens ein kleiner Baustein.
Hierzulande zeigt die Tendenz sowieso in die andere Richtung: Die Nachfrage nach Schönheits-OPs steigt enorm an. In Zukunft dürften aufgespritzte Wangen, Lippen und vergrößerte Brüste noch viel mehr zum Alltagsbild gehören als heute.
Und das wiederum beeinflusst andere Menschen, diesem Trend zu folgen. Das einstige Tuschelthema ist längst mitten in der Gesellschaft angekommen.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.